FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2016

226 www.fondsprofessionell.de | 1/2016 fach weil es dafür keine Produkte gibt“, meint etwa Wolfgang Drols, Vorstandsmitglied der Brancheninitiative Kubi, die sich die Verbes- serung der Beratungsgüte von Vermittlern auf die Fahnen geschrieben hat. Aber auch im Detail gibt es Probleme. Ein Beispiel: Die DIN Spec setzt bei einer Hausratsversiche- rung eine Mindestversicherungssumme von 650 Euro pro Quadratmeter an. Bei einem Kunden mit 100 Quadratmetern Wohnfläche wird die Basissoftware also 65.000 Euro als Zielgröße für die Deckungssumme ausrech- nen. Besitzt er keine Hausratspolice, wird das Tool diese Summe als Lücke ansehen, die ge- schlossen werden muss. Ist der Hausrat des Kunden allerdings wertvoller, läuft er Gefahr, dass ein Schaden nicht in der vollständigen Höhe ersetzt wird. Der Berater muss also nachhaken, ob die Summe tatsächlich aus- reicht. Schließlich schreibt das Versicherungs- vertragsgesetz (VVG) vor, dass sich Makler nach den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden erkundigen. „Die Spezifikation ist ei- ne Empfehlung und gibt Orientierung. Sie er- setzt nicht die Beratung und entbindet Berater nicht von ihrer gesetzlichen Fürsorgepflicht“, betont Möller. Eine Norm dagegen wäre mehr als eine bloße Empfehlung: Sie setzt bindende Stan- dards für den Anwender, vor allem wenn er damit wirbt, sich auf die Norm zu beziehen. Gäbe es eine entsprechende Norm, kämen Fi- nanzberater wohl kaum umhin, sich bei der Bedarfsanalyse an deren Vorgaben zu halten, vermutet Dieter Olejar, ein Versicherungsbe- rater aus dem schwäbischen Kirchheim am Neckar. Probleme und Stolperfallen, die die DIN Spec 77222 enthält, sollten also im DIN- Ausschuss möglichst berichtigt werden. „Dreh- und Angelpunkt ist: Wie gut ist die Norm?“, gibt Peter Grieble, Referent für Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, zu bedenken. In dem Gremium, das die Inhalte der künftigen Norm festlegt, herrscht zumindest in Grundfragen wohl Einigkeit. Die Details würden aber intensiv diskutiert, heißt es. Einzelheiten waren wegen der Schweigepflicht der Ausschuss- mitglieder nicht in Erfahrung zu bringen. Scheinsicherheit Das Beispiel der Hausratsversi- cherung deckt eine weitere „Fal- le“ für Berater und Kunden auf: Angenommen, der Kunde mit der 100-Qua- dratmeter-Wohnung hat schon eine Hausrats- versicherung, allerdings mit einer Versiche- rungssumme von 500 Euro pro Quadratmeter, so wird die Software eine Deckungslücke von 15.000 Euro anzeigen. Einige Policen haben aber einen Unterversicherungsverzicht, was bedeutet, dass der Versicherer auch Schäden oberhalb der Versicherungssumme über- nimmt. Verlässt sich der Vermittler rein auf die Angaben des Tools, ohne die Bedingun- gen des bestehenden Vertrags zu überprüfen, empfiehlt er unter Umständen ein unpassen- des Produkt. „Wir haben nicht den Anspruch, den gesamten Beratungsprozess abzudecken, sondern nur die Bedarfsanalyse“, betont Möl- ler. „Die Abfrage von Bedingungen sowie alle weiteren Schritte in einem Beratungsprozess fallen nicht in den Bereich der DIN Spec 77222.“ Branchenkenner wie Frank Winands, Chef der Maklerfirma WMS Probitas, befürchten dennoch, dass die Spezifikation oder insbe- sondere eine Norm den Beratern eine Schein- sicherheit vorgaukelt – und womöglich Haf- tungsprobleme beschert. Selbst wenn sie sich an alle Einzelheiten der Norm halten würden: Gesetze wie das VVG haben immer Vorrang. „Eine Norm entbindet Vermittler nicht, selber nachzudenken“, bemerkt Olejar lakonisch. Diese Scheinsicherheit könnte auch End- kunden Probleme bereiten. Die DIN Spec oder eine Norm sind wie gemacht dafür, als Blaupause für einen rein digitalen Beratungs- prozess zu dienen. Ein Robo-Advisor mit DIN-Stempel wäre sicherlich geeignet, skep- tischen Kunden die Angst vor einer Online- Beratung zu nehmen. Fehlt im entscheiden- den Moment jedoch ein „echter“ Berater, hat dieses Vertrauen womöglich teure Folgen. Kundenliste wächst Wegen solcher Fragen sehen Verbraucher- schützer die jüngsten Aktivitäten der Gesell- schaft kritisch. „Defino ist dabei, Marktein- fluss aufzubauen“, sagt Grieble. „Das kann dazu führen, dass man sich rechtfertigen muss, wenn man nicht mit der Spezifikation arbeitet.“ Er spielt darauf an, dass das Unter- nehmen in den vergangenen Monaten eine Reihe von Kooperationen schließen konnte. Neben der Zusammenarbeit mit der Deut- schen Bank konnte Möller auch Morgen & Morgen und das Softwarehaus Finanzportal24 gewinnen. Auf der Kundenliste von Defino stehen unter anderem schon Maklerpools wie Jung, DMS & Cie., Confee und PMA. Ein weiterer Coup war die Gründung der Definet Deutsche Finanz Netzwerk, die mit den Finanzvertrieben Formaxx und Mayflo- wer verbunden ist (siehe Diagramm). Definet bietet auch externen Vertrieben Dienstleistun- gen wie Rechnungswesen, Controlling sowie Analyse- und Beratungstools an – natürlich mit Defino-Software. Zudem hat Defino mit der DIN Spec 77223 kürzlich ein weiteres Regelwerk veröffentlicht, das den Verbrei- tungsgrad der DIN Spec 77222 ebenfalls vergrößern dürfte. Wie groß die Marktdurchdringung schon ist, weiß allerdings wohl nur Defino selbst. Wie geht es nun weiter? Als Nächstes wird der DIN-Ausschuss den Normentwurf vorlegen, auf den sich die Mitglieder geeinigt haben. Dazu kann die Branche dann Stellung beziehen. So schnell wird die Diskussion über die normierte Beratung also nicht beendet sein. JENS BREDENBALS | FP vertrieb & praxis I defino Foto: © Defino Klaus Möller, Defino: „Wir haben nicht den Anspruch, den gesamten Beratungsprozess abzudecken.“ Wer gehört zu wem? Die Defino und ihre Schwestergesellschaften Inhaber der Termühlen Beteiligungsgesellschaft ist der ehemalige MLP-Chef Bernhard Termühlen. Sein früherer Personalchef Klaus Möller ist sowohl Geschäftsführer der Defino als auch der Definet. * Umfirmierung geplant; Quelle: Bundesanzeiger, eigene Recherche TERMÜHLEN Beteiligungen Verwaltungs GmbH hält 80 % an: 100 % Anteile in unbekannter Höhe Defino Definet 100 % Mayflower 75 % Formaxx Mayflower Capital AG*

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