FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016
222 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 fünf Jahre berechnet wird. „Aber es kommt natürlich vor“, erklärt Waldherr. Für die Ka- pitalverwaltungsgesellschaft (KVG) ist das noch kein Grund, die Stufe im KID zu än- dern. Dazu ist die KVG erst verpflichtet, wenn ein Fonds in einem Zeitraum von vier Monaten überwiegend in eine andere Risiko- klasse fällt als im KID angegeben. Danach hat die KVG noch einmal sechs Wochen Zeit, um die KID-Änderung vorzunehmen. Infos in zwei Farben „Den Versicherungen, die bei uns Kunden sind, ist dieser Zeitraum aber viel zu lang“, berichtet Waldherr. „Sie wollen viel früher darüber informiert sein, wenn sich der SRRI eines Fonds ändert.“ Daher schickt Clever Soft diesen Kunden regelmäßig eine farblich gekennzeichnete Excel-Tabelle mit allen Fonds zu, die beobachtet werden. Orange zeigt an, dass ein Fonds die Stufe gewechselt hat, Rot heißt: „Achtung, KID ändern“. „Ein solches Alarmsystem wäre künftig sicher auch für Berater gut“, ist Waldherr überzeugt. „So ein Tool wäre praktisch“, findet Anna Riedel, Finanzberaterin in Templin. „Gerade für freie Finanzberater und -vermittler ist es unmöglich, ständig auf den Websites der KVGs oder auf Fondsportalen zu surfen, um herauszufinden, welche Fonds neu eingestuft worden sind.“ Die Fondsplattform, der Riedel angeschlossen ist, hat zwar Warnsysteme, die etwa anschlagen, wenn bestimmte Stop-Loss- Kurse erreicht sind. „Aber für Risikostufen gibt es das nicht“, sagt die Beraterin. So sieht es auch bei anderen Plattformen und manchen Maklerpools aus. Allerdings sind sich die Unternehmen durchaus dessen bewusst, dass ihre Kunden und Partner im Zuge von Mifid II Unterstützung in Sachen SRRI benötigen. So plant etwa der Makler- pool BCA in Oberursel ein Alerting-Tool, das in die Investmentsoftware Diva eingebunden werden soll. „Wenn sich die Risikostufe eines Fonds ändert, wird das System den Berater aktiv da- rüber informieren“, sagt BCA-Vorstand Chris- tina Schwartmann. Zusätzlich soll die Soft- ware anzeigen, welche Kundendepots von der Änderung in welcher Weise betroffen sind. Da das Tool seine Daten nicht aus den KIDs bezieht, sondern unter anderem ständig mit aktuellen SRRI-Berechnungen gespeist werden soll, werden Berater die Informatio- nen zeitnah erhalten. Beim Hamburger Pool Netfonds können sich Berater über den „Port- foliomonitor“ einen Alarm für SRRI-Verän- derungen setzen. Jung, DMS & Cie. arbeitet an einem SRRI-Alert-System, bei der DAB Bank ist ein solches Tool in Planung. Andere Maklerpools, Fondsplattformen, Banken und Sparkassen nutzen den SRRI gar nicht zur Risikoeinstufung von Fonds. Sie ar- beiten mit anderen Systemen. Der SRRI ist für die Emittenten verpflichtend. Für den Ver- trieb hingegen gelten die Bestimmungen von Mifid. Hier haben sich zwei Systeme heraus- gebildet (siehe Kasten). Beide sind den Stufen entlehnt, mit denen imWpHG-Bogen das Ri- sikoprofil von Kunden bestimmt wird. Berater können Fonds auch nach diesen Klassen ein- stufen. Keine Vorgaben „Für die Berechnung solcher Risikoklassen gibt es keine Vorgaben“, sagt Martin Wanders, Vorstand des Maklerpools Top Ten in Nürn- berg. So kann sich der SRRI eines Fonds än- dern, die vom Berater gewählte Risikostufe aber nicht. Dann stellt sich die Frage, ob er den Kunden überhaupt informieren muss. „Wenn in einem offensiven Portfolio ein Aktienfonds in die nächsthöhere Risikoklasse springt, ist das sicher kein Grund, Alarm zu schlagen“, erklärt Rechtsanwalt Waigel. Klet- tere hingegen ein Geldmarktfonds in einem konservativen Depot eine SRRI-Stufe nach oben und hat der Berater eine Betreuung ver- sprochen sollte er den Kunden informieren – je früher, desto besser. ANDREA MARTENS | FP vertrieb & praxis I risikoklassen von fonds Foto: © BCA Christina Schwartmann, BCA: „Wir planen ein Tool, das den Berater aktiv informiert, wenn sich ein SRRI ändert.