FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2016

112 www.fondsprofessionell.de | 1/2016 te Daten für die Marktentwicklung. An min- destens einer Stelle kommt auch Google ins Spiel, denn die Datenexperten von Blackrock greifen unter anderem auf eine Erweiterung des Service „Google Trends“ zu. „Dadurch können wir erkennen, wonach täglich im Internet gesucht wird, und in welcher Re- gion“, sagt Weinberger. So ließe sich manch vielversprechender Konsumwert finden. So einfach die Idee auch klingt: Die Um- setzung hat es in sich. Weinberger und sein Team arbeiten etwa daran, ihrer „Maschine“ beizubringen, aus dem allgemeinen Grundrau- schen effizient ein tatsächliches Signal heraus- zufiltern. „Schließlich wollen wir robuste und belastbare Resultate“, sagt Weinberger. „Der- zeit beurteilt bei uns immer noch ein Fonds- manager, ob die gewonnenen Signale einen Sinn ergeben.“ Zum Einsatz kommen die Analysen des Teams auch in mehreren Black- rock-Publikumsfonds, darunter der European Diversified Equity Absolute Return (ISIN LU0525202155) und der Systematic Euro- pean Equity Fund (LU1191061842). Newcomer Catana Capital Ein weiterer Manager, der auf Big-Data- Analyse setzt, ist Catana Capital. Dieser Asset Manager, der gerade seine Bafin-Erlaubnis als Finanzportfolioverwalter beantragt hat, be- schäftigt nur vier Mitarbeiter – und kommt mit einem Startkapital von 100.000 Euro aus. Das ist im Grunde das Bemerkenswerte an internetbasierten Dienstleistungen: Sie sind oft schlank umsetzbar. Uber betreibt einen inter- nationalen Fahrdienst, ohne ein einziges Fahr- zeug zu besitzen, und Airbnb ist zu einem der größten Beherbergungsdienstleister aufgestie- gen – ganz ohne eigenes Hotel. Entsprechend können auch Asset Manager ohne Tradition oder enormes Eigenkapital einfach loslegen. Voraussetzung sind eine gute Idee und ge- wiefte Techniker, die es schaffen, das Netz sinnvoll zu durchforsten und intelligent mit den erhobenen Daten umzugehen. Darum verwundert es kaum, dass die Ursprünge von Catana Capital im Technolo- giebereich liegen. Kooperiert wird mit Stock- pulse, einem Unternehmen aus Köln, das seit über sechs Jahren Analysen zum Börsen-Sen- timent erstellt und als Forschungs- und Ent- wicklungslabor hinter Catana Capital fungiert. Die beiden Stockpulse-Gründer hatten sich zuvor am renommierten MIT damit beschäf- tigt, wie sich große Datenmengen nutzen las- sen, um treffsichere Prognosen zu abzugeben. Sie analysierten beispielsweise das Stim- mungsbild im Vorfeld der Oscar-Verleihung und konnten damit in zwei Jahren neun der zehn Gewinner richtig vorhersagen. Ein Catana-Fonds soll noch im ersten Halb- jahr 2016 aufgelegt werden. Als Verwahrstelle dient das Bankhaus Berenberg. Nach sechs Monaten Testbetrieb wird die Strategie seit Mitte November 2015 mit echtem Geld ge- handelt, die dann eins zu eins im Fonds wei- tergeführt werden soll (siehe Grafik auf der vorigen Seite). Gehandelt werden ausschließlich Dax-30- Titel und der Dax selbst, long und short. Auf der Long-Seite kauft Catana Aktien, die Short-Seite wird über Derivate abgebildet. Den Index handelt der Fondsmanager über einen Future, um die Handelskosten gering zu halten. Das Portfolio ist zu jedem Zeitpunkt in weniger als 20 Einzelpositionen investiert: eine Selektion von Aktien in die Marktrich- tung der Vorhersage (beispielsweise long) und andere Aktien entgegen dieser Marktrichtung (beispielsweise short). Auf diese Weise ist das Portfolio in sich selbst weitgehend ausbalan- ciert und marktunabhängig. Vier Nachrichten pro Sekunde Die Strategie beruht darauf, dass unzählige Informationen aus dem Internet über be- stimmte Unternehmen und den Gesamtmarkt aggregiert werden und daraus ein Stimmungs- bild – das sogenannte „Sentiment“ – für die Marktrichtung destilliert wird. Stockpulse sammelt pro Tag 300.000 Nachrichten über Wertpapiere und Märkte, das heißt fast vier pro Sekunde. Auf diese Weise kommen jeden Monat rund 1,5 Terabyte an Daten zur Daten- bank hinzu – Tendenz steigend. Der Crawler kann die Informationen dabei via Sprach- und Texterkennung auf Englisch und Deutsch ab- greifen. Dabei werden klassische Nachrichten, aber auch Social-Media-Kanäle ausgelesen. Auch Aktienanalysen, die im Netz zu finden sind, werden berücksichtigt. Stockpulse wertet dabei nur Berichte aus, die einem bestimmten Wertpapier und einer konkreten Person zugeordnet werden können, von der die Information stammt. Die Autoren der Tweets werden dabei unterschiedlich ge- wichtet, je nachdem, wie relevant sie sind. Auf diese Weise werden in Echtzeit Infor- mationen zu mehr als 25.000 Wertpapieren, Rohstoffen und Währungen gesammelt. Im nächsten Schritt nutzt Catana Capital einen Algorithmus auf Basis einer selbstler- nenden Datenbank, um aus all den Daten das Sentiment herauszulesen. Darauf basierend trifft der Fondsmanager eine Anlageentschei- dung und tätigt die Orders. Handel nur alle zwei Wochen Die Aufträge und Positionen werden lau- fend überwacht, gehandelt wird im Durch- schnitt allerdings nur alle zwei Wochen. Der Grund dafür ist, dass die hunderttausendfach aggregierten Stimmungen der Marktteil- nehmer nach den Erfahrungen von Stockpulse eine Prognosekraft von etwa zwei Wochen haben. Die Kapitalmärkte scheinen also im- mer noch ineffizient zu sein – sonst würde es nicht so lange dauern, bis sich die Informatio- nen voll in den Kursen widerspiegeln. Der Fonds ist als alternativer Investment- fonds (AIF) geplant, der auch Privatanlegern zugänglich ist. Ein Vehikel, das der EU-Richt- linie OGAW entspricht, würde zu stark ein- schränken. Schließlich ist das Portfolio stark konzentriert und könnte die OGAW-Regeln zur Risikostreuung verletzen. Sobald die Bafin-Erlaubnis vorliegt, will sich Catana im Vertrieb zunächst auf kleinere institutionelle Investoren sowie auf Vermögensverwalter und Family Offices konzentrieren. Anfangs ist kein breit angelegter Retail-Vertrieb geplant, aber das kann sich natürlich ändern. Da die Auswertung von Big-Data noch in den Anfängen steckt und die Speicherung der Daten aufwendig ist, schlummert hier noch großes Entwicklungspotenzial. Vermutlich werden in nächster Zeit weitere Asset Mana- ger auf den Markt kommen, die mit ihren Strategien die enorme Informationsfülle im Internet nutzen wollen. ANKE DEMBOWSKI | FP markt & strategie I big data Foto: © Blackrock Simon Weinberger, Blackrock: „Wir wollen robuste und belastbare Resultate.“

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