FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015
200 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 dest alle vier Jahre sollte aber jeder einmal drankommen. Fallen innerhalb der Stichprobe zu viele Mängel auf, schaut der Wirtschaftsprüfer nochmals genauer hin. Wo genau die tolerier- bare Grenze liegt, ist noch nicht festgelegt, da die Möglichkeit zur Systemprüfung erst im vergangenen Jahr eingeräumt wurde. Im An- wendungsbereich des Wertpapierhandelsge- setzes liegt die Bagatellgrenze bei fünf Pro- zent. Gibt es mehr Berater, die schlampig ge- arbeitet haben, nimmt man weitere Kollegen unter die Lupe. Engagierte Berater sehen das kritisch: „Wenn nur eine geringe Gefahr be- steht, geprüft zu werden, kann man die Prüf- pflicht nicht ernst nehmen“, so Finanzberater Schwerdtle. „Fraglich ist, ob solche Schmal- spurprüfungen vor Gericht belastbar sind.“ Das erste Prüfungsjahr galt vielen als Pro- belauf. Bußgelder wurden, wenn überhaupt, nur zurückhaltend verhängt. „Ich verstehe, dass im ersten Prüfungsjahr nicht die Keule ausgepackt wird“, sagt Schwerdtle. „Doch für die Überprüfung des Jahres 2014 sollte sich dies relativieren. Sonst könnte man bei den IHKs an der Ernsthaftigkeit der Bemühungen zweifeln.“ MARCUS HiPPlER | FP vertrieb & praxis I 34f-prüfberichte Foto: © BDO Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Thomas Volkmer | BDO „ Bußgeldkatalog wie bei Verkehrsverstößen“ Thomas Volkmer, Partner der BDO Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Köln, über seine ersten Erfahrungen mit den Prüfberichten für Finanzanlagenvermittler und die Frage, worauf die Berater verstärkt achten sollten. H err Volkmer, mittlerweile ist ein Prüfungsjahr vergangen. Wie sind Ihre Erfahrungen? Thomas Volkmer: Das erste Jahr der Prüfung war durch erhebliche Unsicherheiten sowohl auf Seiten der Vermittler als auch auf Seiten der Prüfer geprägt. Vielen Beratern wurde erst am Jahresende 2014, also kurz vor Ab- lauf der Frist, bewusst, dass sie sich für das Geschäftsjahr 2013 prüfen lassen müssen. Einige mussten von ihren Erlaubnisbehörden hierauf explizit hingewiesen werden, sodass Prüfungen für 2013 noch bis zum jetzigen Zeitpunkt (August 2015) durch uns erfolgen. Einzelne Erlaubnisbehörden forderten Infor- mationen im Prüfungsbericht, die über den für uns als Wirtschaftsprüfer maßgeblichen Prüfungsstandard des IDW PS 840 hinaus- gingen. Zukünftig ist hier ein verbindlicher Beurteilungsmaßstab wünschenswert, der sich am Standard der Wirtschaftsprüfer aus- richtet. Dieser sollte auch für Steuerberater und Rechtsanwälte verpflichtend sein. Waren die Berater artig und haben sich an die Vorschriften gehalten? Wir haben zwar bei unseren Prüfungen den einen oder anderen Verstoß gegen die Rege- lungen der Paragrafen 12 bis 23 der Finanz- anlagenvermittlungsverordnung festgestellt, im Großen und Ganzen zeigt sich aber, dass die erweiterten Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten durch die Vermittler eingehalten werden. Als hilfreich erweisen sich hier die von Produktanbietern, Pools und sonstigen Vertriebspartnern zur Verfügung gestellten Musterberatungsdokumente, die in der Regel die bestehenden Verordnungs- pflichten berücksichtigen. Worauf sollten die Vermittler bei der täglichen Arbeit verstärkt achten? Herausforderungen für den einzelnen Ver- mittler ergeben sich bei der Dokumentation der statusbezogenen Erstinformation und bei der Tiefe der vorzunehmenden Angemessen- heitsprüfung im Falle der Anlageberatung. Diese ist nach demWortlaut der Verordnung „soweit erforderlich“ vorzunehmen, sodass hier Spielraum für Interpretationen besteht. Vielen Vermittlern sind oftmals nicht die un- terschiedlichen Pflichten bei der Anlagebera- tung und -vermittlung bekannt. Einige be- schränken sich auf die Anlagevermittlung, um den erhöhten Pflichten aus der Anlagebe- ratung zu entgehen. Hier kann der Nachweis einer ausschließlichen Anlagevermittlung im Haftungsfall eventuell misslingen. Dieses Ri- sikos sollten sich die Vermittler bewusst sein. Darüber hinaus hat sich die Pflicht zur Anga- be der erhaltenen Zuwendungen als schwierig erwiesen. Aufgrund komplexer Provisions- systeme ist die Angabe zum Zeitpunkt der Vermittlung beziehungsweise Beratung oft- mals nur mit langwierigen Berechnungen möglich. Hierauf haben Pools und Vertriebs- obergesellschaften schnell reagiert und ma- schinelle Lösungen entwickelt, die die Anfor- derungen an die Offenlegung der Zuwendun- gen berücksichtigen. Was können die Prüfungsinstanzen noch verbessern? Aus unserer Sicht wäre es hilfreich, wenn die IHKs und Gewerbeämter verbindliche und einheitliche Beurteilungsmaßstäbe bei ihrer Prüfung anlegen würden. Einzelne IHKs und Gewerbeämter reagieren auf aus unserer Sicht unwesentliche Feststellungen scharf, während andere wiederum bei einem identi- schen Sachverhalt keinerlei Reaktion gezeigt haben. Dies sollte durch einen die Verord- nung konkretisierenden „Bußgeldkatalog“, ähnlich wie bei Verkehrsverstößen, bundes- weit einheitlich geregelt werden. Sicherlich kann auch noch das gegenseitige Verständnis zwischen Prüfer und Erlaubnisbehörde wach- sen. Trotz des für Wirtschaftsprüfer verbind- lichen Prüfungsstandards des IDW scheinen dessen Vorgaben sowie der Inhalt und die Aussage des Prüfungsberichts nicht immer allen Erlaubnisbehörden bekannt zu sein. Thomas Volkmer, BDO: „Das erste Jahr der Prüfung war durch erhebliche Unsicherheiten geprägt.“
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