FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

arbeitsrechtlichen Fragen weiterbildet, der hat aus meiner Sicht durchaus eine Chance, hier erfolgreich zu sein. Immerhin geht es in der bAV in der Regel um sechs- bis sieben- stellige Beträge, die es sinnvoll zu inves- tieren gilt. Schwerdtle: Ich kann das nur unterstreichen und glaube, dass das Wort Professionalisie- rung eine entscheidende Rolle im Sinne eines Erfolgsfaktors für den freien Berater dar- stellt. Wer bereit ist, sich wirklich auf die Anforderungen im Bereich der betrieblichen Vorsorge zu konzentrieren, sich das nötige Fachwissen anzueignen, um dann ein Unter- nehmen oder einen Unternehmer fortlaufend in diesem Bereich zu betreuen, ihnen sozu- sagen eine Brücke zu bauen zwischen einer komplexen, von arbeits-, steuer- und be- triebsrentenrechtlichen Bestimmungen ge- prägten Welt der bAV einerseits und der In- vestmentwelt andererseits, der wird durchaus seine Chancen haben. Eine Voraussetzung dafür ist aus meiner Sicht: Der Berater muss in der Lage sein, mit einer Kostenstruktur zu arbeiten, die nicht auf den Abschluss ausge- richtet ist, sondern auf eine fortlaufende Be- treuung des Kunden. Ob das dann über Ser- vicegebühren oder über Bestandsprovi- sionen erfolgt, spielt letztlich keine Rol- le. Aber die professionelle Betreuung muss im Vordergrund stehen, gerade weil die Investmentwelt zunehmend komple- xer geworden ist. Deist: Allerdings wird nur ein Teil des Beratermarktes in der Lage sein, diese Chance auch zu ergreifen. In gewisser Weise wird sich hier ohnehin die Spreu vom Weizen trennen. Denn wir werden über neue Vergütungsmodelle nachden- ken müssen, und nur die, die über eine entsprechende Ausbildung und das not- wendige Know-how verfügen, um über- haupt qualifiziert über die betriebliche Altersversorgung mit ihren Kunden sprechen zu können, werden am Markt auch überleben können. Arteaga: Wenn es nach den von der Bun- desregierung formulierten Plänen geht, wonach etwa zehn Millionen Menschen oder Arbeitnehmer in Deutschland zu- sätzlich eine betriebliche Altersversor- gung erhalten sollen, dann ist für mich gar nicht vorstellbar, wie das ohne eine immense Zahl an sachkundigen Beratern überhaupt gehen soll. Das würde ja nur dann entbehrlich sein, wenn man einen ganz ande- ren Weg einschlägt, indem man beispielswei- se den gesetzlichen Rentenversicherungsbei- trag um fünf Prozentpunkte erhöht, sodass dann alle sozialversicherungspflichtigen Be- schäftigten in Zukunft über eine ausreichen- de Rente verfügen könnten. So lange es so nicht kommt und so lange die Anwesenden hier alle recht behalten mit ihrer Einschät- zung oder der Hoffnung, die da sicherlich auch mitschwingt, dass es nicht zu einem Obligatorium kommen wird, es also mehr bei einem freiwilligen System bleiben wird, wird es ohne die qualifizierten Berater gar nicht gehen. Um den in unserer Diskussion zum Teil formulierten Ansprüchen gerecht werden zu können, wird man die Vermittler in jedem Fall brauchen. Deshalb dürfen diese sich auf keinen Fall von einer Diskussion über Miss- stände im Vertrieb angegriffen fühlen. Denn wenn heute in der Beratung tatsächlich vieles nicht gut läuft, dann ist damit nicht der Vor- wurf an die Vermittler gerichtet, denn die haben leider keine anderen Instrumente als die vorhandenen. Vielmehr muss die Ord- nungspolitik die entsprechenden Instrumente schaffen, damit Beratung besser funktioniert. Houben: Wenn wir über eine Vereinfachung der bAV-Systeme sprechen, ist es richtig, dass wir als Land mit dem ältesten Alterssi- cherungssystem nicht in der Lage sein wer- den, einen völligen „Reset“ zu machen. Das, was innerhalb des bestehenden Systems schon erreicht worden ist, darf zudem nicht in Frage gestellt werden. Viele Menschen ha- ben eine zusätzliche Altersvorsorge in dem guten Glauben abgeschlossen, das Richtige zu tun, und müssen darauf vertrauen können, dass das System auch so stabil ist, dass es sie ein Leben lang begleitet. Ruckartige Ver- schiebungen würden dem gesamten System nicht gut tun, sondern Vertrauen zerstören, das es vielmehr auszubauen gilt. Eine Moder- nisierung ist aber notwendig. Meine Hoff- nung wäre, dass es, wie schon gesagt, gar nicht zu einem Obligatorium kommen wird, sondern dass wir mit den genannten Ansätzen mehr Schwung in den Ausbau der betriebli- chen Altersversorgung bekommen werden. Und hier zeigt die Erfahrung, dass es – ganz gleich über welches Altersvorsorgeprodukt wir sprechen – eine gute Beratung dringend braucht. Auch die bestehenden tarifvertragli- chen Lösungen, die es ja durchaus schon gibt, funktionieren nicht einfach so. Sie funk- tionieren vielmehr mit entsprechender Bera- tung auf beiden Seiten, für Arbeitgeber wie für Arbeitnehmer. Auch das ist aus meiner Sicht ein ermutigendes Signal für Anbieter von bAV-Lösungen. Eine gute Beratung mag neue Anforderungen oder andere Profile be- deuten. Das heißt aber nicht, dass sich be- triebliche Altersvorsorge und die Beratung durch Versicherungsunternehmen oder ande- re Anbieter ausschließen, im Gegenteil. Heuser: Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für eine interessante Diskussion. HANS HEUSER I FP Marco Arteaga (DLA Piper UK): „Nach den Plänen der Bundesregierung sollen zehn Millionen Menschen zu- sätzlich eine bAV erhalten.“ 290 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 roundtable I bav » Die betriebliche Altersvorsorge und die Beratung durch eine Ausschließlichkeitsorganisation der Versicherer oder durch freie Finanzdienstleister schließen sich nicht aus. « Ilka Houben, GDV

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