FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2016

234 www.fondsprofessionell.de | 1/2016 die Auskunftei Schufa versucht mit der Initia- tive „Schufa macht Schule“ aufzuklären. „Es ist auf jeden Fall sinnvoll, in der Schule beigebracht zu bekommen, wie man mit den eigenen Finanzen umgeht. Die Schule ist praktisch der einzige Ort, wo die Politik noch jeden relativ einfach erreichen kann“, sagt Antonia Grohmann vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Berliner Forscher machen finanzielle Bildung am Ver- ständnis für Zinsen, Inflation und für Diver- sifikation fest. Auch wenn gezielte Bildungs- maßnahmen grundsätzlich sinnvoll erschei- nen, versetzt das DIW zu großen Hoffnungen einen Dämpfer. „Im Durchschnitt ist der ge- messene Effekt von verbessertemWissen auf das Verhalten gering und nimmt mit der Zeit deutlich ab“, sagt Grohmann. Sie empfiehlt den Lehrern, bei den Grundlagen zu bleiben: „Die Vermittlung von einfacheren Konzepten ist oft effektiver, als wenn man krampfhaft zu erklären versucht, wie man einen Zinssatz ausrechnet.“ Berater sollen aufklären Hochschullehrer von Lüde sieht auch die Anlageberater in der Pflicht, ihren Kunden Finanzwissen zu vermitteln. Der Anleger braucht aber nicht zum Börsenexperten aus- gebildet zu werden. Oftmals hilft es bereits, den Zinseszinseffekt zu erläutern. „Hier kön- nen Berater zur finanziellen Bildung beitragen und erklären, welch immensen Unterschied es im Endwert ausmacht, wenn jemand 30 Jahre lang regelmäßig einen bestimmten Betrag auf sein Sparbuch bei minimaler Verzinsung ein- zahlt oder den gleichen Betrag in einen Ak- tien- oder Mischfonds investiert, selbst wenn dieser im Anlagezeitraum nur eine durch- schnittliche Rendite von drei Prozent pro Jahr erwirtschaftet“, so von Lüde. Der Rat scheint in Teilen der Branche schon angekommen zu sein. Viele Berater machen ihre Kunden „fit“, nicht nur im per- sönlichen Beratungsgespräch, sondern auch über Artikel auf ihrer Homepage oder in Newslettern. Frank und Frerk Frommholz, Honorarberater aus Hamburg, betreiben ge- meinsam mit Kollegen sogar eine eigene Website: Auf dem Portal Finanzkun.de berei- ten unabhängige Berater Wirtschafts- und Fi- nanzthemen allgemein verständlich auf (siehe auch „Fernziel ‚Finanzkundler‘“ in FONDS professionell 4/2015). „Wir möchten Finanz- wissen an breite Bevölkerungsschichten wei- tergeben“, sagt Frerk Frommholz. „Der auf- geklärte Verbraucher auf Augenhöhe ist unser Ziel.“ Auch Peter Binz, Honorarberater aus Starnberg, veröffentlicht auf seiner Homepage eine eigene Bibliothek mit Aufsätzen über das rationale Investieren. Tipps für den Berateralltag Für den Berater ist das Wissen über die emotionale Prägung des Kunden durch die Familie von großer Bedeutung. Doch mit rein rationalen Argumenten lassen sich emotional verfestigte Überzeugungen nur schwer verän- dern. Hinzu kommt, dass den Anlegern man- che Normen und Verhaltensweisen oftmals gar nicht als solche bewusst und folglich auch nur schwer zu hinterfragen sind. „Deshalb fällt es vielen Menschen schwer, sich von vor- gegebenen Bahnen eines ‚richtigen‘ Sparver- haltens zu lösen, auch wenn das vielleicht not- wendig wäre“, so von Lüde. Der Berater sollte dennoch Alternativen zum Sparbuch anbieten, dabei aber behutsam vorgehen. „Weil Gewohnheiten nicht einfach durch das Aufzeigen von Verhaltensalterna- tiven veränderbar sind, ist es sinnvoll, Ver- änderungen in der Anlage, etwa hinsichtlich Aktien oder Fonds, mit einem kleineren Teil des Vermögens auszuprobieren“, sagt von Lüde. Wenn der Fonds auf mittlere Sicht eine höhere Wertsteigerung aufweist als das Spar- buch, können damit positive Erfahrungen ver- mittelt werden. „Dies kann die Grundlage für ein langfristig verändertes Anlageverhalten schaffen, das dann auch an die eigenen Kinder weitervermittelt wird. Geduld ist also eine ge- fragte Beratertugend, die sich aber langfristig auszahlt“, so der Wissenschaftler. Bei der Aufklärung geht es für den Berater also nicht immer darum, das bessere Argument zu haben. Manchmal reicht es schon, Kunden ein besseres Gefühl zu geben. MARCUS HIPPLER | FP vertrieb & praxis I finanzbildung Foto: © DIW, Universität Hamburg Antonia Grohmann, DIW: „Es ist sinnvoll, in der Schule den Umgang mit Finanzen beigebracht zu bekommen.“ Rolf von Lüde, Universität Hamburg: „Berater können zur finanziellen Bildung ihrer Kunden beitragen.“ Einflussfaktoren auf finanzielle Bildung und Finanzverhalten Finanzielle Bildung Rechen- fertigkeiten Finanzielles Verhalten Bildungs- hintergrund der Eltern Kindheits- erfahrungen mit Geld Finanzielle Erziehung durch die Eltern Wirtschaft in der Schule Qualität der Bildung Das Deutsche Institut für Wirt- schaftsforschung (DIW) hat untersucht, welche Faktoren den Umgang mit Geld beeinflussen. Die Schule spielt eine Rolle, wichtiger und vor allem prägen- der ist aber, was einem die Eltern mit auf den Weg gegeben haben. Quelle: DIW

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