“ Fakten und Rechtslage PRIIPS, SRRI, SRI, vier, fünf oder sieben Stufen: Für die Zuordnung von Fonds zu Risikoklassen gibt es verschie- dene Modelle, zudem werden bestimmte Vorschriften künftig durch neue ersetzt. FONDS professionell gibt einen Überblick über Indikatoren und Regelungen. SRRI: Die Abkürzung steht für Synthetic Risk and Reward Indicator. Der SRRI wird anhand der annualisierten Wert- schwankung der vergangenen fünf Jahre ermittelt. Bei neuen Fonds oder solchen, die noch keine ausreichende Historie aufweisen, wird der SRRI anhand von Vergleichs- vermögen bestimmt. Die Kennzahl unterteilt Fonds in sieben Risikostufen. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) muss den Indikator ins Key Information Document (KID) aufnehmen und wöchentlich überprüfen. Der SRRI ist Teil der europäischen Richtlinie OGAW IV, die zum 1. Juli 2011 in deutsches Recht umgesetzt wurde. PRIIP: Die EU-Verordnung über Packaged Retail and Insurance-based Investment Products (PRIIP) sieht für be- stimmte Investmentprodukte neue KIDs vor. Die PRIIP-Ver- ordnung erstreckt sich auf strukturierte Wertpapiere, Fonds und Versicherungen mit Kapitalanlagecharakter. Der Bun- destag hat sie am 14. April 2016 mit dem ersten Finanz- marktnovellierungsgesetz beschlossen. Nach dem bishe- rigen Zeitplan soll die Verordnung am 31. Dezember 2016 in Kraft treten. Es fehlen aber noch Konkretisierungen aus Brüssel, die für die Umsetzung in nationales Recht wichtig sind. Daher ist nicht klar, ob der Zeitplan halten wird. SRI: Der Summary Risk Indicator ist ein Risikoindikator, der auf Basis einer sehr komplexen mathematischen Simulation errechnet wird. Mit Inkrafttreten der PRIIP- Verordnung wird er in den neuen KIDs den SRRI ersetzen. Er stuft Fonds ebenfalls in sieben Risikoklassen ein, allerdings kann die SRI-Berechnung zu einer anderen Zuordnung führen als die SRRI-Methode. Komplizierte Übergangsfrist: Die Anbieter von PRIIP- Produkten müssen die neuen KIDs ab 31. Dezember 2016 auflegen, ausgenommen sind die Fondsgesellschaften. Diese haben für die Erstellung der PRIIP-KIDs bis zum 1. Januar 2019 Zeit. Damit müssen sie Fonds auch erst ab diesem Datum nach dem SRI einstufen. Das Problem dabei: Versicherer benötigen für ihre Fondspolicen die Zuordnung nach dem SRI bereits ab Ende 2016. Sollte die Verordnung pünktlich in Kraft treten, werden Fondsgesell- schaften vermutlich für eine Übergangszeit von zwei Jahren zwei verschiedene KIDs erstellen müssen. Weitere Risikoklassen: Die Richtlinie OGAW IV und die PRIIP-Verordnung gelten für die Emittenten von Invest- mentprodukten, nicht für den Vertrieb. Daher müssen Maklerpools, Fondsplattformen, Banken, Sparkassen und freie Anlageberater die SRRI-Risikostufen nicht überneh- men, sondern können ihre eignen Klassen bilden. Das wird üblicherweise auch gemacht, wobei in der Regel mit vier oder fünf Risikoklassen gearbeitet wird. Zudem werden auch Kundenportfolios je nach Risiko in verschiedene Klassen unterteilt.
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