FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2016

88 www.fondsprofessionell.de | 1/2016 Weniger Fördertürme produzieren also mehr Öl. „Doch die Steigerungsrate bei der Ver- besserung der Fördertechnik wird bald nach- lassen.“ Die Fracker können dann die Kosten nicht viel weiter drücken. Chancen sehen die Experten im Ölsektor daher derzeit kaum. „Im übertragenen Sinne muss erst das Blut auf den Straßen fließen, bevor ich an einen Einstieg denke“, sagt Berlenbach. Ufuk Boydak, Fondsmanager der Investmentboutique Loys, ergänzt: „Viele Energiefirmen haben noch nicht so viel an Wert verloren wie der Ölpreis.“ Allenfalls Ölmultis wie BP, Total oder Shell würden nicht nur unter dem Verfall leiden, denn mit ihrem eigenen Tankstellennetz profitierten sie auch von dem günstigeren Einkaufspreis. Doch Boydak warnt: „Nur wer hartgesotten ist, kann auf lange Sicht auf eine Erholung setzen.“ Bessere Chancen billigen die Experten eher Gold zu. „Sorgen vor einer Rezession haben ein positives Momentum für Gold geschaf- fen“, sagt Ole Hansen, Rohstoffexperte bei der dänischen Saxo Bank. „Die US-Wirtschaft stottert nach der Zinserhöhung und dem An- stieg des Dollarkurses“, sagt auch Berlenbach. Weiterhin hätten die Bergbaukonzerne nach dem Preisverfall der vergangenen Jahre die Kosten radikal reduziert. „Die Arbeit in eini- gen Gruben wurde eingestellt, andere Schäch- te wurden eingemottet“, berichtet Berlenbach. „Fehlende Investitionen und Explorationen führen zu einer fallenden Produktion. Solche fundamentalen Entwicklungen werden an den Finanzmärkten völlig ignoriert. Ich bin daher vorsichtig optimistisch, dass die Zeit für Gold gekommen ist.“ Die Vorsicht hat einen Grund: Bereits im vergangenen Jahr hatten viele Be- obachter angesichts des Frankenschocks und der Geldflut der EZB eine glorreiche Rück- kehr des glänzenden Metalls prophezeit. Doch die Rally war damals nur von kurzer Dauer. „Unserer Meinung nach deuten die derzeiti- gen Entwicklungen an den Märkten aber tat- sächlich auf einen Stimmungswandel zuguns- ten von Edelmetallen hin“, so Hansen. Die Zinswende in den USA sowie der Preisverfall bei Öl und globalen Aktien hätten die Nach- frage nach dem Edelmetall befeuert. Skeptisch gibt sich dagegen Marcella Chow, Strategin bei J.P. Morgan Asset Management. Der Goldpreis könne wieder einbrechen, sagt sie, er sei eng mit anderen Rohstoffen korreliert. Diese befänden sich in einem klassischen Schweinezyklus. Eine Flucht in Gold wäre Chows Ansicht nach derzeit ein Fehler. Zurückhaltend zeigen sich die Experten auch bei Verbrauchsgütern wie Kupfer, Eisenerz und Co. – trotz der enorm gefal- lenen Notierungen. „Die Entwicklung der Industriemetalle ist stark von der Ent- wicklung Chinas abhängig“, erläutert Max Holzer, Leiter Asset Allocation bei Union Investment. „Letztlich kann keiner der Pro- duzenten überleben, wenn langfristig die Preise unter den Produktionskosten liegen.“ Eine Erholung müsse aber über eine grö- ßere Nachfrage der US-Industrie kommen. Einzelne Grundgüter wie etwa Kupfer wer- den nach Ansicht des Minenexperten Ber- lenbach zwar langfristig auf ein Angebots- defizit zulaufen. „Auf kürzere Sicht bin ich aber sehr vorsichtig. Wir müssen erst wei- tere Minenschließungen abwarten.“ Die Experten sind sich also einig: Der Schweinezyklus bei den meisten Grund- gütern ist nicht vorbei, eine Spekulation auf eine Umkehr noch zu früh. John Bilton, Chef der Multi-Asset-Strategie bei J.P. Morgan Asset Management, fasst die Stim- mung zusammen: „Rohstoffe können zwar eine von der Entwicklung anderer Anla- geklassen entkoppelte Ertragsquelle dar- stellen. Derzeit ist aber eine simple Speku- lation auf steigende Marktpreise sowohl unattraktiv als auch stark schwankungs- anfällig.“ SEBASTIAN ERTINGER | FP markt & strategie I rohstoffe Foto: © ERIG Joachim Berlenbach, ERIG: „Es muss erst Blut auf den Straßen fließen, bevor ich an einen Einstieg denke.“ Radikal gekürzt Durchschnittliche Produktionskosten der Minenbetreiber je Feinunze Gold in US-Dollar im Vergleich zur Entwicklung des Goldpreises Kosten für 2015 gemäß Budgets, ab 2016 geschätzt und Goldpreis bei 1.250 Dollar angenommen Quelle: ERIG 0 300 600 900 1200 1500 ’17 ’16 Budget ’15 Q3 ’15 Q2 ’15 Q1 ’15 2014 2012 2010 2008 2006 2004 2002 2000 USD/ Unze Goldpreis Gold-Produktionskosten 1.470 USD/Unze 1.055 USD/ Unze 292 USD/ Unze Rohstoffwelt im roten Bereich Goldaktienfonds Laufende Volumen in Performance Name ISIN Agio Kosten (TER) Mio. Dollar 1 Jahr 3 Jahre p. a. Blackrock World Gold Fund LU0055631609 5,0 % 2,06 % 2.263,7 -2,0 % -10,9 % Falcon Gold Equity Fund LU0794517200 2,0 % 2,39 % 400,2 -6,3 % -13,4 % Investec Global Gold LU0345780281 5,0 % 1,99 % 175,6 -1,1 % -10,0 % Rohstofffonds Credit Suisse Commodity Allocation LU0496465690 5,0 % 2,06 % 1.372,3 -25,3 % -13,7 % Commerzbank Rohstoff Strategie LU0726941049 5,0 % 1,85 % 393,5* -24,4 % -14,8 % LBBW Rohstoffe 1 DE000A0NAUG6 5,0 % 1,63 % 241,5* -28,7 % -20,3 % Ausgewählte Fonds mit Rohstoff-Fokus * in Mio. Euro | Quelle: Morningstar, Stand: 29.2.2016

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