FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2016
284 www.fondsprofessionell.de | 1/2016 und mehreren Studien, die wir in den vergan- genen 15 Monaten innerhalb der Industrie durchgeführt haben, lassen sich unabhängig davon durchaus einige Kernaussagen zum Publikumsfondsvertrieb in Deutschland tref- fen“, sagt Lanzendorf. Was die Aussichten für den unabhängigen Berater betrifft, ist das Re- sümee der Analyse einerseits unerfreulich, für einen Teil der Betroffenen jedoch durchaus er- mutigend. „Der IFA stirbt nicht aus, er muss aber professioneller werden“, fasst der Analyst das Ergebnis zusammen. Auch wenn dem IFA-Geschäft in Zukunft ein relativer Rückgang von heute 13 Prozent auf künftig nur noch knapp elf Prozent pro- gnostiziert wird, werde die Entwicklung die- sen Vertriebskanal keineswegs obsolet machen, dämpft Lanzendorf allzu dramatische Untergangsszenarien. Viel eher bezögen sich die Veränderungen in diesem Bereich auf eine sehr starke Fokussierung im Hinblick auf Ko- sten und Nutzen. „Die Anbieter setzen künftig noch stärker auf den hoch qualifizierten, um- satzstarken Vermittler“, so der Analyst. Ge- fragt seien in Zukunft solche Einheiten, die ihr Geschäft sehr professionell betreiben, be- tont er. Nur noch die Zulassung gemein „Dabei wissen die Produktanbieter heute sehr genau, wer ihre Leistungsträger sind, und haben ihre Kunden entsprechend segmen- tiert“, weiß Lanzendorf. Mit dem „klassischen IFA“ hätten diese Berater sozusagen nur noch die Zulassung gemein. Art und Umfang ihres Geschäftsbetriebs würden sie zunehmend mit den professionellen Fondsselektoren ver- gleichbar machen. Außerdem würden sich die Gesellschaften davon erhoffen, den Wegfall vieler kleinerer und immobiler Umsätze durch Menge zu kompensieren – ganz wie im „Wholesale“-Bereich. Gleichzeitig und trotz niedrigerer Margen strebt alles zum institutionellen „Fleischtopf“, so eine weitere Erkenntnis aus der Umfrage. Auch wenn der Anteil der „echten“ institutio- nellen Kunden sich laut den Erwartungen der Umfrageteilnehmer von heute knapp 22 auf etwa 20 Prozent anteilig verringern dürfte, werde immer noch ein erheblicher Anteil von dieser Kundengruppe bestimmt. Neue Gefahren für Mischfonds Lanzendorf weist in diesem Zusammen- hang auf eine damit verbundene Gefahr hin, die seiner Ansicht nach von der zunehmenden Nutzung von Publikumsfonds im institutio- nellen Geschäft ausgeht. „Auch in diesem Bereich tut man sich mit Meinung und Timing seit Längerem sehr schwer und nutzt daher die auch bei privaten Anlegern belieb- ten Mischfonds aller Art“, erklärt er. „Damit es am Markt zu einer Erschütterung kommt, braucht es also noch nicht einmal eine Herde, sondern lediglich eine überschaubare Zahl dieser Elefanten.“ Dazu müsse es nicht kommen, es lohne sich aber auf jeden Fall, als Gesellschaft hierauf genauso ein Augenmerk zu richten wie als Berater. Dachfonds als Call auf Fintechs? Dachfonds sorgen seit Jahren für kontrover- se Diskussionen. Egal wie man dazu steht, die Fondsindustrie hängt mit jedem siebten Euro an diesem Vertriebskanal und will dies offen- bar auch nicht wesentlich ändern, wobei der Dachfondsmarkt in Deutschland volumenmä- ßig sehr stark auf einige wenige Großadressen konzentriert ist. Die Umfrageergebnisse aber legen noch einen bedeutenden neuen Faktor nahe. „Die dem Dachfonds als wesentlichem Absatzkanal auch in der Zukunft beigemesse- ne Attraktivität basiert zu einem guten Teil auf der Annahme der Anbieter, dass Privatbanken, Sparkassen und Genobanken in der Lage sein werden, den Abbau von zirka 40 Prozent der Bankfilialen in den kommenden Jahren zu kompensieren“, argumentiert Lanzendorf. „Der einzige Weg, die Kunden für die Dach- fonds zu halten, wäre aus unserer Sicht die erfolgreiche Einführung von Onlinevermö- gensverwaltungen, sogenannten Robo-Advi- sors, und die Überführung der Anleger in solche Lösungen.