FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015
210 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 vertrieb & praxis I herausforderungen für die fondsindustrie Foto: © Bernd Juergens | Dreamstime.com B jörn Dreschers Studie ist ebenso unge- wöhnlich wie aufschlussreich. Für sei- ne Untersuchung über Trends und an- stehende Veränderungen in der Fondsbranche hat der geschäftsführende Gesellschafter des Analyse- und Beratungshauses Drescher & Cie. nicht wie üblich Fragenbögen an Invest- mentgesellschaften verschickt, sondern mit 40 leitenden Managern der Branche ausführliche Einzelgespräche geführt. Die daraus gewon- nenen Erkenntnisse hat er im Gespräch mit FONDS professionell zusammengetragen (siehe Kasten). Sein zentrale, für viele nicht überraschende, aber dennoch beunruhigende Erkenntnis: Nur noch sehr wenige Führungskräfte betrachten den Patienten Fondsindustrie als vollkommen gesund. „Die meisten sehen das Fondsge- schäft, das in der Vergangenheit vom Beta des Marktes durchaus sehr gut gelebt hat, vor enormen Veränderungen, auf die man sich als Player in diesem Bereich schleunigst einstel- len muss“, bringt es Drescher auf den Punkt. Die Problematik ist allerdings komplex: Zum einen sind Kunden immer besser informiert, zum anderen hat die gesamte Branche im Nachgang zu den Geschehnissen und Skanda- len rund um die mittlerweile bereits sieben Jahre hinter uns liegende Finanzkrise noch immer mit einem erheblichen Imageproblem zu kämpfen und steht zudem unter Leistungs- und Kostendruck. Und daraus ergibt sich als Konsequenz der nächste Problemkreis: das Thema Regulierung. „Daher ist es auf den ersten Blick eigentlich noch nicht einmal be- sonders bemerkenswert, dass dieser Aspekt von tatsächlich allen 40 Befragten als einer der wichtigen Treiber gesehen wird, die die Industrie in den kommenden Jahren beschäf- tigen werden“, so Drescher. „Was mich aller- dings schon überrascht hat, das ist die Tiefe und die Komplexität innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette, mit der dieses Thema in die Branche eingedrungen ist und als Her- ausforderung verstanden werden muss.“ Eine zentrale Hürde: Zinsen Rund drei Viertel der befragten Asset Ma- nager sehen daneben eine der größten zu be- wältigenden Aufgaben in der Beherrschung der Märkte und der künftigen Produktgestal- tung angesichts anhaltend niedriger Zinsen. Die Anbieter stehen vor der Herausforderung, in einem solchen Umfeld mit Balanced-Pro- dukten – hier besteht die größte Nachfrage – für die Kunden einen Ertrag von vier Prozent nach Kosten zu erwirtschaften. Nahezu un- möglich erscheint es inzwischen, defensiv ausgerichtete Fonds so zu verwalten, dass die- se die zumindest erforderlichen schwankungs- armen zwei Prozent Rendite abliefern. Immerhin hat die aktuelle Zinssituation nicht nur Nachteile. Sie macht es Produktent- wicklern und Managern zwar schwer, neue Fonds zu konzipieren und zu verwalten, sie reduziert aber auch die Erwartungen der Kun- den. Kaum ein Manager nennt Performance- druck als wahrgenommenes Problem. „Dieses Thema wurde bei der ungestützten Frage nach den Treibern der Fondsindustrie nur unter fer- ner liefen genannt“, so Drescher. Zumindest ein Teil der befragten Manager hält es für möglich, dass Fondsanbieter eine Vorteil aus der Situation ziehen könn(t)en. Asset Manager sind in der Lage, so ihr Argu- ment, notfalls Short-Positionen eingehen, um zusätzliche Erträge zu erzielen; eine Möglich- keit, die Banken und Versicherungen als den Hauptwettbewerbern nicht zur Verfügung steht. Allerdings, so meint Drescher, ist die Branchenkenner Björn Drescher hat sich bei 40 Fondsanbietern umgehört, was die Branche derzeit bewegt. Auch auf Finanzberater kommen Änderungen zu. Unter Druck Regulierung, Magerzinsen, Digitalisierung, Margendruck: Das alles bringt die Geschäftsmodelle der Investmenthäuser unter Druck. Hilflos ausgeliefert sind sie diesen Entwicklungen jedoch nicht. Im direkten Gespräch Insgesamt 40 ausführliche Gespräche mit leitenden Ma- nagern aus Vorstand, Geschäftsführung und Vertrieb von in Deutschland und Österreich aktiven Fondsgesellschaf- ten unterschiedlicher Größenordnung hat Björn Drescher geführt, der Gründer der Beratungsgesellschaft Drescher & Cie. Statt der üblichen schriftlichen Erhebung über einen Fragenkatalog hat er dabei das persönliche Gespräch gesucht. Seine Zusage an seine Gesprächspartner: Die Ergebnisse werden anonym ausgewertet, nur autorisierte Zitate können veröffentlicht werden. „Die Anonymiät hat es den Befragten durchaus leichter gemacht, gerade die kritischen Punkte anzusprechen, die aus ihrer Sicht die Fondsindustrie in den kommenden Jahren beschäftigen werden“, so Drescher, der die Ergebnisse seiner als „Peilung 2020“ benannten Studie als Workshop für inter- essierte Asset Manager und Vertriebsgesellschaften an- bietet. Im Herbst soll eine ähnliche „Anbieter-Studien- reise“ bei institutionellen Fondsanbietern stattfinden.
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