FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

300 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 steuer & recht I cross-border-ver trieb Foto: © Gunold Brunbauer | Dreamstime.com, KPMG, ALFI 2015 S eit nunmehr 30 Jahren setzt sich die EU für den grenz- überschreitenden Fondsver- trieb ein: Im Dezember 1985 verab- schiedete der Ministerrat die erste OGAW-Richtlinie. Nur dank dieses Regelwerks war und ist es möglich, dass ein Fonds, der in einem EU- Land beheimatet ist, problemlos in jedem anderen EU-Land vertrieben werden kann. Mittlerweile haben sich die europäischen OGAW-Fonds einen so guten Ruf erarbeitet, dass sie auch in Asien und Südamerika gefragt sind. Doch nun könnten durch ein Maßnahmenpaket der Industrielän- derorganisation OECD womöglich ausgerechnet grenzüberschreitend vertriebene Fonds, sogenannte Cross-Border-Fonds, benachteiligt werden. Insbesondere in den beiden Zentren für Cross-Border-Fonds, Luxemburg und Irland, macht man sich daher große Sorgen – und kämpft für eine glimpfliche Rege- lung. Entsprechend intensiv wurde auf der diesjährigen Frühjahrs- konferenz des luxemburgischen Fondsverbandes Alfi über die OECD-Pläne diskutiert. BEPS 6 trifft alle Fonds Zum Hintergrund: Die G20-Staaten hatten die OECD aufgefordert, Maßnahmen zu ent- wickeln, um künftig zu verhindern, dass glo- bal agierende Unternehmen wie Starbucks, Amazon oder Google ihre Gewinne so lange zwischen den unterschiedlichen Jurisdiktionen hin und her verschieben, bis sie letztendlich kaum noch Steuern zahlen müssen. Insgesamt arbeitet die OECD an 15 ver- schiedenen Maßnahmen. Im März 2014 ver- öffentlichte sie Teil 6 des „Base Erosion and Profit Shifting“-Plans (BEPS 6), der Spreng- stoff für die Fondsbranche enthält. Ziel ist es, die Nutzung von Doppelbesteuerungsabkom- men durch globale Unternehmen einzuschrän- ken, um Missbrauch durch sogenanntes „Treaty Shopping“ zu verhindern. BEPS 6 betrifft die Investmentbranche, weil Fonds auch im Ausland investieren und dort Dividenden vereinnahmen. Je nach Dop- pelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen dem Herkunftsland der Dividenden und Domizilland des Fonds können Fonds einen Teil der Quellensteuer auf die Ausschüttung zurückholen. BEPS 6 schlägt nun vor, wel- cher Anteil der Anleger eines Fonds selbst DBA-berechtigt sein muss, damit auch der Fonds in den Genuss des Abkommens kommt. Die Länder können dann in bilatera- len Verhandlungen zur Formulierung ihres DBA den Vorschlägen der OECD folgen. Nachweis über Anlegerstruktur Genau da liegt das Problem: Ob ein Fonds abkommensberechtigt ist oder nicht, hängt womöglich bald von einem Nach- weis der Fondsgesellschaft ab, dass das Abkommen für eine bestimmte Quote seiner Anleger gilt. Dies be- stimmt sich dadurch, in welchem Land der jeweilige Investor ansässig ist. Fraglich ist nun, welche Nach- weise ein Fonds erbringen muss, um seine Anlegerstruktur offenzulegen. Die Amerikaner haben mit stren- gen Nachweispflichten kein Problem – schließlich werden US-Fonds oh- nehin fast ausschließlich an Bürger aus den Vereinigten Staaten vertrie- ben. Daher fordern die USA eine möglichst strenge Formulierung und einen hohen Anteil abkommens- berechtigter Investoren. In der EU dagegen spielt der grenzüberschrei- tende Fondsvertrieb eine viel größere Rolle. Dazu kommt, dass europäische Fondsgesellschaften ihre Anleger nicht im Einzelnen kennen. Roger Exwood, Leiter Steuern EMEA bei Blackrock, erklärte dazu auf der Alfi-Konferenz: „Blackrock verkauft seine Fonds in vielen Län- dern. Unsere Fonds werden häufig über Banken oder andere Inter- mediäre vertrieben, weshalb wir nicht immer sagen können, woher unsere Anleger kommen. Damit hätten echte Cross-Border-Fonds Schwierigkeiten, im gleichen Maße von Doppelbesteuerungsab- kommen zu profitieren wie rein einheimische Produkte.“ Bilaterale Abkommen Den Fachpolitikern der meisten Länder ist bewusst, dass allzu strenge Nachweisregeln den Tod von Cross-Border-Fonds bedeuten würden. Daher halten mittlerweile viele Staa- ten Näherungsverfahren für akzeptabel: Zu- hilfe genommen werden kann beispielsweise eine Beschreibung der Vertriebsstruktur des Asset Managers oder eine Liste der Länder, in denen der Fonds eine Vertriebszulassung hat. Welche Verfahren zulässig sind, legen die Staaten bilateral im jeweiligen Doppelbesteue- rungsabkommen fest. Fonds, die in mehreren Ländern vertrieben werden, droht Ungemach: Geht es nach der OECD, müssen sie bald nachweisen, woher ihre Anleger kommen. Heikler Grenzübertritt Die Grenzen innerhalb der EU sind offen, die Zollhäuschen stehen leer. Luxem- burg befürchtet aber, dass für Fonds nun neue Schranken errichtet werden.

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