FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

254 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 Rechtsdienstleistungen dann erbringen dürfen, wenn sie im Zusammenhang mit einer ande- ren Haupttätigkeit stehen und als reine Neben- leistungen zu bewerten sind. Absatz 2 des Pa- ragrafen legt fest, dass Rechtsdienstleistungen, die im Rahmen einer Testamentsvollstreckung erbracht werden, auch dann unbedenklich sind, wenn sie nicht von Juristen erbracht wer- den. Im Estate Planning ist die Lage nicht ganz so eindeutig. „Gute Nachlassplaner sehen natürlich, wenn zum Beispiel ein Berliner Testament später Probleme verursacht und geändert wer- den müsste“, erklärt Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der Deut- schen Vereinigung für Erbrecht und Vermö- gensnachfolge (DVEV). Darüber dürfen sie den Kunden auch aufklären. „Aber sie dürfen das Testament nicht selbst neu schreiben.“ Ebenso wenig dürfen sie die endgültige Höhe der Erbschaftsteuer ausrechnen, die anfällt, wenn etwa ein Unternehmen übertragen wird. Das ist einzig und allein Sache des Steuer- beraters. „Wer hier Fehler macht, handelt sich leicht großen Ärger ein“, sagt Bittler. Hilfreiches Netzwerk Rolf Tilmes, Inhaber des Stiftungslehrstuhls für Private Finance &Wealth Management an der European Business School und Vorstands- vorsitzender des Financial Planning Standard Board (FPSB), weiß, wovon die Rede ist. „Nachlassplaner brauchen eine fundierte Aus- bildung“, sagt er. Bundesweit bieten sechs Institute Kurse für Estate Planning an (siehe Tabelle S. 253). Zwar variieren die Bezeich- nungen der Abschlüsse sowie Dauer und Kos- ten der Ausbildung, die Inhalte sind aber nahezu deckungsgleich. Bei zwei Vereinen können sich Nachlassplaner auch zertifizieren lassen (siehe Kasten). Volker Reichardt hat das Zertifikat des FPSB „Certified Foundation und Estate Planner“ (CFEP). „Ich denke dass, eine gute Ausbildung auf jeden Fall sinnvoll ist“, sagt er. Noch wichtiger sei aber der rich- tige Umgang mit den Kunden. „Das Zweite, was Estate Planner brauchen, ist ein großes Expertennetzwerk“, erklärt Rolf Tilmes. „Sehe ich zum Beispiel, dass auf die Erben eines Kunden eine hohe Erbschaft- steuer zukommt, kann ich fragen, ob er sein Testament ändern möchte.“ Und ihn gegebe- nenfalls an einen Fachanwalt aus dem eigenen Netzwerk vermitteln. Soll das Testament so bleiben, wie es ist, schickt der Estate Planner den Kunden zu einem Steuerberater, mit dem er zusammenarbeitet. Und danach zum Ver- mögensberater, der für die berechnete Erb- schaftsteuer eine Risikolebensversicherung abschließt. „Gutes Estate Planning funktio- niert als Schnittstelle“, erläutert Tilmes. Ein Rechtsanwalt sieht nur das Testament, ein Steuerberater nur die Steuer, und der Vermö- gensberater weiß von der Rechtslage nichts. Der Estate Planner aber hat immer all diese Bereiche im Blick. Produktverkauf erlaubt „Ob er dabei auch noch Finanzprodukte verkaufen sollte, sehen Experten unterschied- lich“, sagt Tilmes. Er selbst findet: Warum nicht? Rechtlich ist das zumindest kein Pro- blem, allerdings variieren die Vergütungs- modelle. So bekommt etwa Nachlassplaner Heinz Ripperger bei der Mainzer Volksbank ein Festgehalt und Provisionen für verkaufte Anlageprodukte. Die Beratung im Estate Planning bietet die Bank unentgeltlich an, sie dient als Instrument zur Kundenbindung. Vol- ker Reichardt erhält bei der Sparkasse Düs- seldorf ein Fixum und keinerlei Provisionen für seine Leistungen im Estate Planning. Auch wenn er später als Testamentsvollstrecker eingesetzt wird, fließen seine Erträge aus der Erbmasse der Sparkasse zu. „Ich sehe die Vorteile von Estate Planning oder auch einer Ausbildung zum Testaments- vollstrecker gar nicht in einem kurzfristigen Zusatzverdienst“, sagt Reichardt. „Vielmehr erkenne ich mit Blick auf die Altersstruktur unserer Kunden, dass das ein echtes Zukunfts- thema ist.