FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

254 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 kombinieren die Vorteile einer Asset-Manage- ment-Boutique mit der Infrastruktur einer Großbank.“ Er und der Rest des Frankfurter Teams sit- zen im großen Handelssaal der Commerzbank nahe des Hauptbahnhofs. An den benachbar- ten Tischen arbeiten die Portfoliomanager, die Derivate-Kollegen und das Marketing. Auch zu den Rohstoffanalysten, Charttechnikern oder den Anleihenhändlern ist es nicht weit. Hertinger weiß die kurzen Wege zu schätzen. „Wenn rasch Entscheidungen getroffen wer- den müssen, können wir die Kollegen im Handelssaal auch schnell ansprechen“, sagt er. „Vieles läuft sehr pragmatisch und im direkten Dialog, das vereinfacht die Abläufe enorm.“ Filialvertrieb kein Selbstläufer Noch läuft der Retailvertrieb der Fonds in erster Linie über die Commerzbank-Filialen. Ein Selbstläufer ist dieser Absatzkanal aller- dings nicht. Das Asset Management ist Teil der Investmentbanksparte, anders als früher die Cominvest, die zum Privatkundengeschäft gehörte. „Für uns ist die Commerzbank ein wichtiger Kunde“, sagt Neumann. „Aufgrund der offenen Produktarchitektur müssen sich unsere Fonds intern jedoch mit Investment- produkten anderer Anbieter messen lassen. In den Filialen können wir also nur punkten, wenn wir erstklassige Fonds zu attraktiven Konditionen anbieten. Das ist einerseits eine Herausforderung, gibt uns andererseits aber auch den entscheidenden Ansporn.“ In der Tat ist Michael Mandel, Bereichsvor- stand Private Kunden der Commerzbank, kein großer Freund hauseigener Produkte. Im In- terview mit FONDS professionell (Ausgabe 4/2013) vor anderthalb Jahren betonte er, ihm gefalle, dass die Commerzbank eine der wenigen Filialbanken ohne großen eigenen Fondsanbieter sei: „Das passt hervorragend zu unserer neuen Positionierung und hilft dabei, unseren Kunden glaubhaft zu zeigen, dass wir keine Produkte verkaufen, sondern zu Depotstrukturen beraten. Denn mit einer hauseigenen Gesellschaft wäre der Druck na- türlich größer, für Produktabsatz zu sorgen.“ Die Marke zieht Bei Gesprächen mit anderen Vertriebspart- nern kommt Hertinger der bekannte Name des Mutterkonzerns freilich zugute. „Wenn wir mit Maklerpools oder Finanzvertrieben sprechen, ist es natürlich ein großer Vorteil, dass wir Teil einer großen Bank sind. Die meisten haben bereits Geschäftsbeziehungen und gute Erfahrungen mit der Commerzbank gemacht. Das öffnet Türen – auch in einer Zeit, da möglicherweise niemand wirklich aktiv nach einem neuen Fondsanbieter sucht.“ Hertinger ist bewusst, dass die meisten Fi- nanzberater derzeit vor allem vermögensver- waltende Mischfonds verkaufen und Speziali- täten wie Rohstoff- oder Währungsfonds nur in wenigen Privatanlegerdepots zu finden sind. „Dennoch gibt es viele Berater, die eine gewisse Rohstoff- oder Währungsquote emp- fehlen“, sagt Hertinger. „Dort können wir Pro- dukte zeigen, die oft deutlich besser abschnei- den als andere etablierte Fonds. Darum sehen wir auch über diesen Vertriebskanal eine stei- gende Nachfrage.“ Beim institutionellen Ver- trieb arbeitet Neumanns Team mit den Sales- Mitarbeitern des Geschäftskundenbereichs, intern Mittelstandsbank genannt, zusammen. „Die Kollegen können unser Produktangebot zu ihren Terminen mitnehmen und ihren Kun- den so ein noch größeres Leistungsspektrum bieten“, sagt Neumann. Die Anzahl der Produktspezialisten (derzeit vier), die die Wiederverkäufer der aktiv ver- walteten Fonds betreuen, soll daher weiter steigen. Neumann käme allerdings nicht auf die Idee, auf einen Schlag 20 Leute einzu- stellen. „Wir wollen weiter organisch wachsen und werden dieses Ziel Schritt für Schritt um- setzen“, sagt er. Dennoch dürfte das Asset Management zu einem der wenigen Wachs- tumsbereiche innerhalb der Commerzbank zählen. Konzernweit wird die Zahl der Mit- arbeiter weiter schrumpfen. Mitschuld daran ist bekanntlich die Übernahme der Dresdner Bank, an der sich das Institut ohne Staatshilfe verhoben hätte. Also ausgerechnet der Deal, in dessen Zuge die Cominvest an die Allianz fiel – und der damit Platz machte für das neue Commerzbank Asset Management. BERND MIKoSCH | FP bank & fonds I commerzbank Foto: © Commerzbank, Axel Gaube Andreas Neumann, Commerzbank AM: „Im aktiven Fondsmanagement verfolgen wir eine Nischenstrategie.“ Julian Hertinger, Commerzbank Asset Management: „Das Geschäft läuft sehr erfreulich an.“ Der neue Währungsfonds der Commerzbank Der Commerzbank Strategiefonds Währungen steht seit Januar 2015 Privatanlegern offen. Der Fonds kombiniert ein Basisportfolio aus Anleihen guter Bonität mit einer quantitativen Devisenstrategie, die zu je 50 Prozent auf Währungen aus Industrie- und Schwellenländern setzt. Währungsstrategie: Der Fonds kauft über Devisenter- mingeschäfte die drei Währungen aus den größten zehn Industrieländern (G10) mit den höchsten Zinsen. Die drei G10-Währungen mit den niedrigsten Zinsen werden ver- kauft – ein klassischer Carry-Trade. Zusätzlich investiert der Fonds in die sechs höchstverzinsten von insgesamt 19 Schwellenländerwährungen, vorausgesetzt, das ent- sprechende Land weist kein zu hohes Risiko auf. Den Ausschlag dafür gibt der Commerzbank EM-Risk-Indica- tor, der zwölf volkswirtschaftliche und finanzmarktbezo- gene Kriterien berücksichtigt. Risikomanagement: Klassische Carry-Trade-Strategien liefern meist recht stabile Erträge, die in einer Krise jedoch schlagartig zunichte gemacht werden. Um das zu verhindern, steuert der Fonds sein Devisenengagement je zur Hälfte über zwei quantitative Modelle: Das erste ba- siert auf der Volatilität der Währung, das zweite auf einem bankeigenen Risikoindikator, der verschiedenste Faktoren zu einer Risikokennzahl verdichtet. Sobald die Währung zu sehr schwankt und die Investoren allgemein zu risiko- scheu werden, stellt der Fonds seine Positionen glatt.

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