FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2015

90 www.fondsprofessionell.de | 2/2015 Aufgrund eines wirtschaftlichen Auf- schwungs begann die US-Notenbank unter der Leitung von Alan Greenspan, im Februar die Leitzinsen zu erhöhen, obwohl noch keine Anzeichen anziehender Inflationsraten erkenn- bar waren. Im ersten Schritt waren es 40 und in zweiten 35 Basispunkte. Vor allem für die Vielzahl von „Spielern“ wie Hedgefonds, die zum Teil mit beträchtlichem Hebeleinsatz falsch positioniert waren, bewirkte das umge- hend massive Verluste, sodass sie verkaufen mussten. Es waren schon in der Bond-Rally davor die gehebelten Marktteilnehmer gewe- sen, die für die Gewinne gesorgt hatten, nun wirkte der Hebel natürlich auch in die andere Richtung. Der davor (und auch danach) über- aus erfolgreiche Hedgefondsmanager Michael Steinhart verlor aufgrund der Zinsentwicklung in der Spitze 4,6 Milliarden US-Dollar und beendete das Jahr mit 30 Prozent Verlust. Hinzu kam, dass die Bondmärkte schon da- mals aufgrund der zunehmenden Computeri- sierung deutlich „schneller“ geworden waren. Ein Rentenhändler erzählte „Fortune“ 1994: „Eine Kursbewegung, die früher sechs Wo- chen gedauert hätte, passiert heute in sechs Tagen.“ Leider war auch die internationale Verflechtung der Kapitalmärkte vor 21 Jahren schon eng genug, um den Bondcrash der USA weltweit zu exportieren. Auch in Europa und in den Schwellenländern vollzogen sich ähnliche Kursverluste an den Bondmärkten. So weit die Geschichte, aber kann sich die- ses Szenario 2015 wiederholen? Grundsätz- lich muss man nach den Erfahrungen der ers- ten Maiwoche sagen: Ja, möglich scheint das zu sein, denn an der Ausgangslage hatte sich am 29. April nichts Nennenswertes verändert, und trotzdem knickte der Bund Future, also der Terminhandelskontrakt für deutsche Staatsanleihen, ein. Erste Analysen machten drei Faktoren für den Kursrutsch verantwort- lich: steigende Ölpreise, höhere Inflation und höheres Wirtschaftswachstum in Europa. An- gesichts negativer Zinsen und sehr vielen In- vestoren, die in langen Bonds überinvestiert sind, genügte es, dass zwei der bekanntesten und erfolgreichsten Anleiheninvestoren der Welt, Bill Gross und Jeffrey Gundlach, über- einstimmend erklären, dass deutsche Bundes- anleihen erstklassige Leerverkaufschancen darstellen. Denn natürlich weiß jeder profes- sionelle Anleger, dass das Chance-Risiko-Pro- fil von Staatsanleihen bei einer Rendite nahe null extrem asymmetrisch ist. Einem großen Verlustrisiko steht so gut wie kein weiteres Er- tragspotenzial gegenüber, wenn man nicht un- terstellt, dass die Renditen weiter bis tief in den negativen Bereich hinein sinken werden, was – Quantitative Easing hin oder her – we- nig wahrscheinlich ist. Hinzu kommt, dass immer mehr Marktteilnehmer davon ausge- hen, dass die Leitzinsen in den USA in den kommenden zwölf Monaten steigen werden. Während die Rentenmärkte aber früher erst nach der ersten Zinsanhebung gedreht haben, kann man sicher sein, dass dies heute Monate davor passiert, weil niemand auf dem falschen Fuß erwischt werden möchte. Aktuell gibt es somit eigentlich nur ein – allerdings sehr gutes – Argument, das gegen markt & strategie I zinswende Foto: © Andrew Harrer | 2014 Bloomberg Finance LP, EZB Mario Draghi, EZB: Bisher wurden erst etwa zehn Pro- zent der angekündigten Anleihenkäufe durchgeführt. Janet Yellen, US-Notenbank: Jüngste Arbeitsmarktstatis- tiken machen eine Zinsanhebung unwahrscheinlicher. Das Dilemma der Rentenfonds Die Experten des Von der Heydt Family Office in Hamburg haben ein Universum aus insgesamt 818 Fonds, die aus- schließlich in Staatsanleihen und/oder Unternehmensan- leihen aus EU-Ländern mit Investment Grade investieren, analysiert. Bewertet wurden die Fonds nicht nur nach ih- rem Ertrag, sondern auch nach ihrem Chance-Risiko-Pro- fil. Um das Risiko zu erfassen, haben sich die Experten für den maximalen Drawdown und die Standardabwei- chung entschieden, wobei der Drawdown den höchsten Verlust innerhalb einer gewissen Periode ausgehend von einem erreichten Hoch bezeichnet. Die Tabelle zeigt die zehn Fonds, die zum Zeitpunkt des Rankings Mitte April über 12 und 36 Monate hinweg am besten abgeschnitten haben. Anhand der Angaben zu deren Verhalten während des jüngsten „Blitz-Crashs“ an den Rentenmärkten in den Tagen vor dem 8. Mai 2014 im Vergleich zu früheren Drawdown-Phasen wird das Dilemma sichtbar, in dem sich Rentenfonds mittlerweile befinden. Es fällt auf, dass die Fondsmanager auf den kurzfristigen Zinsanstieg innerhalb von nur drei Tagen nicht vorbereitet und daher auch nicht in der Lage waren, Kursstürze zu verhindern. Die Spanne des monatlichen Drawdowns reichte bei den besten zehn Fonds dabei von minus 1,81 Prozent bis hin zu minus 9,16 Prozent, was eine deutliche Erhöhung gegenüber dem Drawdown über ein Jahr zum Zeitpunkt Mitte April bedeutet. Sogar die vorher ermittelten Drawdowns der letzten 36 Monate wurden teilweise übertroffen. Und diese resultierten wohlgemerkt aus einer Extremsituation am Kapitalmarkt, als die europäische Staatsschuldenkrise von Griechenland über die anderen Peripherieländer schwappte und Anfang 2013 mit der Fastpleite Zyperns endete. Max. DD 8. 5. Max. DD 15. 4. Max. DD 15. 4. ISIN 1 Monat 1 Jahr 3 Jahre NB Global Enhancement ESHIYLD:LX -1,81 -0,81 -2,37 Kepler Europa Rentenfonds A AT0000799846 -2,13 -1,02 -4,34 Deutsche Invest I Euro Gov. LU0145652052 -3,60 -1,12 -4,98 DWS Euro Bonds Long LU0044387529 -3,68 -1,51 -1,51 KBC Renta Long EUR Fund Cap LU0546917344 -5,33 -1,46 -4,25 Candriam Bonds Euro Long T. C LU0077500055 -6,28 -1,59 -6,56 NN L EU Long Duration XC LU0546917427 -8,51 -2,48 -8,12 Pioneer SF EUR CRV 10+J. H EUR ALU0823381958 -8,91 -2,60 -8,15 Parvest Bond EU LT Classic EU A LU0823381875 -9,03 -2,72 -7,78 Aviva Int. LT European Bond B EUR LU0044652708 -9,16 -2,63 -8,02 DD = Drawdown Quelle: Von der Heydt Family Office

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