FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

278 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 dere Anleger. Er übernimmt deren Verluste bei negativen Marktentwicklungen. Dafür be- kommt er in ruhigen Zeiten eine Prämie“, sagt der Münchner Vermögensverwalter Thomas Freiberger. „Das Problem besteht darin, dass die Prämien über mehrere Jahre verdient wer- den müssen, um die verhältnismäßig hohen Verluste als ,Versicherung‘ – wie im Oktober 2008 – auszugleichen.“ Freiberger hält eine solche Strategie daher für grundsätzlich falsch. Mit einem passiven, global investierten Port- folio aus Aktien und Anleihen könne man dauerhaft bessere Ergebnisse erzielen, ist er überzeugt. Beimischung Auf die Idee, das Kapital seiner Kunden vollständig in Zertifikate zu investieren, kommt aber ohnehin kaum ein Vermö- gensverwalter. Die in Gesprächen mit der Redaktion genannte maximale Allokation liegt bei einem Drittel. Die Mehrheit der Zertifikatebefürworter nutzt die Produkte zudem nicht durchgehend, sondern nur, um in bestimmten Situationen an den Ak- tienmärkten Zusatzrenditen zu generieren – oder eben in Zeiten dauerhaft niedriger Anleihenrenditen. Wann Zertifikate ins Depot kommen, hängt außerdem entscheidend von den Kaufkonditionen ab, für die Parameter wie die Volatilität, die Dividenden und das Zinsniveau eine wichtige Rolle spie- len. Sowohl die Volatilität als auch die Dividenden sorgten in den vergangenen Jahren tendenziell für günstige Zertifika- tekonditionen. Dass die Papiere dennoch in den Depots deutscher Vermögensverwalter kaum eine Rolle spielen, liegt neben dem er- wähnten Emittentenrisiko auch an einigen an- deren Besonderheiten dieser Produktklasse. Kritik an der Konstruktion „Es ist für Anleger fast unmöglich, die ma- thematische Konstruktion eines Zertifikats und die meist sehr hohen eingearbeiteten Ge- winnspannen für die emittierende Bank nach- zuvollziehen“, sagt Rainer Laborenz, Ge- schäftsführer des Offenburger Finanzport- folioverwalters Privatinvestor Vermögensma- nagement. „Je komplexer die Produkte, desto einfacher ist es für die emittierende Bank, ver- steckte Margen einzubauen“, kritisiert Felix Brem, Gründer und Aufsichtsratsvorsitzender der deutsch-schweizerischen Vermögensver- waltung BN & Partners. Daher rät er, kom- plexere Strukturen zu meiden und stattdessen auf einfache und transparente Produkte wie Discountzertifikate zu setzen, was der größte Teil der Vermögensverwalter ohnehin tut: Denn selbst intensive Nutzer der strukturierten Produkte, die aus einer Kombination mehrerer und zum Teil exotischer Optionen bestehen, räumen ein, dass einige Zertifikate sehr kom- pliziert, intransparent und damit schwer zu beurteilen seien. Bemühen um Transparenz „Bei Bonus- und Discountzertifikaten kön- nen Emittenten wegen der einfachen Struktur, die auch für Laien durchaus zu verstehen ist, so gut wie keine zusätzlichen Kosten ver- stecken“, betont Thomas Buckard, Vorstand der Michael Pintarelli Finanzdienstleistungen und Mitglied im Vorstand des Verbandes un- abhängiger Vermögensverwalter. Möglicher- weise versteckte Kosten kämen durch einen Vergleich mit anderen Produkten, die ähnliche Parameter haben, zutage. Lutz Johanning, Professor an der WHU – Otto Beisheim School of Management, erwähnt zudem die jüngste Transparenzoffensive des Branchen- verbandes DDV, zu der auch die Veröffent- lichung des Issuer Estimated Value (IEV) gehört. Diese Kennzahl zeigt quasi den inne- ren Wert eines Zertifikats an und hilft Anlegern zu erkennen, welche Marge in dem Produkt steckt. Kontrolle des Emittentenrisikos Berater, die Zertifikate trotz ihrer spezifi- schen Schwächen einsetzen, bemühen sich vor allem darum, ihre wirkliche Achillesferse zu beobachten. Zertifikate sind Inhaber- schuldverschreibungen, die bei der Insol- venz der ausgebenden Bank wertlos wer- den können, daher überprüfen Vermö- gensverwalter laufend die Bonität der Banken, deren Derivate in den Kunden- depots liegen. Dazu beobachten sie bei- spielsweise die Kurse von Kreditausfall- versicherungen (Credit Default Swaps), mit denen sich die Ausfallwahrschein- lichkeit von Bankanleihen messen lässt. „Wir haben eine Emittentenampel, die täglich berechnet wird. Bei Gelb stoppen wir den Kauf von Zertifikaten eines Emittenten, bei Rot veräußern wir sie so- fort“, sagt Buckard – die Erinnerung an den Fall Lehman Brothers wird uns noch sehr lange begleiten. JENS BREDENBALS | FP vertrieb & praxis I zer tifikate Foto: © Ulrich Schepp, Jens Braune Felix Brem, BN & Partners: „Je komplexer die Produkte, desto einfacher ist es, versteckte Margen einzubauen.“ Thomas Buckard, Pintarelli: „Wir haben eine Emittenten- ampel, die täglich berechnet wird.“ Auszahlungsprofil Discountzertifikat Die Grafik zeigt, welche Rendite ein Anleger mit einem Discountzer- tifikat abhängig von der Entwicklung des Basiswerts, etwa einer Ak- tie, erwirtschaftet. Der Discount bietet einen Puffer vor geringen Verlusten. Steigt die Aktie jedoch über den sogenannten Cap, wäre der Anleger mit einem Direktinvestment besser gefahren. Quelle: WGZ 0 % –100 % 100 % 20 % 40 % 60 % 80 % –80 % –60 % 20 Euro 40 Euro 60 Euro 80 Euro 100 Euro 120 Euro 140 Euro 160 Euro 180 Euro –40 % –20 % Referenzpreis  Performance Zertifikat Basiswert Basiswert bei Emission Höchstbetrag/ Cap Emission Ausgabepreis Discount    

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