FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

283 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 das nur im persönlichen Kontakt möglich ist. Heute zeigen sich die Kunden neuen techno- logischen Optionen gegenüber zunehmend aufgeschlossen – ermutigt durch positive Er- fahrungen mit Informationstechnologie in anderen Lebensbereichen. Verzicht auf Anlageberatung Zumindest derzeit kommen die Online- angebote jedoch noch nicht bei jedem an: Laut Marktforschungsinstitut Yougov bleibt für rund 40 Prozent der Deutschen die persön- liche Beratung unverzichtbar. Insbesondere in der Generation 50 plus, die über erhebliche anlagefähige Mittel verfügt, bestehen noch Vorbehalte gegenüber dem Netz. „In Sachen Internet und Geldanlage bin ich eher konser- vativ. Ich traue mich kaum ans Onlinebanking heran. Eine Anlage über beispielsweise 50.000 Euro würde ich niemals über das Netz tätigen“, so eine Volksbankkundin aus Köln. „Das Internet ist mir zu unsicher.“ Auch auf Seiten etablierter Finanzberater wird Kritik laut: „Ein kleines Videofilmchen von 75 Se- kunden Länge und eine im Kleingedruckten versteckte Warnung reichen nicht aus, um den Anlegern ein bedarfsgerechtes Produkt zu ver- mitteln. Dafür ist eine umfassendere Auf- klärung nötig“, sagt ein Kölner Vermögens- verwalter, der nicht genannt werden möchte. In der Tat: Die meisten Geldanlage-Fin- techs sind zwar mit einer Erlaubnis als Fi- nanzanlagenvermittler nach Paragraf 34f Ge- werbeordnung (GewO) ausgestattet, sie dür- fen also eine Anlageberatung anbieten. Genau das wollen sie jedoch nicht – aus rechtlicher Sicht belassen sie es bei einer Vermittlung, um etwa die lästige Protokollpflicht zu umgehen. Auf eine Anlageberatung verzichtet auch Scalable Capital, ein Start-up aus München, das noch in diesem Herbst erstes Geld von Kunden einsammeln möchte. „Wir unterstüt- zen unsere Kunden bei Fragen, ob per E-Mail oder Telefon, selbstverständlich kostenlos. Wir bieten aber bewusst keine Anlageberatung an“, sagt Erik Podzuweit, einer der vier Grün- der. Seine Kollegen hat er bei Goldman Sachs kennengelernt. „Freunde und Bekannte haben uns oft zu ihrer privaten Geldanlage befragt, und leider fehlte uns auf die Frage ‚Was soll ich mit meinem Geld machen?‘ eine gute Antwort“, sagt er. „Banken sind zu teuer, zu vertriebsorientiert und zu umständlich, selber machen kostet zu viel Zeit und Nerven. Sca- lable Capital ist nun unsere Antwort.“ Scalable bietet ab 10.000 Euro eine Ver- mögensverwaltung auf ETF-Basis an, die auf die persönliche Risikoneigung des Kunden zugeschnitten ist und laufend überwacht wird. Dafür fallen 0,75 Prozent im Jahr an. Seit An- fang Juli verfügt Scalable über eine BaFin- Erlaubnis gemäß Paragraf 32 Kreditwesen- gesetz, ist also ein „richtiger“ Finanzportfo- lioverwalter – anders als die Wettbewerber, die mit Gewerbeerlaubnis arbeiten. Abheben will sich Scalable vor allem mit der ausgefeil- ten Risikomanagementtechnologie, die von Stefan Mittnik, Professor an der Münchener LMU, entwickelt wurde. Sie soll helfen, die Geldanlage mit Blick auf die vom Kunden gewählte Risikokategorie zu optimieren. „Risiko ist die Währung, um langfristige Per- formance einzukaufen, und unsere Kunden entscheiden selbst, wie viel Risiko sie auf den Tisch legen wollen“, sagt Scalable-Mitgründer Florian Prucker. Mögen die dahinterliegenden Konzepte noch so ausgefeilt sein, der auf den ersten Christian Rieck, Finanzwissenschaftler: „Bisher hatte die Branche Glück, denn Finanzprodukte sind nicht sexy.“ Auswahl von Fintechs aus dem Bereich Vermögensanlage Quirion Wikifolio Sutor Privatbank Portfolio Just ETF Scalable Capital quirion.de wikifolio.com sutorbank.de justetf.com https://de.scalable.capital/ Bank (Angebot IT-Dienstleister Bank Informationsportal § 32 KWG der Quirin Bank) Quirin Bank Kundendepot Sutor Bank Kundendepot Baader Bank ETFs, Dimensional-Fonds Zertifikate Fonds ETFs ETFs 11 3.718 4 Diverse Musterportfolios 20 Risikokategorien inklusive Gebühren der Hausbank Inklusive Individuell Inklusive 0,48 % 0,95 % jährlich plus 1,19 bis 1,96 % Basisversion frei, sonst je nach Paket 0,75 % individuelle Kaufspesen 9,90 bzw. 69,90 Euro pro Monat Keine 5 bis 30 % 2 Keine Keine Keine Telefonische Einrichtungsgebühr Eher als Infodatenbank Will noch im Herbst 2015 starten Honorarberatung 15 Euro und Analysetool zu sehen Quelle: Angaben der Unternehmen auf deren Webseiten | Stand: August 2015 Thomas Schalow, Wertios: „Wer nur auf Technik setzt, blendet 90 Prozent der potenziellen Zielgruppe aus.“

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