FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2016
323 www.fondsprofessionell.de | 1/2016 mehr tun“, berichtet Thier. Da er sich als Jurist mit dem Abkommen bestens auskennt, kon- terte er sofort. „Fatca regelt lediglich die Mel- depflichten, das Abkommen verbietet Finanz- instituten aber keineswegs, für US-Kunden in der Geldanlage tätig zu sein“, erklärt er. So et- was sollte sich niemand, der unter die Fatca- Regelung fällt, weismachen lassen. Nachdem der Anwalt seinem Berater bei der Deutschen Bank kurz und knapp die Rechtslage erklärt hatte, druckste dieser ein bisschen herum. „Er hat dann die Compliance- Abteilung zitiert und wiederholt, Anlagege- schäfte seien für mich bei der dieser Bank jetzt passé“, erzählt Thier. Daraufhin wechsel- te der Anwalt zu einem US-Institut. „Und das, obwohl ich zwar die doppelte Staatsbürger- schaft habe, aber derzeit weder in den USA lebe noch ein zu versteuerndes Einkommen dort erziele“, sagt Thier. Das sei schon ziem- lich verrückt. Thomas Ohl, Finanzberater in München, kann Thiers Geschichte noch toppen. „Ich habe in meiner Klientel eine Anlegerin, die 1957 in den USA geboren wurde, weil ihr Va- ter damals dort beruflich tätig war“, berichtet er. „Sie ist schon als Kleinkind mit ihren El- tern nach Deutschland gekommen, hat als Er- wachsene nie in den USA gelebt, dort zu kei- ner Zeit ein Einkommen erzielt, besitzt kei- nerlei Vermögen in den USA und war somit dort bisher nie steuerpflichtig“, sagt Ohl. Trotzdem hat sie von der Frankfurter Fonds- bank (FFB) ein ähnliches Schreiben erhalten wie die Zena Garrison. „Es ist doch einfach unglaublich, dass diese Dame jetzt behandelt wird wie eine voll steuerpflichtige US-Bürge- rin“, sagt Berater Ohl. Auch für Green-Card-Inhaber Es mag unglaublich und unfair erscheinen, doch die FFB hat Ohls Kundin zu Recht als Person identifiziert, die unter die Fatca-Rege- lungen fällt. Denn das Abkommen erstreckt sich auf alle US-Bürger, auch wenn sie eine weitere Staatsbürgerschaft haben. „Ob sie je- mals in den Vereinigten Staaten gearbeitet oder gelebt haben, ist dabei völlig irrelevant“, erklärt Thier. Und der Kreis der Betroffenen ist noch viel größer. „Fatca gilt auch für deut- sche Bürger, die dauerhaft in den USA ansäs- sig sind, damit also für alle Inhaber einer Green Card“, sagt der Experte. Nicht ganz klar ist, ob das Abkommen auch für Deutsche, die vorübergehend in den USA arbeiten, Wir- kung entfaltet. „Zumindest werden sie sich auf Fragen ihrer Banken und Versicherer ein- stellen müssen, möglicherweise selbst dann noch, wenn sie längst wieder in Deutschland sind“, vermutet Thier. Immerhin könnte der vorübergehende Arbeitsaufenthalt in den USA als „US-Indiz“ gelten. „Und wenn Finanzin- stitute auch nur die Vermutung haben, dass Fatca eventuell greifen könnte, müssen sie der Sache nachgehen“, erläutert der Jurist. Keine Bank will US-Bürger Zena Garrison legt ihr Geld inzwischen bei einer US-Bank an. Andere Möglichkeiten bie- ten sich derzeit auch nicht. „Ich könnte mir vorstellen, dass vielleicht kleinere Institute die Situation als Nische erkennen und sich Fatca- Betroffene bewusst als Kunden erschließen“, gibt Garrison zu bedenken. Bislang kennt aber selbst der Bundesverband deutscher Banken kein solches Angebot. Bleiben Zweitnieder- lassungen hiesiger Geldinstitute im europäi- schen Ausland: Für diese gilt das Abkommen zwischen den USA und der Bundesrepublik nicht. „Die meisten europäischen Länder haben aber ebenfalls Fatca-Abkommen unter- zeichnet“, weiß Experte Thier. Und die brin- gen Anlegern mit „US-Indiz“ auch keine guten Nachrichten. ANDREA MARTENS | FP Foto: © Carl-Christian Thier Carl-Christian Thier, Urban Thier & Federer: „Fatca verbietet Banken nicht das Geschäft mit US-Kunden.