“ Überschätzte Newcomer Ob sich diese Annahme bestätigt, wird wohl erst die Zeit zeigen. Während Sparkas- sen und Volksbanken den nach den Stiftungen größten Zuwachs als Vertriebskanal erleben, scheinen Selbstentscheider zu einer Art Rand- erscheinung zu werden. „Das zeigt auch, dass die Anbieter den Fintechs nicht den wirklich großen Bedeutungszuwachs beimessen, wie ihn viele Medienberichte über sogenannte ,Robo-Advisors‘ suggerieren“, glaubt Lanzen- dorf. „Insgesamt soll diesem Segment sogar ein Rückgang von heute fünf auf künftig nur noch vier Prozent des Anteils am verwalteten Volumen bevorstehen.“ Klar sei, dass angeb- lich eine „schöne neue Welt“ vor der Tür stehe, in der Robo-Berater klassische Banken und freie Berater im Direktgeschäft überflüs- sig machen wollen. Doch was sie wirklich taugen, müssen die Newcomer erst noch unter Beweis stellen. HANS HEUSER | FP vertrieb & praxis I ver triebswege Foto: © Drescher & Cie. Christian Lanzendorf, Drescher & Cie.: „Der IFA stirbt nicht aus, er muss aber professioneller werden.“ Wie die Branche im Publikumsfondsvertrieb aufgestellt ist Nach den Ergebnissen der Drescher-Studie verfügen die in Deutschland aktiven Asset Manager im Mittel über eine Vertriebsmannschaft von fünf Sales-Personen. Welchen Bereichen diese zuzuordnen sind, ist nicht immer einfach zu ersehen. Unterschiedliche Bezeichnungen machen die Zuordnung komplex, mal wird zwischen „Vertrieb Banken“ und „Vertrieb Nichtbanken“ unterschieden, mal zwischen „Retail“ und „Wholesale“. Eine vorsichtige Abgrenzung zeigt eine Aufteilung der Vertriebsmannschaften auf einen Mittelwert von drei Retail-Sales und zwei Wholesale/(Se- mi-)Institutional-Sales. Die Spreizung der Personalstärken liegt dabei zwischen einer/eine für alle und alles bis hin zu sehr stark segmentierten 32 Personen. Eine deutliche Häufung findet sich dabei zwischen vier und sieben Ver- triebsverantwortlichen. Das ist nach Ansicht der Studien- autoren eine „ordentliche Schlagzahl“, die personell vor- gelegt wird. Dabei stellt sich die Frage, ob und inwieweit diese Stärke der Vertriebsapparate künftig durchzuhalten sein wird, wenn Kostendruck und Margenerosion in der Fondsindustrie anhaltend hoch bleiben und gleichzeitig die Institutionalisierung des Geschäfts tendenziell sogar noch zunehmen wird. Interessant ist in Bezug auf die Commitments, die in Richtung der Vertriebskanäle abge- geben werden, vor allem die Konzentration auf die zwei Bereiche „fachliche Qualifizierung des Vertriebspersonals“ und „Digitalisierung“. Hier will man keinesfalls den An- schluss verpassen. Alles in allem sieht sich die Masse der Anbieter aber personell gut aufgestellt, wobei ein gutes Drittel plant, sich im laufenden Jahr weiter zu ver- stärken, um die Kundenseite besser bedienen zu können. Dieser Schritt ist von vielen Mitbewerbern bereits in den vergangenen zwei bis drei Jahren vollzogen worden.
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