FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

310 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 klar. Und das ist im Falle von Fondspolicen nun einmal der Versicherer. Allerdings gehen die Konzerne nach und nach zu mehr Offenheit über. Ein Grund dafür könnte das jüngste BGH-Urteil über den Aus- weis von Kickbacks im Bankenbereich sein. „Wenn sich jemand wegen verdeckter Be- standsprovisionen bis zum BGH hochklagt, könnte dieses Urteil eine gewisse Ausstrahl- kraft haben“, erläutert Ortmann. Sollten die Richter zu dem Schluss kom- men, dass künftig auch Versicherer Kickbacks ausweisen müssen, würde Intransparenz sofort zu einem echten Wettbewerbsnachteil. Daher spüren manche Konzerne Handlungsdruck. Sehr auskunftsfreudig in Sachen Bestands- provisionen sind bislang jedoch nur die wenigsten Lebensversicherer. Die Bayerische Lebensversicherung, die sich den Begriff „Reinheitsgebot“ zu Werbezwecken zunutze macht, gehört dazu. Das Gebot solle gelebt werden, erklärt Martin Gräfer, Vorstand Ver- trieb und Service. „Daher schreiben wir alle Kickbacks bei fondsgebundenen Lebensver- sicherungen unseren Kunden gut“, sagt er. Transparenz bei den Briten Große Transparenz herrscht auch bei Stan- dard Life. „Wir unterliegen der Aufsicht durch die Financial Conduct Authority beziehungs- weise die Prudential Regulation Authority, dem Pendant zur BaFin“, sagt Felix Stroth- mann, Teamleader Definition, Review & Pro- cess bei dem Versicherungskonzern. Daher gelten strenge Transparenzpflichten. Bei Stan- dard Life verbleibt ein Teil der Bestandspro- visionen im Konzern. „Das Geld benötigen wir, um bestimmte Kosten zu decken“, erklärt Strothmann. Ein weiterer Teil fließt an die Vermittler, mit denen Standard Life arbeitet. Was übrig bleibt, kommt dem Inhaber der Po- lice zu. „Jeder Kunde kann sehen, welche Ko- sten belastet werden“, sagt Strothmann. Auch die Alte Leipziger aus Oberursel geht offen mit dem Thema Kickbacks um. Pro Fonds würden maximal 0,25 Prozentpunkte genutzt, um eigene Kosten zu decken, heißt es. Der Rest gehe an den Kunden. Die Huk- Coburg gibt Kickback-Werte von bis zu 0,7 Prozent des Fondsvolumens an. Die Kunden erhielten davon etwa 60 Prozent. Andere Konzerne hingegen schweigen sich zum Thema Bestandsprovisionen lieber aus. Gar nicht äußern möchten sich zum Beispiel die Nürnberger Leben, die Gothaer aus Köln, der Dortmunder Volkswohl Bund und die WWK. Die Allianz Leben teilt lediglich mit, für den Kunden seien allein die Gesamtkosten relevant. „Manche Versicherer lassen die Bestands- provisionen in das Kostenergebnis einfließen“, sagt Mark Ortmann. Ist der Saldo positiv, erhält der Kunde 50 Prozent davon. Ist er negativ, hat der Policeninhaber Pech gehabt. Und für den großen Durchblick sorgt dieses Modell wahrlich nicht. AnDReA MARTenS | FP fonds & versicherung I bestandsprovisionen bei fondspolicen Foto: © Johnnes Fiala; ITA Institut für Transparenz in der Altersvorsorge Johannes Fiala, Kanzlei Fiala: „Bei Fondspolicen ist nun einmal der Versicherer der Vermittler.“ Mark Ortmann, ITA Institut für Transparenz in der Altersvorsorge: „Manche Konzerne werden offener.“ Die aktuelle Rechtslage Was Rückvergütungen (Kickbacks) bei fondsgebundenen Lebensversicherungen betrifft, so herrscht unter Juristen Uneinigkeit darüber, wie gesetzliche Vorschriften und Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) auszulegen sind. Klar ist allerdings: Es gibt bis dato keine Regelung oder BGH-Entscheidung, die Versicherern eindeutig vorschreibt, solche Provisionen dem Kunden gegenüber offenzulegen. FONDS professionell gibt einen Überblick über die wich- tigsten Rechtsnormen. Urteile im Bankenbereich: In einem Urteil vom 19. Dezember 2006 hat der BGH entschieden, dass Banken über Rückvergütungen aufklären müssen, die sie aus Aus- gabeaufschlägen und jährlichen Verwaltungsgebühren er- halten (BGH, Az. XI ZR 56/05). Der Grund dafür ist das „provisionsgetriebene Eigeninteresse“ der Institute, das im Gegensatz zu einer kundenorientierten Beratung stehen kann. Das Urteil ist durch weitere BGH-Entscheidungen verfestigt worden, zuletzt am 1. August 2014. Die Richter gelangten zu der Ansicht, dass Banken über Rückvergü- tungen und Innenprovisionen aufklären müssen, unter an- derem dann, wenn sie Fondsanteile vermitteln (Az. XI ZR 147/12). In diesem Urteil wurden Fondsanteile zum ersten Mal explizit genannt. Mögliche Ausstrahlkraft: In einem Prozess um Rück- vergütungen aus Fondspolicen könnten die beiden BGH- Entscheidungen großen Einfluss auf den Ausgang haben. Davon gehen Rechtsexperten aus, auch manche Ver- sicherer nehmen dies an. Aber: Bislang gelten die beiden Urteile ausschließlich für Banken. Informationspflichten: Paragraf 2 der Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-In- foV) legt fest, über welche Kosten ein Lebensversicherer informieren muss. Dazu gehören alle in die Prämie einkal- kulierten Gebühren (§ 2, Abs. 1, Nr. 1). Auch weitere Kos- ten, die einmalig oder aus besonderem Anlass entstehen, müssen ausgewiesen werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 2). Kickbacks aus Fondspolicen sind nicht in die Prämie einkalkuliert, fallen nicht einmalig oder aus besonderem Anlass an. Daher werden sie von der Verordnung nicht erfasst. Produktinformationsblatt: Ist der Versicherungsneh- mer ein Verbraucher, so schreibt Paragraf 4 VVG-InfoV vor, dass ein Produktinformationsblatt zur Verfügung zu stellen ist. Es muss die Informationen enthalten, die für den Abschluss oder die Erfüllung des Versicherungs- vertrags von besonderer Bedeutung sind. Absatz 2 des Paragrafen listet die anzugebenden Informationen auf (§ 4 Abs. 2). Rückvergütungen aus Fondspolicen zählen nicht dazu. Effektivkosten: Seit dem 1. Januar 2015 verpflichtet das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) Versicherer dazu, die „Reduction in Yield“ (RIY), die Effektivkosten einer Fondspolice, anzugeben. In die RIY fließen Kosten für die Kapitalanlage und damit auch Kickbacks ein. Sie müssen aber nicht einzeln ausgewiesen werden, sodass sie nicht zu erkennen sind.

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