FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

298 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 Die US-Analysegesellschaft Investment Technology Group sammelt weltweit Daten über Transaktionskosten imAktienhandel. Sie stützt sich dabei vorwiegend auf Angaben von Asset Managern. Ihre Kennzahl umfasst zwar nicht alle am Fondsvermögen zehrenden Pos- ten, doch immerhin skizziert die Analyse, wie weit die Transaktionskosten bei Standard- und Nebenwerten sowie bei amerikanischen, euro- päischen, japanischen und Schwellenländer- aktien auseinanderklaffen (siehe Grafiken). Bei Anleihen wiederum findet der Großteil des Handels abseits der Börsen statt. Entspre- chend schwierig fällt die Datenerhebung. Die auf die Investmentkostenanalyse spe- zialisierte Firma Novarca hat jüngst im Auf- trag der britischen Finanzaufsicht FCA ver- sucht, annähernd die gesamten, für Fonds an- fallenden Gebühren zu beziffern. Dazu nutzen die Schweizer zum Teil Handelsdaten, zum Teil Schätzungen und Modelle. Daraus erstell- ten die Experten eine Beispielrechnung, die zeigt, welche Kosten entstehen, wenn ein Fondsmanager häufiger handelt als ein ande- rer. Novarca geht von einem 150 Millionen britischen Pfund großen Portfolio mit 80 Pro- zent Aktien und 20 Prozent Anleihen aus. Tauscht der Fondsmanager innerhalb eines Jahres nur 15 Prozent der Titel aus, belaufen sich die Transaktionskosten auf knapp 150.000 Pfund. Schlägt er das Portfolio hin- gegen einmal komplett um, steigen die Kosten auf immerhin rund 960.000 Pfund. Das Da- tengrundproblem bleibt aber: „Die Vermö- gensverwalter werten nicht systematisch die anfallenden Handelskosten aus“, so Novarca. Ein weiterer Vorstoß kam vom Petersmann Institut für den unabhängigen Finanzberater. Hartmut Petersmann, früher Partner beim Bankhaus Metzler, lieferte in seiner Untersu- chung erstmals Details über die Kosten bis hinunter zu einzelnen Fonds. Als neue Ge- samtkennziffer hat er eine „Erweiterte TER“ entwickelt, die auch die Transak- tionskosten enthält. Petersmann und sein Team hatten sich auf die Segmente Aktien global und Aktien Europa konzentriert. Dabei kamen mitunter abenteuerlich hohe Kosten zutage (siehe „InTERessante Di- mensionen“, Ausgabe 4/2014). „Die Um- satzprovisionen für die Depotbanken sind ein wesentlicher Kostenfaktor“, sagt Pe- tersmann. Während im angelsächsischen Raum ein Pauschalpreis pro Transaktion üblich ist, richtet sich die Provision hier- zulande eher nach dem Handelsumsatz. „Das beschert den Depotbanken ein ein- trägliches Geschäft, schmälert aber für Anle- ger die Rendite.“ Und wie sieht die Gesetzeslage aus? Unter welchen Voraussetzungen darf die Tochter mit der Mutter Handel treiben? Die Finanzauf- sicht Bafin hat einen Katalog mit Musterkos- tenklauseln herausgegeben. „Diese sind aber nicht sehr konkret und geben in diesem Fall keine Hinweise“, sagt Manuel Lorenz, Partner für Kapitalmarktrecht bei der Kanzlei Baker & McKenzie. Regelmäßige Kontrolle Fündig wird der Jurist im Kapitalanlage- gesetzbuch bei den Paragrafen 26 und 27. Demnach müssen Fondsgesellschaften unan- gemessene Kosten und Praktiken vermeiden und geeignete Maßnahmen zur Vorbeugung, Erkennung und Beilegung von Interessenkon- flikten treffen. Ein komplettes Handelsverbot lässt sich daraus nicht ableiten, so Lorenz. „Eine Fondstochter kann durchaus Geschäfte mit ihrer Mutter tätigen, dies kann aber pro- blematische Situationen mit sich bringen. Die gilt es zu vermeiden oder zu bereinigen.“ Doch was sind geeignete Maßnahmen, die die Gesellschaften treffen müssen? „Man wür- de etwa erwarten, dass bei der Vergabe von Aufträgen ein Marktvergleich vorgenommen wird, also mehrere Angebote eingeholt wer- den“, meint der Experte für Kapitalmarkt- recht. „Ein ständiger Marktvergleich ist ge- wiss nicht bei jedemAuftrag nötig. Durchaus angebracht erscheinen regelmäßige Stichpro- ben, ob der günstigste Anbieter gewählt ist.“ Ein weiterer Ansatzpunkt ist das Prinzip der Best Execution. Dieses ist in der EU-Finanz- marktrichtlinie Mifid verankert und über das Wertpapierhandelsgesetz auch für Deutsch- land detailliert geregelt. „Das Prinzip der Best Execution hat aber mehr als eine Dimension“, erläutert Lorenz. So muss für einen Handels- auftrag nicht zwingend der Broker mit dem günstigsten Preis gewählt werden. Auch die Qualität der Orderausführung spielt eine Rol- le. Eine rasche Ausführung, eine geringere Geld-Brief-Spanne sowie der Zugriff eines Dienstleisters auf die geforderten Märkte kön- nen höhere Gebühren rechtfertigen. Wenn wesentliche Veränderungen Zweifel wecken, ob noch die bestmögliche Orderaus- führung gewährleistet ist, sollte eine Überprü- fung erfolgen – mindestens jedoch einmal im Jahr. „Die Gefahr von Interessenkonflikten ist sicher gegeben. Eine gesetzliche Regelung be- steht, auch wenn sie nicht sehr konkret ist. Dennoch lassen sich aus einer Gesamtschau Spielregeln ableiten“, fasst Lorenz zusammen. Gemäß den Vorschriften haben die von FONDS professionell befragten Asset Mana- ger Grundsätze für die Orderausführung auf- gestellt. Viele Anbieter haben die Regeln auf ihren Webseiten veröffentlicht, so etwa die zur italienischen Unicredit gehörende Pioneer Investments, die französische Amundi, das US-Haus J.P. Morgan Asset Management oder Union Investment. Zentrales Element bei den Richtlinien aller Häuser ist das Best-Execution-Prin- zip. Hausinterne und externe Broker wer- den damit gleichgestellt. „Amundi wird den Kontrahenten nutzen, der die günstigs- ten Konditionen am Markt bietet“, heißt es etwa bei der Asset-Management-Toch- ter der Institute Crédit Agricole und Socié- té Générale. „Nomura Asset Management Deutschland wählt unter mehreren mögli- chen Handelspartnern und Handelsplätzen bank & fonds I transaktionskosten Foto: © Baker & McKenzie Manuel Lorenz, Baker & McKenzie: „Aus einer Gesamt- schau lassen sich Spielregeln ableiten.“ Handelskosten nach Regionen Durchschnittliche Transaktionskosten in Basispunkten beim Aktienhandel Quelle: Investment Technology Group, Stand: Mai 2015 20 40 60 80 100 120 Schwellenländer Japan USA Europa (ohne Großbritannien) 2009 2010 2011 2012 2013 2014

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