FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

zum einen eine neue Organisationsstruktur aufgezogen werden, zum anderen müsste zu- nächst einmal die Frage beantwortet werden, wie ein solches System denn überhaupt sank- tionsbewehrt wäre. Ein Obligatorium wäre nicht zielführend. Schuh: Als grundsätzlicher Anhänger von ordoliberalen Prinzipien kann ich nur sagen: Ein Obligatorium wäre die schlechteste Lösung, weil das einen enormen zusätzlichen Kostenblock für die Unternehmen mit sich bringen würde. Zumal es aus meiner Sicht durchaus eine bessere Alternative zu einem Obligatorium gäbe, um das Problem einer Unterversorgung der älteren Bevölkerung in den Griff zu bekommen. Das wäre ein vom Gesetzgeber einzurichtender Staatsfonds, wie ihn auch schon Staaten wie Norwegen, China oder andere Länder seit Langem installiert haben. Dann müsste lediglich jeder Rentenbeitragszahler verpflichtet werden, ei- nen bestimmten regelmäßigen Beitrag in ei- nen solchen Staatsfonds einzuzahlen. Der Vorteil wäre, dass mit einem solchen Instru- ment eine sehr viel sinnvollere und vor allem ertragreichere Anlagepolitik über Generatio- nen hinweg betrieben werden könnte, die mit Sicherheit die bessere Lösung gegen- über einem reinen Obligatorium dar- stellen würde, bei dem ja auch künf- tig dann nur die bisher schon beste- henden Modelle bedient würden. Heuser: Schlussfrage: Liegt in dem notwendigen Ausbau der Verbrei- tung, über den hier offensichtlich kein Dissens besteht, auch eine Chance für den freien Finanz- dienstleister? Schmidt-Narischkin: Ich sehe den Platz für die freien Finanzdienst- leister auch künftig sehr viel stärker im Bereich der privaten Altersvor- sorge. Die betriebliche Altersversor- gung wird auch in Zukunft eher nicht zur Spielwiese für freie Berater werden. Steinhart: Meine Befürchtung ist, dass der freie Finanzdienstleister durch die aus meiner Sicht in der be- trieblichen Altersversorgung notwen- dige Abschlusskostenverteilung über die gesamte Laufzeit es schwer haben wird. Er wird sich von laufend ausge- zahlten 20 Promille nicht finanzieren kön- nen, aus diesem Grund wird dieses Feld auch künftig den Experten vorbehalten bleiben, die in der Lage sind, mit geringeren Provisio- nen zu leben, aber dennoch eine fundierte Beratung abzuliefern. Beys: Ich würde Ihnen insofern recht geben, als die Realität derzeit zeigt, dass der klas- sische Berater, insbesondere der Fondsbe- rater, sich nach wie vor schwertut im bAV- Bereich. Andererseits stellen wir gerade in der jüngeren Zeit immer wieder fest, dass immer mehr Unternehmer gerade beim The- ma Direktzusagen, bei denen in den vergan- genen Jahren fast überall Finanzierungs- lücken entstanden sind, einen Beratungsbe- darf haben, von dem auch ein Fondsberater durchaus profitieren kann. Denn die meisten Unternehmer sind einfach nicht mehr bereit, noch einmal auf ein Versicherungsprodukt zurückzugreifen, um diese Lücken zu schlie- ßen, zumindest nicht über ein garantiertes Produkt. Dann wird oft eine fondsbasierte Lösung oder eben die direkte Fondsanlage bevorzugt, und hier kann der Fondsberater durchaus wieder ins Spiel kommen. Wer dann allerdings leichtfertig an die Sache herangeht in dem Glauben, über eine einfa- che Beratung das Problem lösen zu können, der irrt. Ein Fondsberater, der im Bereich der betrieblichen Vorsorge erfolgreich sein will, wird seine Rolle vielmehr als eine Art Finanzcoach sehen müssen – im Grunde ähn- lich wie in der Beratung von Privatkunden, wo doch auch jene Konzepte am besten funk- tionieren, bei denen ein Berater nicht einfach nur der Abschlussvermittler ist, sondern die Fähigkeit mitbringt, als Finanzcoach einen echten Mehrwert für seine Kunden abzulie- fern. Er muss diesen Unternehmer im Prinzip ähnlich einem Honorarberater auf seinem Weg durch die betriebliche Altersversorgung begleiten. Wer als freier Berater diese Quali- fikation mitbringt, sich auch in steuer- und Heribert Karch (Aba): „Die Erfahrung zeigt uns, dass Veränderungen an bestehenden Systemen immer sehr pfadabhängig sind.“ Andreas Beys (Sauren Fonds-Service): „Die Realität zeigt, dass der klassische Berater sich nach wie vor schwertut im bAV-Bereich.“ 288 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 roundtable I bav » Ein Fondsberater, der im Bereich der betrieblichen Vorsorge erfolgreich sein will, wird seine Rolle viel stärker als eine Art Finanzcoach sehen müssen. « Andreas Beys, Sauren Fonds-Service Foto: © Christoph Hemmerich

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