FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016
226 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 An der Stelle drängt sich auch die Frage auf, warum hier noch mit überholten Techno- logien gearbeitet wird. Ein wichtiger Grund sind die Kosten – etwa für den SWIFT-An- schluss. Das Anteilsscheingeschäft ist für die Depotbanken ein gesetzlich vorgeschriebener Pflichtbereich, der aber kaum ertragreich ist. Darum sperren sich einige Verwahrstellen da- gegen, in diesen Bereich zu investieren. Grundsätzlich halten sich die Kosten für einen SWIFT-Anschluss allerdings durchaus im Rahmen. So musste eine kürzlich neu angebundene KVG weniger als 20.000 Euro für die Implementierung zahlen bei laufenden jährlichen Kosten von 5.000 Euro, wie ein SWIFT-Manager jüngst auf einer Branchen- konferenz berichtete. Wie die Zukunft bei uns aussehen dürfte, zeigt ein Blick nach Luxemburg. Ähnlich wie in Deutschland läuft die Abwicklung auch im Großherzogtum über Transfer Agents. Aller- dings werden dort nach Angaben des Bran- chenverbandes EFAMA mehr als 82 Prozent der Fondsorders automatisiert abgewickelt. „Die Fondsindustrie ist ein wichtiges Stand- bein für Luxemburg“, sagt Schroeder. „Die Marktteilnehmer sind daher eher bereit, die nötigen Investitionen zu stemmen, um dieses Geschäft weiter voranzubringen.“ Luxemburg ist auch ein Beispiel dafür, dass Verwahrstel- len durch eine Auslagerung des Transfer- Agent-Bereichs versuchen, ihre Kosten zu drücken. Dort wickeln einige Transfer Agents nicht nur das Anteilsscheingeschäft der eige- nen Fonds ab, sondern auch das externer Son- dervermögen, was zu Skaleneffekten führt. In Deutschland bietet bislang nur die BHF Bank aus Frankfurt einen unabhängigen TA-Service an. Wie gut dieses Geschäft läuft, verrät das Institut nicht. Durchbruch dank Regulierung? Doch auch in Deutschland dürften die Tage des Faxgeräts im Anteilsscheingeschäft ge- zählt sein: Die Regulierung sollte, wenngleich indirekt, für professionellere Prozesse sorgen. Ein Beispiel ist das Umsetzungsgesetz zur OGAW-V-Richtlinie, das die Anforderungen an die Verwahrstellen erhöht. Gemäß OGAW V kommen als Verwahrstellen nur regulierte Institute in Frage, die den Eigenmittelanfor- derungen der europäischen CRD-IV-Richtlinie unterliegen. Sie müssen die Wertpapiere eines Fonds jeweils auf einem getrennten Konto verwahren und auch die Geldkonten strikt überwachen. Das erhöht den personellen und administrativen Aufwand und macht so man- che Neustrukturierung nötig. Da ist es nur konsequent, in diesem Zuge gleich auch das Anteilsscheingeschäft zu digitalisieren. Die Finanzmarktrichtlinie Mifid II wiederum ver- schärft die Vorgaben zur Best Execution, also zur Frage, wie und wo eine Transaktion für den Kunden ausgeführt wird. Auch das sollte nach Experteneinschätzung zu einer Effizienz- steigerung imAnteilsscheingeschäft führen. Ein weiterer Treiber der Digitalisierung dürfte die anhaltende Internationalisierung des Geschäfts sein: Wird ein Fonds auch außer- halb Deutschlands vertrieben und kommt eine ausländische depotführende Stelle ins Spiel, muss der TA die Abwicklung mittels ISO 20022 vornehmen. Das Thema gewinnt schon seit einigen Monaten an Fahrt. DESSUG und BVI legten im Oktober Arbeitspapiere zur Standardisierung des Anteilsscheingeschäfts vor. Auch auf der „Fund Operations“-Konfe- renz des BVI im März dieses Jahres wurden Aspekte des Anteilsscheingeschäfts