FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015
einen Drittfonds entscheidet, ist dort das kom- plette Universum verfügbar, und die Order läuft direkt in die Bücher von Attrax. Wir ha- ben dabei keinen direkten Kontakt zum End- kunden, den wir im Normalfall gar nicht ken- nen. Der Kern unserer Leistung, Ordering und Provisionsinkasso mit Hunderten KVGs sau- ber abzuwickeln, wird von den Genossen- schaftsbanken aber eher als Hygienefaktor wahrgenommen. Für sie liegt der Mehrwert, den wir bieten, eher in der Begleitung des Vertriebs. Gegenüber institutionellen Kunden vermarkten wir hingegen mehr unsere Broke- rage- und Custody-Kompetenz. Angefangen bei der Fondsbeschaffung, dem Orderprozess bis hin zum Inkasso der Provisionen und der Erstellung der gesamten Vertragswerke. Die Zusammenarbeit mit institutionellen Kunden auch außerhalb des Genossen- schaftssektors ist das zweite Standbein der Attrax. 2009 haben Sie zudem die komplette Fondsbeschaffung für die Dachfonds der Union Investment über- nommen. Wie hat sich dieser Bereich entwickelt? Reicke: Die Ausweitung unseres Geschäfts- modells war extrem wichtig. Union Invest- ment genießt einen hervorragenden Ruf. Hier erhöhen wir gegenüber Dritten automatisch unsere Reputation, was uns bei der Kunden- gewinnung hilft. Wir arbeiten derzeit mit 200 institutionellen Kunden in Deutschland, Öster- reich und der Schweiz zusammen. Das sind in erster Linie Privatbanken, Depotbanken, Versicherer und Vermögensverwalter, die mit unserem Know-how ihre Prozesse im Fonds- vertrieb optimieren. Insgesamt betreuen wir in diesem Bereich 24 Milliarden Euro Bestän- de, wovon etwa die Hälfte auf die Dachfonds von Union Investment entfällt. Angesichts des großen Wettbewerbs pro- pagieren Marktbeobachter schon seit Langem ein Plattformsterben. Wie sehen Sie den Markt? Reicke: Aus unserer Sicht wird es zu einer Konzentration unter den Plattformen und ver- stärkt oligopolistischen Strukturen kommen. Das ist nur eine Frage der Zeit. Beim Thema Einkaufsgemeinschaft und Volumen spielen Skaleneffekte eine große Rolle. Angesichts der Entwicklung, die wir genommen haben, sind wir aber sehr optimistisch, dass wir an diesem Prozess aktiv teilnehmen werden. Spielt ein Provisionsverbot im Vertrieb in Ihren Planungen bereits eine Rolle? Reicke: Wir sehen hier keinen unmittelbaren Handlungsbedarf, dennoch beschäftigen wir uns natürlich mit der Frage, ob unsere Kun- den bereit wären, für unsere Dienstleistungen zu zahlen, und wie wir unser Preismodell modifizieren müssten. Bisher basiert unser Modell auf einer Mischkalkulation. Im We- sentlichen erhalten wir vom Kunden einen Teil vom Ausgabeaufschlag und der Retro- zession. Sollte es in ferner Zukunft zu einem Provisionsverbot kommen, würde aber gerade das für uns wichtige Thema Neutralität und Qualität weiter in den Fokus rücken. Ich bin vielmehr davon überzeugt, dass es an dieser Stelle eher die eine oder andere KVG schwer haben wird. Der Erfolg einer KVG hängt im- mer an der Qualität des Asset Managements, der einer Plattform immer an der Qualität ihrer Prozesse. Wenn heute ein Fonds gut ist, und morgen ist es ein anderer, ist das für unsere Leistung von untergeordneter Bedeu- tung. Hauptsache, es ist ein Fonds. Vielen Dank für das Gespräch. R. MicHAeL KnuST | FP Thomas Reicke, Attrax: „Aus unserer Sicht wird es zu einer Konzentration unter den Plattformen und zu verstärkt oligopolistischen Strukturen kommen. Das ist nur eine Frage der Zeit.“ bank & fonds I thilo balzer und thomas reicke | attrax 290 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 Foto: © Olivier Minaire Das Geschäftsmodell von Attrax Die in Luxemburg ansässige Attrax ist Teil der genossen- schaftlichen Finanzgruppe in Deutschland und zählt mit knapp 40 Milliarden Euro Bestand zu den größten Fonds- plattformen in Europa. Im Jahr 2000 gegründet, arbeitete man zunächst vor allem mit IFAs zusammen. Die Depot- führung für Maklerpools und Vermittler wurde jedoch nach nur fünf Jahren wieder eingestellt. Parallel dazu hatte sich Attrax als Drittfondsplattform für die Genobanken geöffnet und auch außerhalb des Genossenschaftssektors institu- tionelle Kunden akquiriert, für die man in den Bereichen Brokerage und Custody Dienstleistungen erbringt. 2009 übernahm Attrax zudem die Fondsbeschaffung für die Dachfonds des Mutterkonzerns Union Investment. Dieses Volumen macht heute etwa die Hälfte der insgesamt 24 Milliarden Euro Bestand von rund 200 institutionellen Kunden aus, die mit der Plattform kooperieren. Weitere 14,5 Milliarden Euro entfallen auf das Drittfondsgeschäft der mehr als 1.100 Genobanken. Das Fondsuniversum von Attrax umfasst derzeit rund 13.000 Produkte von 340 Kapitalverwaltungsgesellschaften. Institutionelle Kunden Genossenschaftsbanken 0 50 10 15 20 25 30 35 40 Institutionelle Kunden Genossenschaftsbank 6/’15 ’14 ’13 ’12 ’11 2010 ’09 ’08 ’07 ’06 2005 ’04 ’03 ’02 ’01 38 Mrd. Euro 16 Mrd. Euro 8,2 Mrd. Euro 0,15 Mrd. Euro Institutionelle Kunden Genossenschaftsbanken 38 Mrd. Euro 23,6 Mrd. Euro 14,5 Mrd. Euro 7,8 Mrd. Euro 5,4 Mrd. Euro 2,8 8,4 Mrd. Euro 16 Mrd. Euro 8,2 Mrd. Euro 0,15 Mrd. Euro Mrd. Euro Institutionelle Kunden Genossenschaftsbanken
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