FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

198 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 Fonds Finanz. „Weil es sich aber um eine gesetzliche Pflicht handelt, führt kein Weg daran vorbei, also haben sich die Vermittler mit der Situation arrangiert.“ Bei Beratern, die keine Mitarbeiter beschäf- tigen und auch keine teuren Marketingkam- pagnen fahren, dürfte sich der Aufwand in Grenzen halten. Wer die Kundendaten voll- ständig erfasst, seine Beratungsdokumentation ausfüllt und den Anleger ordnungsgemäß be- rät, erhält in der Regel das Testat. „Alle Prüf- berichte waren in Ordnung, es gab lediglich Kleinigkeiten zu bemängeln, wenn beispiels- weise ein Beratungsprotokoll nicht ganz voll- ständig war. Da half dann ein kurzer Dialog mit dem Berater“, so IHK-Mitarbeiter Paffen- holz. Von Prüfern angemerkte Pflichtverstöße gab es nur vereinzelt zu vermelden, so bei der Tiefe der Angemessenheitsprüfung und den statusbezogenen Erstinformationen (siehe In- terview Seite 200). In einigen Fällen vergaßen die Prüfer, ihre Unbefangenheit zu erklären. Ein nicht unwichtiger Punkt, da Prüfer und Vermittler weder finanziell noch rechtlich voneinander abhängig sein dürfen. Poolprüfungen Fast alle Pools schlossen Rahmenverträge mit bekannten Wirtschaftsprüfern ab und setz- ten auf Masse. Sie investierten in entsprechen- de Software und automatisierten die Schnitt- stellen zu den Systemen der Prüfer, damit die Unterlagen der Vermittler auf elektronischem Wege weitergeleitet werden konnten. Das Testat gab es dann schon mal für unter 350 Euro. Dies stößt bei manchen Szenekennern auf Kritik: „Wirtschaftsprüfer erzählen hinter vorgehaltener Hand, dass eine Prüfung für den Preis, den die angeschlossenen Berater zahlen, wirtschaftlich nicht möglich ist. Der Pool sub- ventioniert die Prüfung“, so Rainer Juretzek aus Bad Homburg, der als vereidigter Sach- verständiger auch prüfen darf. Beim automatischen Datentransfer ergeben sich hin und wieder Nachfragen, weil Belege oder Dokumentationen für einzelne Bera- tungsgespräche fehlen. Diesen Aufwand las- sen sich die Prüfer teils extra vergüten. Den- noch bleibt die standardisierte Prüfung erste Wahl. „Die Nachfrage nach der Prüfung durch unseren externen Partner der BDO Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist groß“, sagt Bröning. „Die Vermittler können die Unter- lagen über ein vollautomatisiertes Tool oder auch per DVD oder USB-Stick einreichen.“ Auch Jung, DMS & Cie. und Netfonds arbei- ten mit BDO zusammen. Einige engagierte Berater legen dagegen Wert auf den Dialog vor Ort – und nutzen den Prüfer als Sparringspartner. „Als GmbH konn- ten wir unsere grundsätzliche Positionierung überprüfen. Es hilft, wenn ein unabhängiger Berater die Prozesse vom ersten Kontakt bis hin zur Abschlussdokumentation analysiert“, sagt Michael Schwerdtle vom Kölner Anla- geberater Heysenberg. „Eine standardisierte Prüfung kann nie so gründlich sein wie eine Vor-Ort-Prüfung.