FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015
Thema des Quantitative Easing durch Zentralbanken. Herr Huber, Sie gehen davon aus, dass es weitere entsprechende Maßnahmen geben wird. Aber trauen die Märkte den Notenbanken wirklich noch zu, unter QE alles retten zu können, nach- dem die Schweizer Nationalbank ihren Währungskurs freigegeben hat und auch China nicht in der Lage war, seine Märkte zu schützen? Anders gefragt: Besteht das Risiko, dass die Notenbanken mit QE nicht wirklich zu den Gewinnern gehören werden? Huber: Ich glaube, dass das größte Problem, dem wir derzeit gegenüberstehen, eine öf- fentliche Verschuldung ist, die in diesem Ausmaß unhaltbar sein wird. Und die Zen- tralbanken sehen sich mittlerweile der Erwar- tung gegenüber, dass sie das Problem durch immer mehr Stimulierungsmaßnahmen in den Griff bekommen sollen. Die Bank von Japan kauft mittlerweile bereits 85 Prozent der neuen Staatsschuldverschreibungen auf. Das Ende vom Lied wird sein, dass das Ver- trauen in Papiergeld und Währungen immer weiter schwinden wird. Und das Resultat wird schließlich eine immens hohe Inflation sein, auch wenn es bis dahin noch ein weiter Weg ist. Sauren: Wie weit? Huber: Das wird sicherlich noch mehrere Jahre dauern, niemand kann das genau sagen. Aber wir werden noch viele Jahre lang eine weitere Anhäufung von Schul- den und weitere Infrastrukturprogramme erleben bei dem Versuch, sich durchzu- wurschteln. Eichler: Aber gerade deshalb muss man sich doch die Frage stellen, wem man denn wohl eher trauen sollte: den Politi- kern, den Zentralbankern oder den Unter- nehmenslenkern? Ich ziehe es jedenfalls vor, Aktien zu halten anstelle von Papier- geld oder Schuldscheinen. Aus meiner Sicht wird am Ende das gesamte Finanz- system kollabieren, dann werden nur Anteile an Unternehmen übrig bleiben, und das gesamte Papier wird verschwun- den oder wertlos sein. Im Grunde leben wir in einem Drogenrausch mit immer leichter verfügbarem Geld. Aber der ein- zig sichere Hafen wird am Ende die Aktie sein, denn wer überleben wird, das sind die Unternehmen. Sicher nicht alle, aber eini- ge werden mit Sicherheit überleben. Huber: Aber auch die werden doch unter einer echten Krise leiden. Eichler: Sie werden natürlich leiden, und es wird für einige sicher schmerzhaft werden. Aber es wird Überlebende und echte Gewin- ner geben. Bei einem Land wie Griechenland bin ich mir da nicht so sicher. Heuser: Um es ein wenig konkreter zu machen: Wird zum Beispiel ein relativ junges Unternehmen wie Amazon überle- ben? Hat ein solches Unternehmen die nötige Substanz? Miller: Ich glaube, die sichere Antwort da- rauf ist: Ja. Das Unternehmen versorgt die Menschen zu extrem geringen Kosten mit allen möglichen Arten von Waren und ge- nießt ein hohes Vertrauen bei seinen Kunden. Das beste Beispiel für die Überlebensfähig- keit von Amazon ist die Tatsache, dass es in den 20 Jahren seines Bestehens sowohl den Verlust des Musikgeschäfts an Apple verkraf- tet hat wie auch den Verlust des Videoge- schäfts an Netflix – zwei Standbeine, die den anfänglichen Erfolg des Unternehmens aus- gemacht haben. Allein die Tatsache, dass Amazon seine anfängliche Marktkapitalisie- rung von nur vier Milliarden Dollar trotz sol- cher Verluste auf heute 250 Milliarden Dollar gesteigert hat, ist aus meiner Sicht der beste Beweis dafür, dass es überleben wird. Kaldemorgen: Aber es wird sicher nicht al- lein bleiben, denn man sollte bedenken, dass die weitaus meisten Unternehmen, die auch schon vor 30 Jahren im Dow Jones Index gelistet waren, überlebt haben. Bei einem Wert wie Apple habe ich allerdings leichte Zweifel. Dem Unternehmen könnte ja auch ein ähnliches Schicksal drohen wie Kodak. Denn es könnte durchaus sein, dass wir in ein paar Jahren mit einem in unserem Ohr im- plantierten Chip herumlaufen, um darüber zu telefonieren. Ein iPhone braucht dann nie- mand mehr. Daher ja, die Aktie wird über- leben, bei einzelnen Unternehmen bin ich mir da nicht so sicher. Perry: Dennoch sollten wir am Ende nicht ganz so pessimistisch sein. Immerhin lebt Japan schon seit 25 Jahren mit einer ähnli- chen Situation. In 20 Jahren davon konnte das Land kein Wachstum verzeichnen, und trotz all der Gelddruckprogramme ist das Land bis heute nicht kollabiert. Daher sehe ich keinen Grund, solche Szenarien für die USA zu erwarten, trotz QE-Maßnahmen. Was wir aktuell erleben, ist doch lediglich eine Korrektur an den Kapitalmärkten, aber viele Leute sehen darin schon wieder die Rückkehr der Krise von 2008. Zwischen heu- te und damals gibt es allerdings einen erheb- lichen Unterschied. Deshalb sollten wir wirk- lich nicht übertreiben. Heuser: Ich bedanke mich für eine inter- essante Diskussion. FP Olgerd Eichler; „Im Grunde leben wir in einem Drogen- rausch mit immer leichter verfügbarem Geld. Aber der einzig sichere Hafen wird am Ende die Aktie sein.“ » Aktuell diskutiert die gesamte Investmentwelt über China und die Entwicklungen rund um die Währung und den Kapitalmarkt des Landes. Gleichzeitig blicken alle gebannt auf die USA. « Hans Heuser, FONDS professionell 114 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 sauren golden awards 2015 I roundtable Fotos: © Christoph Hemmerich
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