FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

eD I TOR I A L www.fondsprofessionell.de | 2/2015 9 Fonds-Frühling ohne Schönwettergarantie Langsam entdecken Privat- anleger den Fonds wieder. Einer Umfrage von Union Investment zufolge halten sie Fonds inzwischen für attraktiver als Tagesgeld – zum ersten Mal seit Beginn der Erhebung vor fünf Jah- ren. Bei Nullzinsen sind of- fensichtlich selbst konser- vative Anleger bereit, gewis- se Risiken einzugehen. Da- her ist in vielen Bankfilialen der Wertpapierberater, der seine Produkte kürzlich noch wie sauer Bier anprei- sen musste, plötzlich ein gefragter Mann. Das ist ein wichtiger Grund dafür, dass Deutschlands Investment- industrie der Statistik des Branchenverbands BVI zu- folge im ersten Quartal dieses Jahres 27,7 Milliarden Euro mit Publikumsfonds einsammeln konnte – so viel wie nie zuvor. Der Branche sei dieser zweite Frühling gegönnt. Ob sie sich auch auf einen warmen, ausgedehnten Som- mer freuen darf, ist allerdings noch nicht ausgemacht. Zwar sind Wertpapierinvestments in einer Zeit, da die Zinsen wohl sehr lange sehr niedrig bleiben, die ein- zig verbliebene Renditequelle. Aber die Gefahr ist groß, dass jetzt Anleger an Bord kommen, die bei der nächsten Korrektur enttäuscht das Weite suchen – und dann so schnell nicht wiederkommen. Man denke nur an die Horden von Mischfonds, in die derzeit jeder zweite frische Fonds-Euro fließt. Dank der jahrelangen Rally am Renten- und Aktienmarkt können viele dieser Produkte mit einer hervorragen- den Kursentwicklung punkten. Bei unerfahrenen An- legern weckt das Erwartungen, die nur enttäuscht werden können – erstens weil diese Performance nicht wiederholbar sein wird und zweitens weil Anlei- hen nur noch bedingt dazu taugen, einen Einbruch am Aktienmarkt abzufedern. Im Jahr der Lehman- Pleite gelang es guten Managern, den Dax-Einbruch mit Investments in deutsche Staatsanleihen wettzu- machen. Die Nullzinspolitik hat ihnen diese Möglich- keit genommen. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Mischfondsmanager auf Anleihen schlechterer Bonität ausgewichen sind, um mit ihrem Rentenport- folio zumindest noch ein wenig Rendite zu erwirt- schaften. Dreht die Stimmung an den Märkten, müs- sen ihre Anleger daher Einschläge auf der Aktien- und der Rentenseite verkraften. Umso wichtiger ist es, die Kunden über die tatsäch- lichen Risiken aufzuklären. Es war selten so unehr- lich, vergangene Performance zu verkaufen. Bernd Mikosch Chefredakteur

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