FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

301 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 „Wir wollen ‚Treaty Shopping‘ unterbin- den“, sagt Raffaele Russo, Leiter des BEPS- Projekts bei der OECD. „Es ist aber nicht so einfach, eine Regelung zu finden, mit der nur diejenigen, die wirklich abkommensberechtigt sein sollen, in den Genuss des Abkommens kommen.“ Er lässt durchblicken, dass die OECD praktikable Ideen aus der Fondsbran- che durchaus berücksichtigen würde. Schlupflöcher genutzt Die OECD und auch die Länder, die Dop- pelbesteuerungsabkommen abschließen, wol- len Schlupflöcher vermeiden. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Fondsbranche teilweise gezielt solche Schlupflöcher gesucht hat. Beispielsweise lassen die meisten Indien- Fonds ihre Gewinne über eine Zwischenge- sellschaft in Mauritius fließen, weil es zwi- schen Mauritius und vielen EU-Ländern güns- tige Doppelbesteuerungsabkommen gibt. „Hier ist aber nicht die Daseinsberechti- gung des OGAW-Fonds in Frage zu stel- len, sondern die der Mauritius-Gesell- schaft“, argumentiert Georges Bock, geschäftsführender Partner und Leiter Steuern bei KPMG Luxemburg. Bock tritt dafür ein, dass OGAW- Publikumsfonds pauschal als abkom- mensberechtigt angesehen werden – ohne jeden Nachweis über ihre Anlegerstruk- tur. Dasselbe fordert der europäische Fondsverband Efama. „OGAW-Publi- kumsfonds sind wirklich keine Vehikel, die anfällig sind für ‚Treaty Shopping‘ – sie sind so stark reguliert. Außerdem ist der Cross-Border-Vertrieb von Fonds sehr wichtig, weil dadurch größere Volumina zustande kommen, die überhaupt erst eine günstige Kostenstruktur ermöglichen.“ Internationaler Vertrieb Insbesondere luxemburgische Fonds sind abhängig vom Cross-Border-Vertrieb – mit den 550.000 Einwohnern, die Luxemburg hat, wäre ansonsten kein großes Vertriebsrad zu drehen. Das ist auch der wesentliche Grund, weshalb sich Alfi mit Blick auf die BEPS- Regeln deutlich mehr Sorgen macht als der deutsche Fondsverband BVI, der mit der letz- ten Version offenbar einigermaßen gut leben kann. Ein deutscher Fonds mit Vertriebs- schwerpunkt in der Bundesrepublik kann natürlich leichter nachweisen, dass er über- wiegend deutsche Kunden hat. KPMG-Exper- te Bock weist zudem darauf hin, dass deut- sche Fonds über Clearstream abgewickelt werden, was den Nachweis einfacher mache als in Luxemburg, wo verschiedene Clearing- Systeme genutzt werden. Wie international der Vertrieb von luxem- burgischen Fonds ausgerichtet ist, zeigen Zah- len von PricewaterhouseCoopers. Demnach kommen 67 Prozent der europäischen Fonds, die in mindestens drei Ländern vertrieben werden dürfen, aus Luxemburg. Irland folgt mit 20 Prozent auf Platz zwei, Deutschland und Österreich laufen unter „sonstige Länder“ (siehe Grafik). Interventions-Endspurt Luxemburg möchte daher die knappe ver- bleibende Zeit nutzen, um seiner Fondsbran- che ein günstiges steuerliches Umfeld zu er- halten – auch ohne dass die Anlegerstruktur detailliert nachgewiesen werden muss. Denn nun geht es Schlag auf Schlag: Im November 2014 gab die OECD eine überarbeitete Emp- fehlung zu BEPS 6 heraus, in die weitere Än- derungswünsche der Fondsbranche eingear- beitet wurden. Im Juni dieses Jahres wird eine erneute Revision erwartet, die finale Version soll dann im Oktober veröffentlicht werden. Wenn die OECD dann die Muster-Doppel- besteuerungsabkommen veröffentlicht hat, kommt es darauf an, wie die einzelnen Staa- ten ihre DBA neu verhandeln. Dabei können sich die Staaten jeweils ihre eigene Regelung rauspicken: In einem DBA müssen Fonds vielleicht eine Quote von 50 Prozent an ab- kommensberechtigten Anlegern nachweisen, im anderen eine Quote von 75 oder gar 90 Prozent. Oder OGAW-Fonds werden kom- plett als abkommensberechtigt angesehen, so wie die Branche sich das wünscht. „Das ist nicht logisch“ KPMG-Fachmann Bock jedenfalls hält die aktuelle Fassung von BEPS 6 für abstrus: „Eine börsennotierte Gesellschaft wie Daimler muss nicht nachweisen, wer ihre Anleger sind, weil das ja nicht möglich ist. Hier genügt der Nachweis der Bör- sennotierung. Ein OGAW-Fonds aber, der ebenfalls von einer breiten Masse an Anlegern gehalten wird, die sich täglich ändern kann, muss seine Anlegerstruktur nachweisen – das ist nicht logisch.“ Blackrock-Steuerchef Exwood ergänzt: „Es wäre tatsächlich schwer nachvoll- ziehbar, warum ein ETF, der börsen- notiert ist, besser behandelt würde als ein ansonsten ähnlicher Fonds ohne Börsen- notierung.“ AnKE DEMBOWSKI | FP Georges Bock, KPMG: „OGAW-Publikumsfonds sind wirklich nicht anfällig für ‚Treaty Shopping‘.“ Roger Exwood, Blackrock: „Wir können nicht immer sagen, woher unsere Anleger kommen.“ Marktführer Luxemburg Luxemburg und Irland dominieren den Markt für Cross-Border-Fonds in Europa. Quelle: Lipper LMI, PwC 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % Andere Länder UK Jersey Frankreich Irland Luxemburg Grenzüberschreitend vertriebene OGAW-Fonds nach Herkunftsland 67 % 2 % 2 % 4 % 20 % 5 %

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