“ Und Erika Beringer ist sich sicher: „Wenn es jemanden gegeben hätte, der mich vor der Misere mit dem Berliner Testament bewahrt hätte – dem würde ich mein Leben anvertrauen.“ ANDREA MARTENS | FP vertrieb & praxis I nachlassplanung Foto: © Sparkasse Düsseldorf Vereine und Zertifikate Für Nachlassplaner ist es sehr wertvoll, auf ein großes Expertennetzwerk zurückgreifen zu können. Dazu gehören Fachanwälte für Erbrecht und Steuerberater ebenso wie An- lageberater, Vermögensverwalter, andere Estate Planner und Testamentsvollstrecker. Gute Kontakte bieten unter anderem die folgenden Vereine, die Estate Planner, Generationenberater und Testamentsvoll- strecker zum Teil auch zertifizieren. Arbeitsgemeinschaft Testaments- vollstreckung und Vermögenssorge e.V. (AGT): Der Verein wurde 1997 ge- gründet. Seine Mitglieder sind Testa- mentsvollstrecker, Fachanwälte, Bankbe- rater u.a. Der AGT zertifiziert Testaments- vollstrecker bei Nachweis theoretischer und praktischer Kenntnisse. Bedingungen: mindestens zwei Jahre Tätigkeit unter anderem als Jurist, Steuerberater, Estate Planner (CEP), drei Testamentsvoll- streckungen. Zertifizierungslehrgang und Prüfung beim Kölner Anbieter Fachsemi- nare von Fürstenberg. Kosten: 1.490 Euro zzgl. MwSt. www.agt.de Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e.V. (DEVD): Der Verein mit Sitz im badischen Angelbachtal besteht seit 1995. Mitglieder sind Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Testamentsvollstrecker, Nachlasspfleger. www.erbrecht.de Verein der Estate Planner Deutsch- land e.V. (VEPD): Der VEPD wurde 2001 gegründet. Zu seinen Mitgliedern zählen Estate Planner, Bankberater, freie Finanzberater, Steuerberater und Rechts- anwälte. Der VEPD zertifiziert Generatio- nenberater und Estate Planner, die ihre Ausbildung beim Gene Fachinstitut für Vermögens- und Unternehmensnachfolge absolviert haben. Voraussetzungen: Mit- gliedschaft im VEPD, umfangreiche Pra- xiserfahrung, die anhand von klar doku- mentierten Fällen nachgewiesen werden muss. Kosten: 200 Euro Aufnahmegebühr, 200 Euro Mitgliedsbeitrag pro Jahr (ent- fällt im Jahr der Aufnahme), 250 Euro Prüfungsgebühr. www.vepd.de Financial Planning Standard Board e.V. (FPSB): Das FPSB besteht seit 1997. Hier sind zertifizierte Finanzplaner (Certified Financial Planner, CFP) und zer- tifizierte Estate Planner (Certified Founda- tion and Estate Planner, CEFP) zusam- mengeschlossen. Das FPSB zertifiziert Estate Planner, die ihre Ausbildung bei der Private Finance/EBS Finanzakademie oder der Frankfurt School of Finance and Ma- nagement absolviert haben. Diese Institute sind beim FPSB akkreditiert. Vorausset- zungen: Mitgliedschaft im FPSB, Prüfung. Kosten: 300 Euro Aufnahmegebühr, 200 Euro Mitgliedsbeitrag in dem Jahr, in dem das Zertifikat erworben wird, danach 400 Euro jährlich. www.fpsb.de Volker Reichardt, Estate Planner: „Beim Thema Erben und Vererben besteht ein enormer Beratungsbedarf.“

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