behandelt – und das bei einem neuen Teilnehmerrekord. JENS BREDENBALS | FP vertrieb & praxis I anteilsscheingeschäft Abwicklungs- oder Orderprozess von Investmentfonds in Deutschland Auf diesem Weg kommen Fondsanteile in das Depot eines Kunden. Die Abwicklung des Kaufs oder Verkaufs von Publikumsfonds ist im Detail komplex, weil die Fonds nicht zentral an einer Börse, son- dern im Direktgeschäft erworben werden. Daher kann jede Haus- bank beziehungsweise im Fall von freien Beratern eine Fondsplatt- form, über die Kunden Fonds er- werben, ihren eigenen Orderweg bestimmen. Was das genau be- deutet, soll im Folgenden schema- tisch und stark vereinfacht an einem konkreten Beispiel erläutert werden. Ein Berater der Commerzbank verkauft einem Kunden 100 Anteile des DWS Concept Kaldemorgen (1). Nach Abschluss des Ge- schäfts leitet die Commerzbank die Order an die Order- annahmestelle des Fonds weiter (2). Diese Stelle, eng- lisch Transfer Agent genannt, ist eine Abteilung der State Street Bank, die die Aufgaben der Verwahrstelle für den DWS-Fonds wahrnimmt. Darunter fallen neben der Über- wachung des Anlagevermögens des Fonds auch Ausga- be und Annahme der Fondsanteilsscheine. Der Transfer Agent nimmt den Auftrag also an und berechnet den Preis pro Fondsanteil . Das geschieht in der Regel am nächsten Tag, vorausgesetzt, die Order kam vor dem Orderannahmeschluss (Cut-off), andernfalls passiert das am übernächsten Tag. Dann wird Clearstream Frankfurt über die Auslieferung der 100 Anteile informiert (3). Beim deutschen Zentral- verwahrer für Wertpapiere lagert nämlich die Global- urkunde des DWS Concept Kaldemorgen. In der Zwi- schenzeit hat die Commerzbank als Stelle, die das Depot des Kunden führt , eine Bestätigung der State Street Bank über den Kauf sowie die Abrechnung über den Preis für die 100 Stücke erhalten (4). Daraufhin informiert die Commerzbank die Clearstream, in welche Lagerstelle sie die 100 An- teile buchen soll (5). In diesem Fall ist die Lagerstelle ein Konto der Commerzbank bei Clearstream . Der Zentralverwahrer bucht dann auf digitalem Weg die 100 Anteile des DWS Concept Kaldemorgen aus der Globalurkunde in die La- gerstelle, sobald – sehr vereinfacht – das Geld für 100 Stück auf dem Konto der Verwahrstelle ein- gegangen ist (6). Das geschieht in der Regel am zweiten Tag nach dem Kauf. Sollte der Kunde zur Commerz- bank gehen und seine 100 Anteile des DWS Concept Kaldemorgen wieder verkaufen, verläuft der Abwicklungsprozess an den entsprechenden Stellen umgekehrt . Soll heißen, die State Street Bank informiert Clearstream über die künftige (Rück-)Lieferung von 100 Anteilen. Die Commerzbank erhält eine Bescheinigung über den Erlös aus dem Verkauf und informiert Clear- stream über die kommende Lieferung von 100 Anteilen. Zum Schluss bucht der Zentralverwahrer dann die 100 Stück wieder auf die Globalurkunde , während der Kunde zeitgleich sein Geld von der Verwahrstelle überwiesen bekommt. € 2. Order von Fondsanteilen (Konto der Commerzbank bei Clearstream) Clearstream Banking Frankfurt (Lagerstelle der Globalurkunde) 5.Buchuchungs- information u 3.Lieferanweisung für Anteile an l 6. Lieferung gegen Zahlung 1. Kauf von Fonds 4. Kaufbestätigung und Abrechnung Transfer Agent bei Verwahrstelle State Street Bank Commerzbank Zentral- ver- wahrer Lagerstelle Kunde Quelle: BVI/DESSUG, eigene Recherche
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