FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

155 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 das sogar schon, zum Beispiel vermarktet die Consorsbank die Crowdinvesting-Plattform Seedmatch, und die Fidor Bank kooperiert gleich mit mehreren Plattformen. Die Zusam- menarbeit erfolgt bis dato allerdings zögerlich und auf Basis sehr individueller Vereinbarun- gen. Viele beschränken sich praktisch auf re- gionale und befreundete Kontakte. Auch auf Finanzberaterseite gibt es noch erhebliche An- näherungsschwierigkeiten, die vor allem mit Haftungsfragen und den geringen Verdienst- möglichkeiten begründet werden. Brücken bauen Zwischen Projektanbietern, Projektplatt- formen und Vertrieben besteht bisher kein Konzept für eine sinnvolle Arbeitsteilung. Da- bei gäbe es einen naheliegenden Ansatz: Die Plattformen können Anleger im Gegensatz zu Finanzberatern nicht bedarfsgerecht informie- ren und aufklären. Ein Crowdinvestment ist aber eine spekulative Anlage, die nicht für alle Anleger geeignet ist, auch wenn die Einstiegs- beträge häufig nur bei 100 Euro liegen. Eine professionelle Beratung wäre hier also durch- aus wünschenswert. Bisher passiert dies im Grunde nur im Internetforum der Plattfor- men – die Crowd berät sich letztlich selbst und baut darauf, dass sich in der Community fach- und sachkundige Mitglieder befinden, die eine Schnapsidee von einem guten Invest- ment unterscheiden können. Sehr tragfähig ist dieses Konzept allerdings nicht. Die Platt- formen leisten auch keine inhaltliche Nach- sorge. Die Investorenbetreuung beschränkt sich in der Regel auf das Hinterlegen von Do- kumenten im geschützten Bereich der Inter- netseite, auf die internetbasierte Community und den digitalen Dialog über die Plattform. Damit Finanzberater die Lücken schließen können, müssen viele Voraussetzungen erfüllt sein, wobei hier die Plattformen wie auch die Anbieter gefragt sind. Für die anlage- und an- legergerechte Beratung benötigt der Finanz- dienstleister professionelle, lückenlose und be- lastbare Unterlagen vomAnbieter (siehe auch Beitrag Seite 306). Außerdem sollte die Pro- duktprüfung direkt bei und mit dem kapital- suchenden Unternehmer möglich sein, was eine professionelle Kommunikation erforder- lich macht. Jurist Michels gibt aber zu beden- ken: „Die Berater müssen aufpassen, dass sie im Verhältnis zur Plattform nicht in die Rolle des Anbieters rutschen, weil sie intensiv und auf eigene Initiative prüfen. Praktisch unter- stützen die Plattformen die Anleger nur bei ih- ren Investmententscheidungen, ohne dass das einer Regulierung unterliegt“, erklärt Michels. Das Kleinanlegerschutzgesetz enthält eine für die Akteure knifflige Einschränkung. Die re- gulatorischen Erleichterungen gelten nur für Investments, die über eine Internetplattform vermittelt werden (siehe Infokasten). Fraglich ist, wie das aussieht, wenn Berater die Inter- netangebote „offline“ von Angesicht zu An- gesicht weitervermitteln. Es sind somit auch juristische Gründe, die eine institutionalisierte Zusammenarbeit von Plattformen und Finanz- beratern momentan erschweren beziehungs- weise verhindern. Fehlende Infrastruktur Sieht man von diesen rechtlichen Hürden ab, besteht das nächste Problem darin, dass die Online-Anbieter derzeit noch keine tech- nische Infrastruktur für Berater bereitstellen. Sollten diese professionell beraten, bräuchten sie dazu die nötigen Werkzeuge – angefangen von den Informationen über die Projekte bis hin zur Verwaltung, Überwachung und sonsti- gen Betreuung ihrer Kunden. Und schließlich gibt es da noch das leidige Thema „Geld“. Bisher gibt es keine Bran- chenstandards für eine leistungsgerechte Ver- gütung des freien Vertriebs – weder für den Fall einer einfachen Vermittlung noch für den Fall einer umfangreichen Beratung. Die Platt- formen stehen auf dem Standpunkt, dass sie von der Vergütung, die sie von den Anbietern erhalten, nicht besonders viel abgeben kön- nen. Konkret: Im Durchschnitt bekommen die Plattformen von den kapitalsuchenden Unter- nehmern sieben bis neun Prozent des einzu- werbenden Investorenkapitals. Davon müssten sie die Provision für den externen Vertrieb be- zahlen. In der Regel bieten die Plattformen bis zu zwei Prozent der vermittelten Summe und Guido Sandler, Bergfürst: „Wir schaffen auf unserer Plattform Transparenz, machen aber keinen Vertrieb.“ Crowdinvesting im Kleinanlegerschutzgesetz Im Februar 2015 hat die Bundesregierung das Kleinan- legerschutzgesetz beschlossen und in den Bundestag eingebracht. Am 23. April 2015 wurde es mit Änderun- gen, die zuvor im Finanzausschuss beschlossen worden waren, im Bundestag verabschiedet. Es soll in diesem Sommer in Kraft treten. Künftig werden nach § 1 Vermögensanlagengesetz auch partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen und „sonstige Anlagen, die einen Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung gewähren oder im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld einen vermögenswerten auf Barausgleich gerichteten Anspruch vermitteln“, als Vermögensanlagen gelten. Ausdrücklicher Wille der Bundesregierung ist, dass Crowdinvestments (Schwarmfinanzierungen) von einer strengen Regu- lierung verschont bleiben, sofern bestimmte Bedin- gungen eingehalten werden. Denn laut Gesetzentwurf gel- ten die Vorschriften des Vermögensanlagen- gesetzes bei Crowdinvestments nicht, wenn das Emissionsvolumen aller von einem Anbieter angebotenen Vermögensanlagen nicht höher als 2,5 Millionen Euro ist. Geplant war ursprünglich eine Grenze von einer Million Euro. Es geht vor allem um die Pflicht für den Anbieter, Pro- spekte, Folgeberichte und Lageberichte zu erstellen und zu veröffentlichen. Bei der geplanten Befreiung von dieser Pflicht gibt es eine weitere Einschränkung: Sie gilt nur für Investitionen eines Anlegers bis 1.000 Euro be- ziehungsweise 10.000 Euro, wenn er über ein frei verfügbares Vermögen von mindestens 100.000 Euro verfügt. Diese Regelung findet nur bei Investments Anwendung, die ausschließlich über eine Internetplattform vermittelt werden, und wenn die Plattform die Einhaltung der ge- nannten Maximalbeträge überprüft. Außerdem benötigen die Internetplattformen künftig selbst eine Erlaubnis als Wertpapierdienstleistungsunter- nehmen oder als Finanzanlagenvermittler. Für die finale Fassung hat der Finanzausschuss noch Rechte für die Investoren im Gesetz verankert: Unabhängig vom Emissionsvolumen und von der Mindestbeteiligung müssen die Anbieter den Anlegern zumindest elektronisch ein Vermögensinformationsblatt (VIB) zur Verfügung stellen. Darin muss auf der ersten Seite ein Warn- hinweis auf die erheblichen Risiken enthalten sein. Anleger haben künftig ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Etwaige Ansprüche eines Investors gegen den Platt- formbetreiber verjähren nach drei Jahren.

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