FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

296 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 lisierten Softwareanbieters Simcorp in Köln. In Deutschland liegen die Daten seit 1900 vor, und auch dort stieg die Lebenserwartung linear an, mit Trendunterbrechungen während der beiden Weltkriege (siehe Grafik unten). „In Deutschland steigt die Lebenserwartung der Menschen in jeder Dekade um 2,5 Jahre. Eine sinnvoll ausgestaltete Leibrente ist für die meisten Kunden daher das bestmögliche Produkt im Bereich der Ruhestandsplanung. Das ist das Produkt, das der Kunde eigentlich wollen müsste, wenn er denn wüsste, was er braucht“, meint Kling. Ohne Leibrente da- gegen bleibe für den Kunden das typische Risiko bestehen: „Mein Geld ist weg, aber ich bin noch da.“ Tiefzinsphasen können dauern Das Potenzial für Lebensversicherer ist also enorm, allerdings müssen sich Risikomanager und Vertrieb gemeinsam an einen Tisch set- zen, um sinnvolle Produkte zu entwickeln. Denn dass die Branche der Last der langen Rentenbezugsdauer bald mit erheblich höhe- ren Zinsen zuleibe rücken kann, gilt als un- wahrscheinlich. Ein Blick zurück zeigt jeden- falls, dass in der Geschichte Zeiten mit einem niedrigen Zinsniveau eindeutig dominiert haben und Hochzinsphasen wie in den 1980er-Jahren die absolute Ausnahme dar- stellen (siehe Grafik auf der nächsten Seite). Selbst wenn die Zinsen eines Tages wieder bei vier Prozent liegen sollten, was in näherer Zukunft mit Blick auf den dann drohenden Schuldenkollaps kaum realistisch erscheint, würde das bei einer Kostenquote von rund zwei Prozent nur bedingt zu auskömm- lichen Rentenzahlungen verhelfen – erst recht bei Einbeziehung der Inflation. Neue Produktkonzepte Die logische Konsequenz ist, die klas- sischen Produkte durch neue Konzepte zu ergänzen. Daran wird bereits in verschie- denen Ländern gearbeitet. „Man kann Garantien dort wegnehmen, wo es dem Kunden am wenigsten schadet, die nach- haltige Finanzierbarkeit für die Versiche- rer aber erheblich erleichtert“, meint Kling. Seiner Meinung nach werden im- mer mehr Policen auf den Markt kom- men, die eine geringe Garantiehöhe ha- ben, dafür aber andere Vorteile bieten, et- wa eine höhere Überschussbeteiligung in normalen Jahren oder eine Partizipation an einem Index für investmentaffine Kunden. „Auch Produkte, die in der Ren- tenbezugsphase eine größere Flexibilität bie- ten, werden sich etablieren“, so Kling. Er nennt beispielsweise Policen, bei denen der Kunde jederzeit über sein vorhandenes Rest- guthaben verfügen kann. Allianz meldet Absatzerfolg Zwei neue Modelle haben die deutschen Versicherer schon auf den Markt gebracht, darunter das Allianz-Konzept „Perspektive“, das nur die eingezahlten Beiträge garantiert. „Das ist im Prinzip eine klassische Versiche- rung mit modifiziertem Garantiezins“, sagt Kling. „Die Kundengelder fließen in das kon- ventionelle Sicherungsvermögen, aber die garantierte Ablaufleistung ist geringer als bei der ‚alten‘ Klassik. Als Kompensation erhal- ten die Kunden eine höhere Überschussbetei- ligung.“ Ähnliche Produkte seien bereits in Österreich und der Schweiz am Markt. Offenbar kommen solche Lösungen bei den Kunden gut an. Die Allianz konnte ihre Bei- tragseinnahmen in der Sparte Lebensversiche- rung 2014 um 11,8 Prozent auf 19 Milliarden Euro steigern. Dabei stammte mehr als jeder zweite frische Euro in der privaten Alters- vorsorge aus einem der Verträge mit neuen Garantien. Seit dem Produktstart im Juli 2013 bis Ende 2014 verkaufte die Allianz stolze 93.400 „Perspektive“-Policen. Spiel mit Überschussbeteiligung Als zweite Möglichkeit, klassische Lebens- policen abzuwandeln, nennt King Verträge mit Wahlrecht auf Indexbeteiligung, etwa das Allianz-Angebot „Indexselect“. Auch dieses Produkt baut auf der Klassik auf. Hier kann sich der Kunde jedes Jahr im Vorhinein ent- scheiden, ob er an einem Index partizipieren möchte – in diesem Fall hat er eine Null-Pro- zent-Garantie –, oder an der Überschussbe- teiligung des Versicherers – dann gilt die jeweilige Mindestgarantieverzinsung. Kling zufolge haben schon einige Versicherer neue Indexpolicen herausgebracht, beispielsweise R+V, Condor, Axa, HDI, LV 1871, Generali Deutschland und die Sparkassen-Versiche- rung. In Österreich bietet unter anderem die Donau-Versicherung ein solches Produkt an. Eine in ihrer Konstruktion ganz andere Alternative ist das Ergo-Produkt „Rente Garantie“ – auch wenn es aus Kunden- sicht auf den ersten Blick keinen großen Unterschied zur Variante der Allianz gibt. „Während das Produkt der Ergo eine rein fondsgebundene Police ist, bei der die Garantie über einen Rückversicherungs- vertrag abgedeckt wird, ist das Produkt der Allianz eine klassische Versicherung“, sagt Kling. „Produktstrategien, die versu- chen, ohne konventionelles Sicherungs- vermögen auszukommen, sind wirklich die Ausnahme.“ Für die Versicherer sind modifizierte klassische Produkte häufig vorteilhaft, da sie mit ihrer geringeren Garantie dafür sorgen, dass der durch- schnittliche Garantiezins nach unten ge- schleust wird. Mit fondsgebundenen Po- licen gelingt das nicht. Kling erwähnt auch die dritte Variante der Produktentwicklung: „Das sind die fonds & versicherung I lebensversicherung Foto: © Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (IFA) Alexander Kling, IFA Ulm: „Eine Leibrente ist das Produkt, das der Kunde eigentlich wollen müsste, wenn er denn wüsste, was er braucht.“ Steigende Lebenserwartung Die Grafik zeigt die Lebenserwartung im jeweils „gesündesten“ Land der vergangenen Jahrzehnte. In Deutschland sorgten die beiden Weltkriege für Einbrüche. Quelle: Oeppen und Vaupel (2002) 1840 1900 1960 1860 1920 1980 1880 1940 2000 85 Jahre 80 75 70 65 60 55 50 45 Norwegen Neuseeland Island Schweden Japan Niederlande Schweiz Australien Lebenserwartung in Deutschland Lebenserwartung

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