“ Fatca: Die aktuelle Rechtslage Fatca: Die Abkürzung steht für „Foreign Account Tax Compliance Act“. Dieser ist Teil des US-Gesetzes „Hiring Incentives to Restore Employment Act“ (Hire Act), das im März 2010 in Kraft getreten ist. Fatca bringt für Finanzinstitute, die ihren Sitz in sogenannten Part- nerländern haben, verschärfte Vorschriften für das Reporting an die US-Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS). Partnerländer sind Staa- ten, die mit den Vereinigten Staaten bilaterale Abkommen zur Umsetzung von Fatca geschlos- sen haben. Ziel ist es zu verhindern, dass US- Steuerpflichtige Geld ins Ausland bringen und am Fiskus vorbeischleusen. Umsetzung in Deutschland: Die Bundesrepublik Deutschland hat am 13. Mai 2013 mit den USA ein Ab- kommen geschlossen, das sie zur Umsetzung der Fatca- Regelungen in deutsches Recht verpflichtet. Das entspre- chende Gesetz ist am 10. Oktober 2013 in Kraft getreten. Die Umsetzungsverordnung (Fatca-USA-UmsV) ist seit 23. Juli 2014 rechtsgültig. Seitdem müssen deutsche Kreditinstitute und andere Finanzdienstleister alle steuer- relevanten Daten von Kunden an die IRS melden, die nach dem Gesetz „Personen der Vereinigten Staaten“ sind. Betroffene Personen: Zu den „Personen der Vereinigten Staaten“ zählen alle US-Staatsbürger, auch wenn sie noch eine weitere Staatsbürgerschaft haben, außerdem in den USA dauerhaft ansässige deutsche Bürger, etwa Green-Card-Inhaber. Nicht ganz klar ist, ob auch Personen mit deutschem Pass, die nur vorübergehend mit einem Arbeits- visum in den USA ansässig sind, unter die Repor- ting-Pflichten fallen. US-Indiz: Vermuten Kreditinstitute und Finanzdienst- leister, dass ein Kunde zu den Personen zählt, für die Fatca gilt, besteht die Pflicht, dies zu überprüfen. Meldende deutsche Institute: Zum Reporting ver- pflichtet sind Finanzinstitute mit Sitz in Deutschland. Dazu zählen Banken, Sparkassen, Depotbanken, Investment- unternehmen, Kapital- und Vermögensverwalter. Betroffen sind auch Versicherungen, sofern sie rückkauffähige Ver- sicherungs- oder Rentenversicherungsverträge anbieten. Nicht meldepflichtig nach sind nach deutschem Recht Zweigniederlassungen hiesiger Finanzinstitute im Ausland. Das muss gemeldet werden: Der Katalog der melde- pflichtigen Daten ist sehr umfangreich. Betroffen sind „Finanzkonten“ und damit alle Geschäfts-, Giro-, Spar- und Terminkonten, Wertpapierdepots, außerdem rückkauf- fähige Versicherungs- und Rentenversicherungsverträge. Gemeldet werden unter anderem Name, Anschrift, US- Steueridentifikationsnummer, Kontonummer, Kontostand, Rückkaufswerte, Gesamtbruttobetrag der Zinsen, Dividen- den und andere Einkünfte, die mit den auf dem Konto befindlichen Vermögenswerten erzielt worden sind. Rechtliche Grundlage: Gesetz zu dem Abkommen vom 31. Mai 2013 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten und hinsichtlich der als Gesetz über die Steuerehrlichkeit bezüglich Auslandskonten bekannten US-amerikanischen Informations- und Meldepflichten, Artikel 1 und Artikel 2, Absatz 1 und 2.
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