FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2016
Heuser: Wie hat sich diese Korrelation zwi- schen Dividendenrendite und Kurs einer Aktie denn verändert im Hinblick auf eine Zinsentwicklung, die die Renditen im Bondbereich mittlerweile in zum Teil nega- tives Territorium geführt hat? Schüßler: Es gibt natürlich keine einfache Gleichung, vieles hängt auch vom jeweiligen Marktumfeld insgesamt ab. Generell lässt sich schon sagen, dass in einer Zinssituation, in der eine zehnjährige Bundesanleihe in früheren Zeiten einmal vier oder sogar fünf Prozent ab- geworfen hat, Dividendenrenditen von im Schnitt sieben bis acht Prozent durchaus rea- listisch waren. Wenn wie aktuell Staatsanlei- hen bei einer Nullverzinsung stehen, dann liegt dieser Wert natürlich deutlich niedriger, bei vielleicht 3,5 oder vier Prozent. Daher be- trägt bei einer Dividendenrendite von sieben Prozent die Wahrscheinlichkeit, dass es zu ei- ner Kürzung der Ausschüttung kommen wird, bereits etwa 33 Prozent. Steigt die Dividen- denrendite dann noch weiter in Richtung zehn Prozent, wie es derzeit etwa bei Öl- und Mi- nenwerten zu beobachten ist, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Dividenden- kürzung auf nahezu 100 Prozent. In einer sol- chen Situation ist Disziplin gefragt, dann muss man als Fondsmanager auch einmal in den sauren Apfel beißen und Verluste strikt be- grenzen. Wenn eine Aktie keine Dividende mehr abwirft und außerdem keine Perspektive einer Erholung ihrer Ertragssituation aufweist, dann kann ich sie nicht mehr halten. Heuser: Seit Kurzem wird ohnehin wieder verstärkt über drohende Dividendenkür- zungen am Markt diskutiert. Eine Gefahr auch für Ihren Fonds? Schüßler: Diese Diskussionen betreffen ins- gesamt vielleicht fünf Prozent der Unterneh- men, insbesondere solche aus dem Rohstoff- und Ölsektor. Auch in meinem Fonds ist jedes Jahr im Schnitt eine Aktie dabei, die die Dividende kürzt. Andererseits würde ich sagen, dass bei 95 Prozent der Werte in mei- nem Fonds auch in diesem Jahr mit extrem hoher Sicherheit eine Dividendenzahlung, bei den meisten sogar eine Dividendenerhöhung erfolgen wird. Die Dividenden eines Unter- nehmens sind erheblich stabiler und vor allem besser prognostizierbar als deren Gewinne. Selbst in den Jahren 2008 und 2009 haben die Unternehmen ihre Ausschüttungen weitge- hend beibehalten. Das war im Grunde noch nie ein Problem. Heuser: Wenn man die Performance des Fonds über verschiedene Zeiträume ana- lysiert, dann fällt auf, dass der DWS Top Dividende bei langen Betrachtungszeit- räumen über fünf oder zehn Jahre regel- mäßig in der Spitze seiner Peergroup liegt. In bestimmten Phasen – wie etwa 2012 und 2013 – hinken Sie dem Markt aber hinterher. Was sind die Gründe dafür? Schüßler: Stark verallgemeinert lässt sich sagen, dass der Fonds in stark auf- wärts gerichteten Märkten etwas zu- rückbleibt, dafür aber in abwärts gerichteten Märkten im Vergleich zur Peergroup besser abschneidet. Als eine Art Daumenregel gilt für den Fonds: Solange der Markt auf Jahresfrist im einstelligen Prozentbereich steigt, kann der Fonds im Prinzip recht gut mithalten. Wenn die Kurssteigerungen zweistellig ausfallen, dann hinken wir normalerweise etwas hinter- her. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zum einen halte ich typischerweise Aktien mit einem Beta unter eins, konkret weist der Fonds derzeit ein Beta von 0,8 im Vergleich zum Markt auf. Wenn Aktienmärkte beispiels- weise um 20 Prozent steigen, dann schaffe ich im Schnitt zwischen 15 und 17 Prozent, aber eben nicht 20. Wenn man einen Fonds defen- siv aufstellt, dann muss man eben an anderer Stelle etwas dafür bezahlen. Auch ein Divi- dendenfonds ist nun einmal keine eierlegende Wollmilchsau. Glow: Da schließt sich die Frage an, wie Sie einen Anleger, der in den vergangenen fünf Jahre eine MSCI-Welt Strategie verfolgt hat, dazu bringen, in Ihren Fonds zu wech- seln? Denn der Performanceunterschied zum Weltaktienindex war doch schon erheblich. Schüßler: Wir werden von Anlegern immer am MSCI Welt gemessen. Allerdings ist es meiner Ansicht nach relativ unfair, diesen Vergleich lediglich über einen Zeitraum von fünf Jahren anzusetzen. Gerade die vergan- genen Jahre waren im Prinzip doch – viel- leicht abgesehen von 2011 – ein ausgeprägter Bullenmarkt oder, anders gesagt, nur ein halber Marktzyklus. Warum wir in einem nachhaltig aufwärts gerichteten Aktienmarkt hinter einem Weltaktienindex etwas zurück- bleiben, habe ich eben erläutert. Daher sollte es einen aufgeklärten Anleger nicht ver- wundern, wenn unser Fonds in einer Fünfjah- resphase, in der der MSCI Welt um rund 70 Prozent gestiegen ist, vielleicht zehn Prozent- Thomas Schüßler (Deutsche AM): „Konkret weist der Fonds ein Beta von 0,8 im Vergleich zum Markt auf. Wenn etwa Aktienmärkte um 20 Prozent steigen, dann schaffe ich im Schnitt zwischen 15 und 17 Prozent, aber eben nicht 20.“ 66 www.fondsprofessionell.de | 1/2016 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör » Wenn eine Aktie keine Dividende mehr abwirft und außerdem keine Perspektive einer Erholung ihrer Ertragssituation aufweist, dann kann ich sie nicht mehr halten. « Thomas Schüßler, Deutsche Asset Management KREUZ VERHÖR Alle Fotos: © Christoph Hemmerich
RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=