FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2015

321 www.fondsprofessionell.de | 3/2015 se verlangt für Fonds und andere Finanzpro- dukte, dass die Provisionen nicht nur keinen negativen Einfluss auf die Beratung haben dürfen, sondern dabei helfen müssen, die Beratungsqualität zu verbessern. „Fair und persönlich“ Was die Vergütung anbelangt, gelten für Versicherungsvermittler im Vergleich zu Fondsvermittlern nach derzeitigem Stand also vergleichsweise laxe Vorgaben. Ein Passus wie in MiFID II, nach dem sich ein Finanz- berater nur dann unabhängig nennen darf, wenn er ausschließlich gegen Honorar arbei- tet, findet sich in der IDD nicht. Die Unter- scheidung zwischen „abhängig“ oder „unab- hängig“ wird bei Versicherungspolicen nur insofern relevant, als der Vermittler vor dem Beratungsgespräch angeben muss, ob er als freier Makler Kunden auf Basis einer „fairen und persönlichen“ Analyse berät oder als gebundener Vertreter Produkte eines oder mehrerer Versicherungsunternehmen aus- wählt. Wer „fair und persönlich“ berät, muss dem Kunden eine ausreichende und diversifi- zierte Anzahl an Produkten präsentieren. „Für deutsche Makler ändert sich nichts. Das Ver- sicherungsvertragsgesetz schreibt ohnehin vor, dass Makler ihren Kunden einen Überblick über die am Markt befindlichen Produkte bie- ten müssen“, stellt Gerhardt fest. Auch für gebundene Vermittler bedeute diese Passage keine Änderungen. Die Richtlinie präzisiert die Maßgabe einer „fairen und persönlichen“ Beratung noch in anderer Hinsicht: Der reine Verkauf einer Po- lice ohne vorhergehende Beratung ist letztlich nur noch dann erlaubt, wenn das Produkt in Kombination mit einer Nicht-Versicherung vertrieben wird, etwa wenn eine Reiserück- trittsversicherung zum Paket einer Reise ge- hört. Der Gesetzestext unterscheidet zwischen zwei Arten von Beratung – im englischen Ge- setzestext ist von „advice“ und „sales where no advice is given“ die Rede. Die Folge ist, dass grundsätzlich jeder Vermittler unabhän- gig von seinem Status seine Kunden detailliert nach ihren Wünschen und Bedürfnissen be- fragen muss. Dazu gehört auch, dass er Infor- mationen über bereits existierende Policen und einige Lebensumstände des Kunden ein- holen muss. Auf dieser Basis hat er dem Kun- den dann in kurzer, aber verständlicher Form eine Empfehlung zu präsentieren, damit dieser eine „informierte“ Entscheidung treffen kann. Von einem Makler, der auf Basis einer „fairen und persönlichen“ Analyse berät, wird darüber hinaus erwartet, dass er auch die Gründe an- gibt, warum er ein bestimmtes Produkt emp- fiehlt. Zudem muss er auf die Risiken auf- merksam machen, wenn in bestimmten Be- reichen keine Police vorhanden ist – etwa eine fehlende Privathaftpflicht. Ohne Beratung geht es nicht Auch diese Vorschriften kommen dem VVG laut Gerhardt sehr nah. Dort steht, dass ein Vermittler einen Kunden „nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemes- senen Verhältnisses zwischen Beratungsauf- wand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versi- cherung erteilten Rat anzugeben“ hat. Gebun- dene Vermittler wie auch Makler werden ihre Beratungsprozesse also kaum ändern müssen. Ein wichtiger Unterschied zum VVG existiert aber: Das VVG erlaubt, dass Kunden mit einer schriftlichen Erklärung auf Beratung und Dokumentation verzichten. Dies ist nach EU- Recht künftig nicht mehr möglich, also muss das VVG in diesem Punkt geändert werden. Rote Karte für Onlinekanäle? Was zuerst wie eine nachteilige Regelung für Vermittler aussieht, könnte ihnen zusam- men mit der Harmonisierung der Vertriebska- näle sogar zum Vorteil gereichen. Denn aktu- ell ist umstritten, ob Konkurrenten wie Direkt- versicherer und Vergleichsportale überhaupt unter die Beratungspflichten des VVG fallen. Künftig ist die Sache klar: Dann müssen auch sie im Internet deutlich mehr Information und eine Beratung bieten. Die IDD dürfte daher nach Meinung von Branchenkennern dafür sorgen, dass sich viele Portale und Direktver- sicherer auf den Vertrieb einfacher Produkte wie Kfz-Policen beschränken werden, für die eine Beratung über Onlinedialoge schon heute möglich ist. Dagegen werden sie wohl die Finger von komplexen Versicherungen lassen, die eine aufwendigere, im Internet kaum dar- stellbare Beratung erfordern. Hier kommt zusätzlich der Aspekt des so- genannten Zielmarktes zum Tragen: Versiche- rer müssen künftig für jedes Produkt passende Vertriebskanäle benennen. Das könnte darauf hinauslaufen, dass Portale und Direktversiche- rer keine Lebensversicherungen mehr vertrei- ben dürfen (siehe dazu auch den Artikel „Die Online-Police im Visier“ in FONDS profes- sionell 2/2015). JEnS BREDEnBalS | FP Sven-Wulf Schöller, Kanzlei FSR: „Das anfang 2012 diskutierte Courtageverbot hat sich nicht durchgesetzt.“ Was auf Makler in Sachen Weiterbildung zukommt Umfang: Die IDD schreibt vor, dass Vermittler mindestens 15 Stunden im Jahr für Weiterbildungsmaßnahmen auf- wenden müssen. In früheren Entwürfen waren noch 40 Stunden pro Jahr vorgesehen. Der europäische Gesetz- geber macht aber keine konkreten Vorgaben, wie die Fort- bildungen aussehen müssen, solange sie „substanziell“ sind. Dies könnte die von Marktexperten häufig bemän- gelten reinen Produktschulungen künftig ausschließen. In welcher Form die Weiterbildung stattfindet, etwa als Prä- senzschulung oder per E-Learning, ist irrelevant. Kontrolle: Es sind sowohl Prüfungen als auch Eintragun- gen in einem Register möglich. Deutschland war nach Meinung von Branchenexperten mit der seit zwei Jahren existierenden Initiative „Gut beraten“, die rund 30 Stunden Weiterbildung pro Jahr vorgibt, Vorreiter. „Es bleibt nun abzuwarten, ob Deutschland seine Anforderungen herun- terschraubt oder ob die vorgeschriebenen 15 Stunden intensiver beziehungsweise fachlich hochwertiger sein müssen“, sagt Sven-Wulf Schöller, Fachanwalt für Ver- sicherungsrecht bei der Kanzlei FSR aus Erlangen. Eingangsqualifikation: Die Vorschriften der IDD bezüglich der Eingangsqualifikation der Vermittler sollten in Deutsch- land keine verschärften Vorschriften hervorrufen, meint Marco Gerhardt vom Beratungshaus Innovalue. Schließlich erfordert die Erlaubnis nach Paragraf 34d Gewerbeordnung bereits einen Sachkundenachweis. Allerdings gelten die Ausbildungsvorschriften künftig auch für die Mitarbeiter eines Maklerunternehmens oder der Generalvertretung eines Versicherers. Bislang reichte es aus, wenn der Leiter oder Inhaber die nötige Qualifikation besaß.

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