FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

190 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 vertrieb & praxis I ausgabeaufschlag Foto: © Ginasanders | Dreamstime.com D er Absatz von Publikumsfonds in Deutschland brummt wie lange nicht. Netto 18 Milliarden Euro sind der hei- mischen Investmentbranche in den ersten bei- den Monaten des laufenden Jahres zuge- flossen – der beste Jahresstart seit 15 Jahren. Parallel dazu kletterte das in der BVI-Statistik erfasste Bestandsvolumen auf das Rekord- hoch von 861 Milliarden Euro. Am lange er- sehnten Absatzboom verdienen nicht zuletzt die Vertriebskanäle über die Bestandspflege- provision und den Ausgabeaufschlag kräftig mit. Rechnet man mit einer Bestandsprovision von durchschnittlich 30 Basispunkten, müss- ten die Fondsgesellschaften an ihre Zulieferer Stand Februar rund 2,6 Milliarden Euro pro Jahr auskehren – 33 Prozent oder 867 Millio- nen Euro mehr als noch im Februar 2009. Während sich das laufende Provisionsauf- kommen zumindest grob taxieren lässt, liegt das Volumen der im Markt vereinnahmten Ausgabeaufschläge weitgehend im Dunkeln. So weist der BVI in seiner Statistik lediglich die Netto- , nicht aber die Bruttoabsatzzahlen aus. Unterm Strich haben Anleger im vergan- genen Jahr 32,4 Milliarden Euro in Publi- kumsfonds investiert. Bei einem Agio von durchschnittlich drei Prozent entspräche dies mindestens 972 Millionen Euro. Die tatsäch- liche Summe der vereinnahmten Ausgabe- aufschläge könnte aber noch höher sein, schließlich liegt der Bruttoabsatz deutlich über der vom BVI ausgewiesenen Zahl. So bezif- fert die Bundesbank allein die Zuflüsse in hei- mische Publikumsfonds in ihrer Kapitalmarkt- statistik 2014 auf 99,5 Milliarden Euro, wo- raus sich ein mögliches Agio von drei Milliar- den Euro errechnen ließe. Allerdings hinkt auch diese Schätzung gleich in mehrfacher Hinsicht: Zum einen bleiben im Zahlenwerk der Bundesbank ausländische Fonds unbe- rücksichtigt, auf die ja bekanntlich ebenfalls ein erheblicher Teil der Zuflüsse entfällt. Zum anderen treibt der rege Handel mit ausgabe- aufschlagfreien ETFs das Bruttovolumen hoch. Unklar ist auch, welcher Anteil der Zuflüsse auf institutionelle Kunden entfällt, die bekannt- lich auch keine Ausgabeaufschläge zahlen. Am stärksten wird das Bild allerdings von der Tatsache verzerrt, dass der Ausgabe- aufschlag im Endkundenvertrieb bereits seit Jahren massiv unter Druck steht. Ein immer größerer Anteil der Transaktionen erfolgt ohne oder nur mit erheblichen Abschlägen auf das Agio. Die Entwicklung hat längst nicht nur alle Vertriebskanäle erfasst, sie schreitet auch stetig voran. Direkter Angriff Der schleichende Verlust des Ausgabeauf- schlags als wichtigste Einnahme im Fonds- vertrieb ist untrennbar mit dem Aufstieg der Direktbanken verbunden. Seit Ende der 1990er-Jahre mischen DAB Bank, Comdirect und andere den Markt mit ihren Onlinepreis- nachlässen für Fonds auf – und drücken so das allgemeine Provisionsniveau. 50 Prozent Rabatt auf den regulären Ausgabeaufschlag sind die Regel, bis zu 90 Prozent sind mit stei- genden Anlagesummen möglich (siehe Grafik Seite 193). Zudem können Anleger aktiv gemanagte Investmentfonds seit Ende 2002 direkt über die Börse handeln. Den Anfang machte der Handelsplatz in Hamburg, dessen Angebot mittlerweile tausende Fonds umfasst. Pro Order fallen unabhängig von der Anlage- summe 15 Euro Gebühren an. ING-Diba, die größte Direktbank, ging jüngst noch einen Schritt weiter: Seit März können ihre 7,8 Millionen Kunden rund 5.000 Fonds und ETFs im Direkthandel gebühren- frei ohne Orderprovision, Ausgabeaufschlag oder sonstige Zusatzkosten kaufen. „Für viele Berater ist das ein direkter Angriff“, sagt Michael Jansen, Geschäftsführer der Fonds- plattform Moventum. „Statt nur Cash zu par- ken, werden plötzlich Fonds gekauft – vom Kunden direkt.“ Wer als Berater dann auf Verkaufs- oder Bestandsprovisionen ange- wiesen sei, verliere schnell den Boden unter den Füßen. Mindestens 60 Prozent der Bera- ter am Markt drohten angesichts solcher Nulltarifangebote deutliche Ertragseinbußen, schätzt Branchenkenner Jansen. Noch hat der Ausgabeaufschlag als Einnahmequelle im Fondsvertrieb nicht gänzlich ausgedient. Die Branche bereitet sich aber längst darauf vor. Schleichender Verlust Nicht nur Online-Broker, auch viele freie Berater gewähren hohe Rabatte auf den Ausgabeaufschlag. Bestandsabhängige Provisionen und Gebühren gewinnen an Bedeutung – das kleine Rest-Agio wird gewissermaßen zum Trinkgeld.

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