FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2016
Da muss ich den Ball in Richtung der Mit- gliedsstaaten spielen. Es bleibt abzuwarten, welche Entscheidungen die jeweiligen Länder, bei uns das Finanzministerium, hier treffen. Ich gehe davon aus, dass die schriftliche Auf- zeichnung erst einmal der Regelfall bleiben wird, auch aus Haftungsgründen. Alles andere wäre ein echter Systemwechsel, und die Frage ist, ob dieser tatsächlich einen Mehrwert brin- gen würde. Ich glaube, das Finanzministerium ist bei solchen Fragen eher konservativ unterwegs. Wir hören immer wieder Stimmen, die ein Provisionsverbot in der Finanzbera- tung fordern. Wie stehen Sie dazu? Natürlich gab es in der Diskussion umMifid II Kräfte, gerade auch in der EU-Kommission, die der Ansicht waren, man sollte sich ganz auf eine Honorarberatung konzentrieren. Wir konnten aber durchsetzen, dass die bewährten Beratungsmodelle in den EU-Mitgliedsstaaten fortgeführt werden können. Aus meiner Sicht sollte man es dem einzelnen Unternehmen überlassen, wie es das Produktangebot gestal- ten möchte. Was man wählt, hängt immer auch vom Geschäftsmodell ab. Es ist nicht die Aufgabe des Gesetzgebers, da ordnungspoli- tisch stark einzugreifen. Letztendlich muss der Kunde entscheiden können, welches Bera- tungsmodell er je nach seinen Bedürfnissen in Anspruch nehmen möchte. Und Mifid II hat jetzt erst einmal sichergestellt, dass dies auch weiterhin möglich ist. Mifid II sieht vor, dass Provisionen im Fondsvertrieb nur noch erlaubt sein sol- len, wenn sie die Beratungsqualität ver- bessern. Die EU-Versicherungsvertriebs- richtlinie, kurz IDD, verlangt lediglich, dass Provisionen nicht zu Lasten der Qualität gehen. Wären einheitliche Regelungen nicht besser? Ich verstehe, dass es den Wunsch gibt, die Regelungen zusammenzuführen. Dennoch möchte ich betonen, dass eine einheitliche Lö- sung nicht selbstverständlich ist, denn die Ge- setzesanforderungen in der Mifid II und der IDD sind unterschiedlich formuliert. Die Ar- beit an den Rechtsakten zur IDD hat aller- dings gerade erst begonnen. Der Prozess wird zeigen, was im Einzelnen wie umzusetzen ist. Daher ist es für eine Prognose jetzt noch zu früh. Das EU-Parlament wird den Umset- zungsprozess jedenfalls sehr eng verfolgen. Sie sind in der Finanzmarktregulierung ganz vorn mit dabei. Gibt es denn einen Bereich, von dem Sie ganz persönlich sa- gen würden, dass er unbedingt reguliert werden muss? Ja, wir müssen uns sehr stark um den Bereich der Schattenwirtschaft kümmern. Ich sage be- wusst Schattenwirtschaft, nicht Schattenban- ken. Und wenn ich sage „wir“, dann sehe ich mich schon mit an der Spitze derer, die das machen sollten und wollen. Eine Lehre, die wir aus der Regulierungsagenda der vergan- gen Jahre ziehen konnten, ist, dass sehr viele Unternehmen in den Schattenbereich abge- wandert sind. Wenn man sich die Zahlen an- schaut, dann muss der Gesetzgeber konkret darüber nachdenken, wie dieses Problem in den Griff zu kriegen ist. Wenn Sie mich fra- gen, was die großen Themen dieser Wahl- periode sind, dann gehört die Regulierung der Schattenwirtschaft dazu. Das sehe ich als vorrangiges Ziel an. Dann halten Sie es sicher auch für not- wendig, dass große Fondsgesellschaften als systemrelevant eingestuft und eigens beaufsichtigt werden, oder? Absolut. Man muss sich ja nur vor Augen führen, welch wichtige Spieler die großen internationalen Fondsgesellschaften sind. Daher muss man sich überlegen, in welchen Bereichen man bei den Gesellschaften Risi- ken identifiziert, und dann darüber reden, wie man diesen Risiken begegnen kann. Das The- ma ist nicht vorrangig, steht aber mit auf der Liste der Dinge, die anzugehen sind. Vielen Dank für das Gespräch. ANDREA MARTENS | FP Burkhard Balz mit einer Euromünze, die er anlässlich der Einführung der Gemeinschaftswährung in Lettland bekommen hat: „Ein Brexit würde die europäische Währung selbstverständlich enorm belasten.“ steuer & recht I burkhard balz | eu-parlament 326 www.fondsprofessionell.de | 1/2016 » Letztendlich muss der Kunde entscheiden können, welches Beratungsmodell er in Anspruch nehmen möchte. « Burkhard Balz, CDU, EVP Foto: © Philippe Veldeman Burkhard Balz Burkhard Balz, Jahrgang 1969, absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann und studierte danach Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Göt- tingen. Seine politische Laufbahn beginnt im Jahr 1985 mit dem Eintritt in die Junge Union. Seit Juli 2009 ist er erster stellvertretender Bezirksvorsitzender der CDU Han- nover, seit 2010 Mitglied des Landesvorstandes der CDU Niedersachsen. Im Jahr 2014 wurde er Koordinator der EVP-Fraktion im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments.
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