FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016

201 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 zent der Unternehmen eine derart hohe Zu- gangshürde, 2015 waren es schon 32 Prozent. Und bei 45 Prozent der Firmen müssen Kun- den mindestens 30.000 Pfund mitbringen, zeigt eine Umfrage der FCA. Angesichts der Skandale im Finanzvertrieb und der Einführung des Provisionsverbots ha- ben sich einige Anbieter aus der Anlagebera- tung für Kleinsparer zurückgezogen. Dazu zählen auch Großbanken wie Santander oder Barclays. Kleinere Anbieter haben ganz auf- gegeben. Die Zahl der Beschäftigten in die- sem Segment sank dementsprechend zum Start von RDR hin, hat sich seither aber wie- der etwas stabilisiert (siehe Grafik). Roboter sollen es richten Insbesondere für Kleinsparer bleibt aber die bittere Folge, dass sie von professioneller Be- ratung weitgehend abgeschnitten sind. Dieses Manko will die Finanzaufsicht ausmerzen. Einer der Ansätze ist, die automatisierte Bera- tung zu forcieren. Das sogenannte Robo-Ad- vice hat seit RDR Aufwind erfahren. Junge Fintechs wie Nutmeg konnten erstmals nen- nenswert Geld einsammeln. Aber auch Ge- schäftskundenplattformen haben sich für End- kunden geöffnet. Direktbroker wie Hargreaves Lansdown wiederum verzeichneten seit 2013 einen regelrechten Kundenansturm. Geht es nach den Vorstellungen der FCA-Autoren, sollen solche Angebote weiter ausgebaut wer- den. Mit der neuen Finanzmarktrichtlinie Mifid II werden aber Fragen aufkommen, wie einfach die Robo-Beratung in der Praxis ge- handhabt werden kann (siehe zur Mifid II auch den Artikel auf Seite 296). Als eine weitere Möglichkeit, im Vergleich zur Anlagesumme hoch erscheinende Bera- tungshonorare erträglicher zu gestalten, nennen die Studienautoren Ratenzahlun- gen. Damit könnten die Kosten über einen längeren Zeitraum gestreckt werden. Dies sei derzeit schon möglich. Viele Gesell- schaften nutzten diese Option aber kaum oder wiesen die Kunden nicht darauf hin. Ein Grund dafür könne die Befürchtung der Firmen sein, dabei unerlaubtes Kredit- geschäft zu betreiben. Dies sei aber meist nicht der Fall. Die Behörde will daher besser über die Regeln aufklären. Als zusätzlichen Ausweg aus dem lückenhaften Angebot nennen die Aufse- her eine abgespeckte Form der Beratung. Vielen Finanzdienstleistern sei offenbar nicht klar, wo die Grenze zwischen allge- meinen Hilfestellungen und einer einge- henden Beratung verlaufe. „Gilt es schon als Beratung, wenn man einen Kunden darauf hinweist, dass sich viele andere Kunden in einer ähnlichen Lebenssituation und finanziel- len Lage für eine bestimmte Anlage entschie- den haben?“, fragt Gousios. „Die Grenzen sind fließend.“ Aus Furcht vor einem mögli- chen Fehltritt scheuen sich Firmen, billigere Prozesse wie Beispielfälle oder Musterport- folios zu entwickeln. Der Report empfiehlt daher, diese Unklarheiten zu beseitigen. Schließlich sehen die Studienautoren einen weiteren Weg, die Beratungslücke zu schlie- ßen: indem große Akteure ein breit angelegtes Beratungsangebot ausbauen. Über die entspre- chenden Ressourcen verfügen meist Banken. Diese könnten durch die Größe ihres Ge- schäftsmodells und ihre Präsenz in Stadt und Land am ehesten Skaleneffekte erzielen und somit Beratung zu relativ geringen Kosten an- bieten, heißt es in dem Papier. Daher wollen die Aufseher nun prüfen, wie große Geldhäu- ser ihre Investmentberatung ausbauen oder wieder aufnehmen könnten. Rückkehr der Banken Von den großen Banken im Königreich ist allein die HSBC übrig geblieben, die Bera- tung auch für Kunden mit schmalerem Geld- beutel anbietet. Das Institut hat sein Angebot jüngst sogar noch ausgebaut und bietet nach einem erfolgreich verlaufenen Pilotprojekt nun Beratung ab einer Anlagesumme von 15.000 Pfund. Bisher lag die Hürde bei 50.000 Pfund. Mittlerweile hat auch die spanischstämmige Santander angekündigt, mit einem überarbei- teten Beratungsangebot wieder in den Markt einzusteigen. Das Institut hatte seine Vermö- gensberatung mit 800 Stellen 2013 komplett eingestellt. Die FCA hatte schwerwiegende Fehler bei der Einschätzung der Risikotole- ranz der Kunden aufgedeckt und das Haus zu einer Millionenstrafe verurteilt. Santander will zunächst mit 225 Beratern neu starten. Diese haben ausschließlich hauseigene Produkte im Sortiment. Zudem geht das Institut mit einer Onlineplattform ins Rennen. Alle Santander- Kunden erhalten darüber Zugang zu einem breiten Spektrum an Investmentfonds. Die RBS hingegen schlägt die andere Richtung ein. Hier können Kunden ab 250.000 Pfund einen persönlichen Berater konsultieren – we- niger gut Betuchte verweist die Bank auf ihre Onlinedienste. Die Branche scheint sich also auf die eine oder andere Weise auf die neue Situation ein- zustellen. „Ich denke aber nicht, das RDR noch zurückgedreht wird. Denn die Grundidee ist richtig, mögliche Interes- senkonflikte auszuschließen“, sagt Gou- sios. Die FCA-Studie habe jedoch die Beantwortung vieler Fragen, die nach dem Provisionsverbot aufgekommen sind, „in die Zukunft verschoben“. Chefauf- seherin Tracey McDermott wird diese Fragen jedenfalls nicht mehr beantworten. Sie hat es abgelehnt, sich von der Inte- rims- zur ständigen FCA-Chefin ernennen zu lassen. Stattdessen verlässt sie im Sommer die Behörde. Schon deshalb dürfte die nun vorgelegte Untersuchung nur eine Zwischenbilanz nach drei Jahren Provisionsverbot sein, der noch weitere folgen werden. SEBASTIAN ERTINGER | FP Tracey McDermott, FCA: „Wir wollen nicht zurück in eine Welt mit den Problemen, die es vor RDR gab.“ Beraterschwund Zahl der Beschäftigten in der Finanzberatung in Großbritannien vor und nach dem Provisionsverbot Bereits im Vorfeld des Verbots von Vertriebsvergütungen Anfang 2013 kam es in der Branche zu Entlassungen. Quelle: FCA Zahl der Finanzberater 45.000 40.000 35.000 30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 5.000 0 2011 Juli 2012 Dez. 2012 Juli 2013 Jan. 2014 Okt. 2014 Banken / Bausparkassen Finanzberater Andere

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