FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

192 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 Viele Vermittler haben sich mit der neuen Situation jedoch längst arrangiert. Laut einer Umfrage unter 100 freien Beratern am FONDS professionell KONGRESS 2014 werden nur noch 16 Prozent der Einnahmen aus der Abschluss- und 37 Prozent aus den jährlichen Bestandspflegeprovisionen gene- riert. Der mit 40 Prozent größte Einkom- mensanteil entfällt hingegen schon heute auf Servicegebührenvereinbarungen mit Kunden. Zwei Drittel ohne Agio „Es wird grundsätzlich immer schwieriger, Kunden einen Ausgabeaufschlag zu vermit- teln. Dies gilt insbesondere für Neukunden“, sagt ein Sprecher der Comdirect-Tochterge- sellschaft Ebase. Immer öfter würden unab- hängige Finanzberater daher Mischmodelle aus geringerem oder gar keinemAusgabeauf- schlag und einem bestandsabhängigen Ser- viceentgelt bevorzugen. Im B2B-Geschäft verbuchte Ebase im vergangenen Jahr 56 Pro- zent der Fondskäufe komplett ohne Agio, wei- tere zehn Prozent waren rabattiert. Der Anteil der Depoteröffnungen, die bereits systemseitig mit einem Rabatt auf den Ausgabeaufschlag hinterlegt sind, stieg zwischen 2012 und 2014 von 37 auf 44 Prozent (siehe Grafik). Im Um- kehrschluss zeigen die Ebase-Zahlen aber auch, dass ein Drittel der Fondsverkäufe nach wie vor ohne Abschläge erfolgt. „Es gibt noch Vermittler, die aufgrund ihrer starken Persönlichkeit und einer hohen Bera- tungskompetenz den Ausgabeaufschlag kon- sequent durchsetzen können – allzu viele findet man aber nicht mehr im Markt“, sagt Gabriel von Canal, Generalbevollmächtigter der Augsburger Aktienbank. Der Großteil der B2B-Partner gewähre beimAusgabeaufschlag einen Abschlag zwischen 30 und 50 Prozent. Ausnahmen gebe es bei großvolumigen Auf- trägen ab einer halben oder einer Million Euro, die fast immer auf ein Minimum rabat- tiert würden. „Gänzlich auf den Ausgabeauf- schlag verzichten wir aber selbst in diesen Fällen nicht, da in unserem Geschäftsmodell auch auf der Orderseite die notwendigen Deckungsbeiträge erwirtschaftet werden müs- sen“, so von Canal, der neben dem Trend zur Servicegebühr inzwischen auch steigendes Interesse an reinen Honorarmodellen erkennt. „Viele Vermittler müssen ihre provisions- basierten Vergütungsstrukturen überdenken“, sagt Stephan Sorber, Leiter Strategische Ge- schäftsentwicklung der FFB. „Neben der Kostensensibilität der Kunden sind auch die Anforderungen im Beratungsprozess gestie- gen.“ Für rund ein Achtel aller Depots bei der FFB bestehen bereits Servicegebührenverein- barungen. „Im Neugeschäft liegt der Anteil inzwischen bei rund 30 Prozent“, so Sorber. Darunter fällt auch die wachsende Zahl von Depots im Rahmen von Vermögensverwal- tungen. „Die Tendenz geht immer stärker weg von der Einzelfondsvermittlung hin zur Bera- tung in Portfoliolösungen und der Vermittlung eines immer größer werdenden Angebots an Fondsvermögensverwaltungen. Hieraus erge- ben sich für die Berater ganz andere Möglich- keiten bei der Gestaltung ihrer Vergütung.“ Andere Quellen Die schwindende Bedeutung des Ausgabe- aufschlags als Einnahmequelle geht auch am Finanzdienstleister MLP nicht spurlos vorbei. Die Vergütung der Beratungsleistung erfolgt mittlerweile imWesentlichen an anderer Stel- le: Seit 2012 fällt im Neugeschäft eine volu- mensabhängige Gebühr von maximal 1,2 Pro- zent im Jahr an. Dabei schreibt MLP seinen Kunden sämtliche Vertriebsfolgeprovisionen von Kapitalanlagegesellschaften gut. Ausga- beaufschläge fallen dennoch an, können aber im Einzelfall rabattiert werden, so ein Unter- nehmenssprecher. Dies liege allein im Ermes- sen des jeweiligen Beraters. Beim Mitbewerber DVAG gewährt man solche Freiheiten nicht. „Ausgabeaufschläge stellen einen wichtigen Teil der Einnahmen der DVAG dar und werden in der Regel nicht rabattiert“, sagt Direktor Ralf-Joachim Götz. Konkrete Zahlen bleibt Deutschlands größter Finanzvertrieb schuldig. Götz verweist statt- dessen darauf, dass das Agio-Aufkommen vom Neugeschäft abhängig ist. Demzufolge dürfte sich die vereinnahmte Provision im Investmentgeschäft in den zurückliegenden Jahren fast halbiert haben: Einschließlich der Zuflüsse aus fondsgebundenen Lebensversi- cherungen fiel das von der DVAG abgesetzte Fondsvolumen zwischen 2007 und 2014 von 3,3 auf 1,8 Milliarden Euro. Filialbanken reagieren Die anhaltende Verschiebung der Provi- sionsstrukturen im Fondsvertrieb macht selbst vor den klassischen Filialbanken nicht halt. 2012 hatte etwa die Santander Bank – wenn auch nur befristet – 20 unterschiedliche Fonds ohne Ausgabeaufschlag angeboten. Auch heu- te noch können Kunden unter anderem den Carmignac Patrimoine zum Nulltarif erwer- ben – allerdings die E-Tranche, deren laufen- de Kosten deutlich höher sind als die der Anteilsklasse A: Statt 1,78 Prozent werden Anlegern jährlich 2,28 Prozent abgezogen. Bei der Commerzbank wurden 2014 nur noch etwa 20 Prozent der Erträge im Wert- papiergeschäft aus dem Agio erzielt. In der Konsequenz richtete das Institut das eigene Vertriebsmodell stärker darauf aus, Bestands- erträge zu generieren. Vor zwei Jahren wurden neue Depotmodelle eingeführt, die unter- schiedliche Rabatte auf den Ausgabeaufschlag bieten. Die Bestandserträge werden durch Pauschalentgelte in den einzelnen Depot- modellen und pauschale Honorare in der Ver- mögensverwaltung erwirtschaftet. Agio bleibt wichtig Auch die Deutsche Bank räumt ihren Kunden die Möglichkeit ein, über unter- schiedliche Depotmodelle zu wählen, ob vertrieb & praxis I ausgabeaufschlag Foto: © Oliver Rüther/FFB, AxelGaube Immer öfter mit Rabatt Quelle: Ebase Der Anteil der Depoteröffnungen, die bereits systemseitig mit einem Rabatt auf den Ausgabeaufschlag hinterlegt sind, stieg bei Ebase zwischen 2012 und 2014 von 37 auf 44 Prozent. Rabatt 100 % | 36 % Kein Rabatt | 56 % Rabatt 1–99 % | 8 % 2014 Rabatt 100 % | 33 % Kein Rabatt | 59 % Rabatt 1–99 % | 8 % 2013 Rabatt 100 % | 28 % Kein Rabatt | 63 % Rabatt 1–99 % | 9 % 2012 Stephan Sorber, FFB: „Viele Vermittler müssen ihre provisionsbasierten Vergütungsstrukturen überdenken.“

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