FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2016

jeden Tag eine besonders gute neue Anlageidee findet. Das ist übrigens so etwas wie eine Berufskrankheit vieler Fondsmanager, die der vom Markt stän- dig suggerierten Versuchung erliegen, sie müssten aktiv werden. Ein niedriger Portfolioumschlag im DWS Top Divi- dende ist in erster Linie ein Beleg dafür, dass ich sehr langfristig orientiert bin hinsichtlich der in meinem Fonds ver- folgten Strategie. Heuser: Allerdings wirken Sie auf den ersten Blick nicht gerade wie ein Überzeugungstäter angesichts von Positionsgrößen im Fonds, die sich in aller Regel zwischen ein und maxi- mal drei Prozent des Fondsvermö- gens bewegen. Das spricht doch nicht gerade für bewusst gesetzte Schwer- punkte? Schüßler: Ich bin in der Tat kein Freund davon, allzu große Positionen in einzel- nen Aktien zu haben und damit das Einzeltitelrisiko im Fonds zu erhöhen, ich strebe eher so etwas wie ein Gleich- gewicht der Positionen an. Dabei spielt nicht zuletzt auch das mittlerweile erreichte Fonds- volumen eine Rolle. Wir managen inzwischen insgesamt rund 18 Milliarden Euro in dieser Strategie, die auf Blue Chips in der ganzen Welt setzt. Natürlich gibt es in diesem Uni- versum durchaus Aktien, in denen ohne Mühe auch Positionen von neun Prozent möglich wären, aber eben nicht allzu viele. Glow: Andererseits gibt es eine Reihe von Fonds, die deutlich höhere Konzentratio- nen in einzelnen Werten aufweisen, ganz zu schweigen von sogenannten High-Con- viction-Managern, die die Gewichtung von besonders aussichtsreich eingestuften Un- ternehmen leicht auch bis zum Maximum ausreizen. Schüßler: Ein solches Agieren würde nicht zur Strategie unseres Fonds passen. Unser An- spruch ist es, mit dem DWS Top Dividende ein Basisanlagevehikel mit einer niedrigen Volatilität und einem möglichst geringen Ver- lustrisiko bereitzustellen. Extreme Einzelwet- ten eignen sich dafür nicht. Heuser: Gibt es dann so etwas wie einen Rebalancing-Mechanismus in Ihrem Fonds, um die Gewichtung gut gelaufener Werte zu reduzieren und schlechter gelau- fene Aktien eventuell aufzustocken? Schüßler: Feste Regeln oder gar einen Auto- matismus, nach dem die Einzelpositionen im Fonds durch Nachkauf oder Verkauf auf eine bestimmte Größe hin getrimmt werden, gibt es nicht. Natürlich nehme ich hier und da auch einmal Gewinne mit. Allerdings bin ich im Allgemeinen eher der Ansicht, dass man Gewinne laufen lassen sollte, wenn eine Aktie einen positiven Trend aufweist und noch nicht zu teuer geworden ist. Warum soll ich denn krampfhaft mögliche Kursgewinne abschnei- den? Für Fondsmanager besteht schließlich immer die Gefahr, Gewinne zu früh zu beschneiden, wenn der Kurs einer Aktie vielleicht einmal um 30 Prozent zugelegt hat. Ich bin der Ansicht, dass man eher die Ver- lierer besonders im Auge behalten sollte – um wirklich früh genug zu entscheiden, ob es nicht besser ist, sich von einer Aktie zu trennen, wenn deren Kurs erst ein- mal um 20 Prozent gesunken ist. Das ist für mich die viel größere Heraus- forderung. Glow: Was sind denn konkret die Trigger, an- hand derer Sie über Nachkauf oder Verkauf entscheiden? Schüßler: Wir formulieren in erster Linie bestimmte Kursziele. Das macht eigentlich jeder Fonds- manager. Diese Kursziele sind mit den jeweils entsprechenden Dividenden- renditen einer Aktie eng verbunden. An dem Zusammenspiel von Aktien- kurs und Dividendenrendite lässt sich in einem Fonds wie dem DWS Top Dividende relativ leicht ablesen, ob eine Aktie eventuell zu teuer oder zu billig geworden ist. An solchen Punk- ten muss ich entscheiden, ob sich ein Zukauf lohnt, ob ich eventuell einen Teil der erzielten Kursgewinne mitneh- men sollte, oder ob ich möglicherweise das gesetzte Kursziel anpassen sollte. Wobei man sagen muss, dass Gewinnmitnahmen in einem Dividendenfonds keineswegs so häufig vor- kommen wie in anderen Fonds. Wenn Sie sich die Liste unserer Einzelpositionen an- schauen, stellen Sie fest, dass darunter in der Regel nicht die Werte zu finden sind, die sich in einer starken Aufwärtsbewegung mal eben verdoppeln. Für Konsumaktien, Telekombe- treiber oder Gesundheitswerte entwickeln die meisten Marktteilnehmer keine echte Eupho- rie. Daher bin ich mit meinem Fonds ohnehin im Regelfall nicht dabei, wenn am Markt die große Kursparty gefeiert wird. Heuser: Wie muss man sich das im Hin- blick auf Verkaufszeitpunkte vorstellen? Schüßler: Wenn die Dividendenrendite im Zuge eines starken Kursrückgangs einer Aktie in Regionen von über sechs oder sieben Pro- zent ansteigt, dann wird es gefährlich, denn das ist schon ein klares Warnzeichen dafür, dass es zu einer Dividendenkürzung kommen könnte. In einem solchen Fall kommt es na- türlich auf die Beurteilung der fundamentalen Situation eines Unternehmens an. Wenn diese Beurteilung negativ ausfällt, dann werden wir sicher nicht zögern, eine Aktie zu verkaufen, auch wenn deren Kurs bereits um 30 Prozent im Minus liegt. Thomas Schüßler (Deutsche AM): „Für Fondsmanager besteht immer die Gefahr, Gewinne zu früh zu beschneiden.“ 64 www.fondsprofessionell.de | 1/2016 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör KREUZ VERHÖR » Bei 95 Prozent der Werte in meinem Fonds wird auch in diesem Jahr mit extrem hoher Sicherheit eine Dividendenzahlung erfolgen, bei den meisten sogar eine Dividendenerhöhung. « Thomas Schüßler, Deutsche Asset Management Alle Fotos: © Christoph Hemmerich

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