FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2016

Heller: Das sehe ich ganz anders. Die Er- tragserwartung der Anleger hat sich in den vergangenen Jahren massiv verändert. Endlweber: Warum gibt es dann aber noch so viele dubiose Anbieter mit abenteuer- lichen Renditeversprechen auf dem Markt? Heller: Das ist eine gute Frage! Ich kann Ihnen nur sagen, dass es bei Banken, für die wir als Pool Produkte prüfen, negativ ist, wenn ein Anbieter mit möglichst hohen Zah- len ankommt. Und es gibt mittlerweile über- wiegend Anbieter, die ganz bewusst die Renditen senken und das, was sie nicht ausschütten, in die Tilgung investieren oder ähnliches. Die Steuern spielen bei den Anle- gern im Vergleich zu früher keine Rolle mehr. Natürlich will der Kunde steuerlich noch einen kleinen Vorteil haben, aber das steht nicht im Vordergrund. Sonst würden sich die deutschen Immobilienfonds nicht so gut verkaufen. Gadeberg: Eine Untersuchung des BVI hat gezeigt, dass selbst bei den offenen Immo- bilienfonds die Haltedauer zehn Jahre und mehr beträgt. Wichtig ist also, dass ein Ausstieg aus einem geschlossenen Fonds überhaupt möglich ist. Dümmler: Beim Thema Fungibilität kann die Sachwertbranche gegen die normale Fondsbranche nie gewinnen, egal wie viele Zweitmarktbörsen es bei den Sach- werten gibt. Das große Problem ist, dass die Kunden früher dachten, sie hätten Sachwerte gekauft, obwohl das gar nicht so war. Die Fonds waren hoch gehebelt, sodass die Anleger eher Schuldverschrei- bungen als Sachwerte gekauft haben. Bei der Regulierung hat der Gesetzgeber die Fremdkapitalquote in den Publikums- AIF berechtigterweise auf 50 Prozent be- grenzt. Die Branche sollte sicherstellen, dass die Anleger auch tatsächlich Sach- werte bekommen und nicht irgendwelche Darlehen und alles, was unter dem The- ma Sachwerte subsumiert wird, damit aber nichts zu tun hat. Die richtig guten Sachwerte sind wahrscheinlich, siehe Im- mobilien, vielfach ganz gut gelaufen. Mieth: Wir sehen das auch bei unseren institutionellen Fonds: Die Anleger wol- len keine indirekten, sondern nur noch direkte Investitionen. Die Kunden wollen die Objekte kennen und ein risikogemischtes Portfolio haben. Die Argumente von früher sind noch da und gelten noch. Wir müssen aber aus der Illiquidität weg. Es stimmt ein- fach nicht, dass das Asset nicht liquide ist. Wir haben Berater damit beauftragt, das zu überprüfen. Gerber: Meinen Sie die Fondsanteile oder das dahinterstehende Asset? Mieth: Die Anteile. Es geht um Formalien, ohne das Asset zu verändern und die Produk- te aufzuweichen. Die Glücksritter sieben wir in der Branche langsam aus. Durch die ge- setzlichen Regulierungen fallen Fehlent- wicklungen schneller auf. Wir werden sie nicht verhindern, aber wir entdecken sie früher. Endlweber: Apropos Glücksritter, voriges Jahr gab es mit dem Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes eine weitere Etappe in der Regulierung. Das könnte zur Marktbereinigung von unseriösen Anbietern und zur Professionalisierung der Sachwertinvestmentbranche führen. Wie sehen Sie das Kleinanlegerschutzge- setz, zumal der Vertrieb gern Genussrech- te und Direktinvestments verkauft? Friedenauer: Wir verkaufen keine Direkt- investments und bieten auch keine Genuss- rechte an. Wir konzentrieren uns ganz be- wusst auf AIF und Spezial-AIF. Heller: Bei uns und unseren Bankpartnern sind Direktinvestments ein relativ großes Thema. Ich glaube nicht, dass das Kleinanle- gerschutzgesetz zur Professionalisierung der Branche beiträgt. Die Unterschiede zwischen guten und schlechten Produkten sind exorbi- tant groß, viel größer als im AIF-Bereich, und man muss sich die Anbieter sehr genau ansehen. Das Kleinanlegerschutzgesetz hilft dem Vertrieb aber weiter, weil eine große Zahl auch renommierter Banken bisher zwar die Produkte gut fand, aber mangels Regulie- rung nicht angeboten hat. Jetzt fallen Direkt- investments unter das Vermögensanlagen- gesetz und die Beratung unter das WpHG. Damit haben wir einen Beratungsprozess für Direktinvestments, den die Banken schon ewig kennen. Die ersten Signale in diesem Jahr deuten auf einen starken Umsatzanstieg in diesem Bereich hin. Endlweber: Wir brauchen positive Nach- richten, hieß es vorhin. Wir beschäftigen uns mit dem Service und der Kommunika- tion der Anbieter und haben den Ein- druck, dass es hier noch hakt. Liefert die Branche denn in diesem Jahr die guten Nachrichten, die Sie lesen wollen? Und wie zufrieden sind Sie im Vertrieb mit dem After-Sale-Service der Anbieter? Friedenauer: Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt Anbieter, die machen das vorbildlich, und es gibt welche, bei denen das stark ver- besserungswürdig ist. Dr. Jürgen Gerber, Jamestown: „Das Problem, das die meisten haben, ist, dass der Fonds erst einmal in der Emissionsphase verkauft werden muss.“ 158 www.fondsprofessionell.de | 1/2016 roundtable I sachwer te Foto: © Christoph Hemmerich » Die Glücksritter sieben wir in der Branche langsam aus. Durch die gesetzlichen Regulie- rungen fallen Fehlentwicklungen schneller auf. Wir werden sie nicht verhindern, aber wir entdecken sie früher. « Karsten Mieth, Real I.S.

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