FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

116 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 Anleger nachvollziehbare Struktur zu gießen, ist praktisch unmöglich. „Eine verbindliche Definition für nachhal- tige Investments wird es nie geben. Und wenn doch, wäre sie so weit gefasst, dass sie in der Praxis nutzlos wäre“, sagt Ralf Petit, Mitgrün- der von Qualitates, einem Haftungsdach mit Ausrichtung auf Nachhaltigkeit (siehe Artikel Seite 180). Petit, seit über 20 Jahren selbst- ständiger Berater, weiß um die Schwierigkei- ten vieler Kollegen, den richtigen Zugang zum Thema zu finden – erst recht im Bera- tungsgespräch mit ihren Kunden. „Die reine Gesprächszeit für eine Finanz- planung beträgt etwa sechs Stunden. Mit Mühe kann man fünf Minuten davon auf nachhaltige Geldanlagen zu sprechen kom- men“, sagt Finanzplaner Andreas Korth vom Good Growth Institut für globale Vermögens- entwicklung nahe Bonn. Spricht Korth das Thema an, fallen die Reaktionen seiner Kun- den unterschiedlich aus. Ein kleiner Teil wür- de wegen negativer Erfahrungen, insbesonde- re schlechter Performance, von vornherein ab- winken, für andere wiederum sei das Thema so wichtig, dass sie sogar bereit wären, auf Rendite zu verzichten. Die meisten Kunden sind Korth zufolge offen für nachhaltige Geld- anlagen – vorausgesetzt, das schmälert die Rendite nicht. Diese Diskussion wird die Branche wohl ewig beschäftigen, auch wenn immer mehr Studien Entwarnung geben. Im vergangenen Jahr etwa werteten der Londoner Asset Manager Arabesque und die Universität Oxford in einer Metastudie insgesamt etwa 200 verschiedene akademische Arbeiten aus, die die Auswirkungen der Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien auf die Investment- performance untersuchen. Immerhin 80 Pro- zent der Studien belegen demnach einen positiven Einfluss auf die Aktienbewertung. Der Kunde entscheidet „Der Großteil der Kunden ist im Grunde unentschlossen“, sagt Korth, der auch als Berater des Nachhaltigkeitsfonds BN&P Good Growth fungiert. „Man sollte sich aber als Berater von dem Druck befreien, Kunden missionieren zu wollen. Ich spreche jeden auf das Thema an und unterbreite mein Angebot. Am Ende aber entscheidet der Kunde.“ Korth weiß, dass es letztlich keine Geldan- lagen geben kann, die vollständig nachhaltig sind, sondern nur welche, die mehr oder we- niger Effekte auf gesellschaftliche Ziele ha- ben. Aus diesem Grund hat er schon vor Jah- ren die Greenbox entwickelt, die Anlegern helfen soll, Nachhaltigkeitsfonds hinsichtlich persönlicher Ziele zu vergleichen und zu bewerten (siehe Grafik nächste Seite). „Die Greenbox beschreibt einfach nur das Nach- haltigkeitskonzept einer Geldanlage, anstatt zu versuchen, eine konkrete Nachhaltigkeits- definition zu liefern“, erklärt Korth. Ihn interessieren die einzelnen Kriterien eines Produkts ohnehin weniger als das Ziel, das Vermögen seiner Kunden möglichst weit- gehend nachhaltig zu allokieren. Ohne einen gewissen Pragmatismus sei ein Berater ver- loren: „Was mache ich denn, wenn einzelne Fonds zwar genau die richtigen Nachhaltig- keitskriterien für den Kunden haben, aber nicht performen oder die Risikostreuung zu gering ist?“ Immerhin hat Korth es geschafft, Nachhaltigkeitsfonds wenigstens als Grund- bausteine in den Depots zu nutzen. Korth sieht das Thema auch als Chance an, sich als freier Berater von Banken und großen Finanzvertrieben abzuheben. Denn die Nach- haltigkeit füge dem magischen Dreieck der Vermögensanlage aus Risiko, Rendite und markt & strategie I nachhaltigkeitsfonds Nachhaltigkeitsfonds im europäischen und deutschen Markt 2015 2014 2012 2013 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 vor 2005 11 15 14 16 21 32 44 Neu- auf- lagen 15 105 Neu- auf- lagen 1 7 7 Fondsuniversum Deutschland | 8.503 Fonds Fondsvolumen in Deutschland | 5.828,8 Mrd. Euro Nachhaltigkeitsfonds | 288 Fonds (Anteil 3,39 %) Volumen Nachhaltigkeitsfonds | 60,4 Mrd. Euro (1,04 %) Mehr als die Hälfte der derzeit 288 in Deutschland zum Vertrieb zuge- lassenen Nachhaltigkeitsfonds sind in den vergangenen zehn Jahren auf den Markt gekommen. Mit insgesamt 44 Neuauflagen datiert der Spitzenwert aus dem Jahr 2007. Zuletzt hat sich eine deutliche Markt- sättigung mit immer weniger neuen Produkten abgezeichnet. Rund drei Viertel des Vermögens (73,6 %) stecken in Aktienfonds, der Rest ver- teilt sich auf Renten- und Mischfonds und wenige Exoten. 8.180 Mrd. 7.967 Mrd. 8.965 Mrd. 11.341 Mrd. 200 Mrd. (Anteil 2,44 %) 194 (2,44 %) 238 (2,65 %) 372 (3,28 %) 2010 2011 2012 2014 2010 2011 2012 2014 Europäischer Fondsmarkt: nachhaltig veranlagtes Fondsvolumen | Volumen Gesamtmarkt Anzahl Nachhaltigkeitsfonds | Fondsanzahl Gesamtmarkt 53.904 Fonds 54.365 Fonds 54.467 Fonds 55.550 Fonds 1.558 Fonds (Anteil 2,89 %) 1.677 (3,08 %) 1.775 (3,26 %) 1.874 (3,37 %) Die jüngst vom Luxemburger Fondsverband ALFI veröffentlichte Studie „European Re- sponsible Investing Fund Survey 2015“ weist europaweit 1.874 Nachhaltigkeitsfonds mit einem verwalteten Volumen von 372 Milliarden Euro aus. Bezogen auf den Gesamtmarkt liegt der Volumensanteil der nachhaltig ausgerichteten Portfolios bei 3,28 Prozent, ge- messen an der Anzahl sind es 3,37 Prozent. Im Umfeld eines insgesamt wachsenden Fondsmarktes haben Nachhaltigkeitsfonds seit 2010 an Bedeutung gewonnen. Quellen: Studie „European Responsible Investing Fund Survey 2015“ vom Verband der luxemburgischen Fondsindustrie (ALFI), Europäischer Fondsverband Efama, Software-Systems.at Aktienfonds 73,63 % Renten- fonds 13,42 % Misch- fonds 10,14 % Sonstige 2,81 % Aktienfonds 58,33 % Renten- fonds 19,79 % Misch- fonds 18,75 % Sonstige 3,13 % Nachhaltigkeitsfonds nach Volumen Nachhaltigkeitsfonds nach Anzahl Nachhaltigkeitsfonds | Neuauflagen

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