FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

132 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 könnten die Geldhäuser auch die Tradingkos- ten nicht so schnell wieder wettmachen. Das Geschäft wird noch unattraktiver. Gefahr in Stressphasen Die Folgen sind gravierend. Threadneedle- Manager Cielinski betont, gerade auf Märk- ten, auf denen Wertpapiere abseits der Börsen gehandelt werden, seien einflussreiche Market Maker als eine Art „Stoßdämpfer“ gefragt. Das gilt vor allem, wenn Investoren in Stress- phasen massenhaft Papiere veräußern. „Der private Markt ist überhaupt nicht in der Lage, solche Mengen aufzunehmen“, sagt Cielinski. Gefährlich wird es daher, wenn die Notenban- ken an der Zinsschraube drehen. Rentenfonds haben in den vergangenen Jahren milliarden- schwere Anleihenportfolios aufgebaut. Wer diese Papiere kaufen soll, wenn die Fonds- anleger ihr Geld zurückverlangen, ist offen. Carsten Klude, Chefvolkswirt der Hambur- ger Privatbank M.M. Warburg, spürt bereits eine Illiquidität bei Unternehmensanleihen. „Das bedeutet nicht, dass es gar keine Käufer mehr gibt“, erklärt er. „Liquidität heißt aber, dass man Papiere in jeder Anzahl jederzeit zu einem vernünftigen Preis handeln kann“, sagt Klude. Dies sei nicht mehr möglich, seit die großen Market Maker fehlen. Die Geld-Brief- Spannen seien mittlerweile so groß geworden, dass ein Verkauf oft nicht mehr zustande komme. „Wir sehen in unseren Bloomberg- Rechnern zwar, dass Kurse gestellt werden“, berichtet der Experte, „wenn wir dann aber wirklich verkaufen wollen, gehen die Preise meist noch einmal kräftig nach unten.“ Viele Alternativen zu Investmentbanken und Versicherungskonzernen als Market Maker gibt es nicht. Manche Rentenexperten sind der Ansicht, Hedgefonds könnten diese Rolle übernehmen. Andere, darunter auch Starinvestor Bill Gross, warnen hingegen vor den Risiken, die solch ein kaum regulierter Markt mit sich bringen würde. Einen anderen Ausweg aus der Illiquidität könnten elektro- nische Plattformen bieten. „Wir sehen in der Tat, dass die Handelsvolumina hier gestiegen sind“, sagt Wasmund. Diese Systeme sind jedoch nicht in der Lage, sehr große Positio- nen auf einmal zu bewegen. Die Markttiefe fehlt. Bleiben große Investmentfonds, die den Handel theoretisch am Laufen halten könnten. „Die Konzentration in der Branche hat aber dazu geführt, dass weniger Player am Markt sind und große Bestände daher eher weniger gehandelt werden“, sagt Wolfgang Kuhn, Leiter Europäische Anleihen bei Aberdeen. Grundlegend anders stellt sich die Situation am Markt für Covered Bonds und europäi- sche Staatsanleihen dar. Hier verknappen die gewaltigen Ankaufprogramme der Noten- banken die Menge der handelbaren Papiere, treiben die Kurse nach oben und lassen die Renditen sinken. „Was europäische Covered Bonds angeht, so befinden sich inzwischen knapp 20 Prozent des relevanten Marktindex im Bestand der Notenbank“, erklärt Jan Holthusen, Leiter Zins- und Anleihenresearch der DZ Bank. EZB saugt den Markt leer Nicht besser sieht es im Segment der Euro- Staatsanleihen aus. „Seit die EZB ihr Kauf- programm im März gestartet hat, sind Anlei- hen von Euro-Staaten, Papiere von surprana- tionalen Institutionen sowie besicherte Bank- anleihen im Wert von rund 300 Milliarden Euro in den Bestand der Notenbank über- gegangen“, sagt Holthusen. Fast ein Viertel der Papiere machen Bundesanleihen aus. Wer die Effekte der EZB-Käufe auf die Liquidität an den Euro-Bond-Märkten richtig beurteilen möchte, sollte einen weiteren Aspekt imAuge haben. In den USA besteht immer noch ein Haushaltsdefizit, daher werden neue Anleihen emittiert. Im Euroraum ersetzen Staaten wie Deutschland lediglich auslaufende Bonds und legen keine weiteren Papiere auf. Damit verursachen die Anleihenkäufe der EZB im Unterschied zu den Kaufprogrammen der Fed zusätzliche Marktverzerrungen. Und: Anfang September gab EZB-Präsident Mario Draghi bekannt, die Notenbank werde künftig even- tuell 33 statt wie bisher 25 Prozent an jeder Neuemission aufkaufen. Zurück zu Buy-and-Hold Trockene Zeiten also für Rentenfonds. „Das sehe ich nicht ganz so“, sagt Jörn Wasmund. „Wichtig ist es, eine genaue Vorstellung vom inneren Wert einer Anleihe zu haben.“ Fonds- manager sollten jetzt sehr selektiv vorgehen, um auszuloten, welche Papiere durch die aktuelle Marktsituation zwar in Mitleiden- schaft gezogen worden sind, langfristig aber gute Renditen erwirtschaften können. „Bei eu- ropäischen High Yield Bonds oder Nachrang- anleihen können sich gerade jetzt gute Kauf- gelegenheiten ergeben“, sagt der Experte. Ähnlich sieht es Carsten Klude. „Wir setzen verstärkt auf Bond-Picking“, erklärt er. Dafür hat das Bankhaus sein Research-Team ver- stärkt. Eigentlich hatte sich Klude schon vom Buy-and-Hold-Ansatz verabschiedet, in der aktuellen Marktsituation gewinne er jedoch wieder an Bedeutung. Natürlich sei es mög- lich, über Derivate bestimmte Trends abzu- greifen. „Grundsätzlich möchten wir unsere Portfolios aber mit Anleihen ausstatten, deren Qualität es erlaubt, sie bis zur Endfälligkeit zu halten“, sagt er. Die Buy-and-Hold-Strategie können sich natürlich nur Investoren erlauben, die nicht in die Verlegenheit geraten können, große Posi- tionen verkaufen zu müssen. Genau darauf muss sich ein Manager eines Rentenfonds jedoch gefasst machen: Wollen seine Anleger ihr Geld zurück, muss er Kasse machen, egal ob er gerade einen guten Preis für seine markt & strategie I illiquide rentenmärkte Foto: © M.M. Warburg, Deutsche AWM Jörn Wasmund, Deutsche AWM: „Die Situation bietet Kaufgelegenheiten bei europäischen High Yields.“ Carsten Klude, M.M. Warburg: „Wir spüren bereits, dass der Markt für Corporate Bonds illiquide ist.“

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