“ Die Vermittler bekommen vor Ort Hinwei- se, wie sie beispielsweise die Kundendoku- mentation haftungsrechtlich sicher erstellen können. „Bei einer schlichten Prüfung verpas- sen viele solche Chancen. Oftmals sind im Protokoll kleine Macken, die man bereinigen kann“, erklärt Prüfer Juretzek. Dass einzelne Textpassagen in den Testaten nicht zu den ge- prüften Fällen passen, kommt – im Gegensatz zu den günstigen Massenprüfungen – bei den individuellen Testaten nicht vor. Die Tipps sind natürlich nicht umsonst, für Vor-Ort-Prü- fungen zahlt der Berater oftmals doppelt so viel wie beim automatischen Datentransfer. Die Gesellschaftsprüfung bei Heysenberg kostete beispielsweise rund 1.500 Euro. Systemprüfungen An einigen Beratern ist die Prüfung auch spurlos vorübergegangen. „Ich habe von der neuen Prüfung überhaupt nichts mitbekom- men. Das Mutterhaus hat sich um alles ge- kümmert“, berichtet ein selbstständiger Bera- ter einer großen deutschen Ausschließlich- keitsorganisation. Kein Einzelfall, denn Ver- treter, die in das interne Kontrollsystem ihres Anbieters eingebunden sind, profitieren von den sogenannten Systemprüfungen. Dabei nimmt der Prüfer nur die Kontroll- systeme der Mutter genau unter die Lupe, während die angeschlossenen Berater bloß stichprobenartig kontrolliert werden – zumin- vertrieb & praxis I 34f-prüfberichte Foto: © Heysenberg Private Investment Office Michael Schwerdtle, Heysenberg: „Fraglich ist, ob Schmalspurprüfungen vor Gericht belastbar sind.“ Was das Kleinanlegerschutzgesetz für Vermittler bedeutet Übergangsfristen Kleinanlegerschutzgesetz Vermittler von ... Übergangsfrist 1 endet am: Sachkundenachweis bis: … partiarischen Darlehen 31. Dezember 2015 1. Juli 2016 … Nachrangdarlehen 31. Dezember 2015 1. Juli 2016 … ausgewählten Direktinvestments 2 14. Oktober 2015 15. Oktober 2015 1 für den Vertrieb ohne Erlaubnis gem. § 34f Abs. 1 Nr. 3 GewO | 2 sonstige Anlagen, die einen Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung gewähren oder im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld einen vermögenswerten, auf Barausgleich gerichteten Anspruch vermitteln Quelle: Going Public Gesetz: Mit dem Kleinanlegerschutzgesetz gelten seit 10. Juli auch neue Regeln für Finanzanlagenvermittler: Wer Nachranganleihen, partiarische Darlehen oder Direkt- investments vermitteln will, benötigt künftig eine Erlaubnis nach Paragraf 34f Absatz 1 Nummer 3 der Gewerbeord- nung (GewO). Eine entsprechende Lizenz hatten per Ende Juni nur 6.186 von insgesamt gut 36.000 Finanzanlagen- vermittlern. Früher genügte ein Gewerbeschein bezie- hungsweise eine Erlaubnis nach Paragraf 34c GewO, um diese Anlagen zu vertreiben. Übergangsfristen: Vermittler sollten sich bei Bedarf rasch um eine neue Lizenz kümmern, denn die Über- gangsfristen sind knapp bemessen. Die genaue Frist hängt von den bislang vorliegenden Erlaubnissen und ausgeübten Tätigkeiten ab. „Ab Mitte Oktober müssen Berater, die Direktinvestments vermitteln, eine gültige 34f- Erlaubnis der Kategorie 3 besitzen“, so Frank Rottenba- cher vom AfW Bundesverband. Etwas länger Zeit haben Vermittler von partiarischen Darlehen oder Nachrang- darlehen (siehe Tabelle). Die Erlaubnis muss bis Jahres- ende beantragt werden. Die notwendige Sachkunde ist spätestens bis Anfang Juli 2016 nachzuweisen. „Alte Hasen“: Strittig ist, was mit sogenannten „Alten Hasen“ passiert. Die IHKs lassen ab diesem Jahr die Al- te-Hasen-Regelung, die langjährigen Vermittlern ein ver- einfachtes Erlaubnisverfahren ermöglichte, nur noch für die bereits erteilten und nicht mehr für die neu regulierten Produktgruppen gelten. Dies sorgt in der Branche für Unmut: „Einmal alter Hase – immer alter Hase!“, meint Rechtsanwalt Norman Wirth. Er rät, auch bei der erfor- derlichen Erweiterung auf die Alte-Hasen-Regel zu be- stehen: „Notfalls gerichtlich im vorläufigen Rechtsschutz.“

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