FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2016
118 www.fondsprofessionell.de | 1/2016 liche Defizite in den Studien. Viele vermeint- lich neue Faktoren dürften zudem Zufalls- phänomene sein, da sie sich nicht wissen- schaftlich stichhaltig erklären lassen. „Vor einiger Zeit wären noch gut 20 Fak- toren genannt worden, die Mehrwert bieten“, meint Thomas Meyer zu Drewer, Chef der ETF-Sparte Comstage bei der Commerzbank. „Doch davon ist der Großteil kompletter Un- sinn.“ Nur einige wenige Faktoren böten tat- sächlich einen Mehrwert. „Durch vorsichtige Beimischung kann man die eine oder andere Ineffizienz ausnutzen“, so Meyer zu Drewer. „Die Faktor-Prämie ist keine Wundertüte“, stimmt Pfeil zu. Zwar würden einzelne Stra- tegien durchaus auch langfristig eine bessere Rendite erzielen als der Gesamtmarkt. „Wir wissen heutzutage jedoch, dass es bei jeder Prämie Phasen der Underperformance gibt.“ So hinkt eine Auswahl nach Value-Kriterien im Boom tendenziell hinterher, eine Momen- tum-Strategie wiederum leidet bei Marktum- schwüngen besonders stark. Zudem seien manche Faktoren in der Wissenschaft umstrit- ten. Dem Kriterium Größe etwa billigen im- mer weniger Forscher Bedeutung zu. Investoren stehen damit vor der Wahl: „Entweder sie investieren langfristig, nehmen Phasen einer zeitweiligen Underperformance in Kauf und versuchen, dies durch die Kom- bination mehrerer Faktoren auszugleichen“, erklärt Pfeil. „Oder Anleger versuchen, die Faktoren zu timen.“ Je nachdem, in welcher Phase eines Zyklus die Wirtschaft steckt, wür- de ein Anleger auf bestimmte Strategien wet- ten. Einen Anhaltspunkt für die Auswahl hat Markus Kaiser, der für Starcapital einen Fak- tor-Dachfonds steuert, in Kooperation mit mehreren ETF-Anbietern entworfen (siehe Grafik). Rafi-Gründer Arnott wiederum emp- fiehlt Investoren, auf die Strategien zu setzen, die im Vergleich zu ihrer historischen Ent- wicklung günstig bewertet sind. Diese würden eine größere Chance auf künftige Mehrrendi- ten bieten, so der Index-Pionier. Die wahre treibende Kraft Einen anderen Weg geht die US-Boutique Intech, die zu Janus Capital gehört. Die findi- gen Mathematiker haben in ihrem Entwick- lungslabor in Princeton die Theorie ausgetüf- telt, dass sich die Vielfalt der Faktoren weit- gehend auf ein entscheidendes Element redu- zieren lässt: das stete Ausgleichen der Ge- wichte in einem Portfolio. Bei Indexstrategien, die sich nicht nach der Marktkapitalisierung richten, wird die Zusammensetzung in regel- mäßigen Abständen wieder auf die ursprüng- lich ersonnene Tarierung zurückgeführt. Denn Aktien mit Kursgewinnen erlangen durch den größeren Börsenwert ein höheres Gewicht – und diesen Effekt wollen alternative Baro- meter eben vermeiden. „Das Rebalancieren setzen wir gezielt ein, es ist nicht nur ein Nebeneffekt“, sagt David Schofield, der bei Intech das internationale Geschäft verantwortet. Die Tüftler greifen zu Aktien mit einer etwas höheren Schwankung als der Durchschnitt und setzen ihr Portfolio alle sechs Handelstage wieder auf die Ein- standsverteilung zurück. Das stete Abschöpfen der Kursgewinne und die Reinvestition in Titel mit Aufholpotenzial erzeugt stabile Erträ- ge. „Das Rebalancieren ist unser Mehrwert- Motor“, fasst Schofield zusammen. Dieses Phänomen des Austarierens der Ge- wichte trete bei Faktor-Strategien regelmäßig auf – wenn Aktien aus dem Index herausfal- len und wenn neue hereinkommen. „Dies ist nichts anderes als ständiges Rebalancieren“, so Schofield. „Wir glauben daher, dass hinter vielen Risikofaktoren tatsächlich das Rebalan- cieren die eigentlich treibende Kraft ist.“ Die Intech-Experten wollen ihre Studienergebnisse bald der Fachwelt präsentieren. Trotz der etwas volatileren Auswahl sei das Gesamtrisiko in den Portfolios nicht höher. Im Gegenteil: Anders als bei Standardbarometern wie dem MSCI World achten die Intech-Inge- nieure auf mögliche Wechselwirkungen der Titel untereinander. „Bloß weil es der MSCI World ist, heißt das nicht, dass ich in einen breit diversifizierten Index investiere“, erläu- tert Schofield. „Der Schlüssel liegt in der Streuung. Man muss die Korrelation der ein- zelnen Titel und die daraus resultierenden Risiken für das Gesamtportfolio verstehen.“ Zusammen mit dem regelmäßigen Rebalan- cieren sehen sich die Intech-Konstrukteure auf einem guten Weg, beim Bau eines Portfolios dem idealen Verhältnis zwischen Risiko und Rendite möglichst nahe zu kommen – und zu- gleich die Faktor-Welt zu vereinfachen, sofern sie mit ihrer Theorie recht behalten. SEBASTIAN ERTINGER | FP markt & strategie I faktor-investments Foto: © Deutsche Asset Management; Axel Gaube Oliver Pfeil, Deutsche Asset Management: „Die Faktor- Prämie ist keine Wundertüte.“ David Schofield, Intech: „Das Rebalancieren ist unser Mehrwert-Motor.“ Faktoren fürs Depot Name ISIN Kosten p. a. (TER) Perf. 1 Jahr iShares MSCI World Minimum Volatility ETF DE000A1KB2D9 0,30 % 3,2 % DB X-Trackers Equity Momentum Factor ETF IE00BL25JP72 0,25 % -6,8 % DB X-Trackers Equity Quality Factor ETF IE00BL25JL35 0,25 % -6,1 % iShares MSCI World Size Factor ETF IE00BP3QZD73 0,30 % -7,4 % DB X-Trackers Equity Value Factor ETF IE00BL25JM42 0,25 % -8,7 % Amundi Glbl. Eq. Multi Smart Alloc. Scientific Beta FR0011829084 0,40 % -3,7 % Starcapital Stars Defensiv LU0944780906 1,25 % -7,7 % Janus Capital – Intech US Core Fund IE0032746863 1,70 % -4,6 % Ausgewählte ETFs und Fonds mit Faktor-Ansatz Quellen: Morningstar, Börse Frankfurt; Stand: 8. 3. 2016
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