FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016

248 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 Ziel der neuen Struktur sei es, die unterschied- lichen Vertriebswege – stationär, online, mobil und telefonisch – optimal miteinander zu ver- knüpfen, um so die Wechselmöglichkeiten für die Kunden möglichst einfach zu gestalten. „Beratungs-Know-how in Sachen Geldanlage wünschen die Kunden genau dort, wo sie Kontakt mit uns aufnehmen, sei es medial oder vor Ort in der Filiale um die Ecke.“ Über alle Sparkassen hinweg sank die Zahl der Filialen allein letztes Jahr um 492. Georg Fahrenschon, Präsident des Sparkassenver- bandes DSGV, wehrt sich jedoch dagegen, diese Entwicklung vor allem als Sparmaß- nahme zu werten. „Von einer Geschäftsstelle erwartet man heute mehr und bessere Bera- tung“, sagt er. „Das können Kleinstgeschäfts- stellen immer weniger leisten. Deshalb wird ihre Zahl weiter sinken. Das zeigt ganz klar den Weg hin zu größeren und qualitativ bes- seren Geschäftsstellen.“ MARCUS HIPPLER | FP bank & fonds I filialsterben Foto: © The Boston Consulting Group Til Klein, Boston Consulting Group „ Beratungsfilialen wird es immer geben“ Til Klein, Partner der Unternehmensberatung Boston Consulting Group, über das veränderte Verhalten der Kunden, das Filialsterben und die Frage, welche Auswirkungen diese Entwicklung auf die Wertpapierberatung haben wird. B evor Til Klein zur internationalen Be- ratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG) kam, arbeitete er für die UBS im Bereich Global Wealth Management & Business Banking in Zürich. Heute berät der 41-jährige BCG-Partner Kunden aus der Finanzbranche vom Standort Berlin aus schwerpunktmäßig zu Themen rund um Retailbanking und Wealth Management. Herr Klein, BCG sagt voraus, dass das veränderte Kundenverhalten in den nächsten Jahren einen Rückgang der Filialkapazitäten um rund 30 bis 50 Pro- zent erfordert. Aktuelle Schließungs- pläne namhafter Banken geben Ihrer Einschätzung recht. Einige Banken, etwa die Targobank, eröffnen jedoch wieder Filialen. Auch eine Studie der Postbank sieht selbst bei digitalaffinen Kunden einen Trend zur persönlichen Beratung vor Ort. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch? Til Klein: Eine rückläufige Filialnutzung und der anhaltende Bedarf an persönlicher Bera- tung widersprechen sich nicht. Die Rolle der Filiale verändert sich aber zukünftig funda- mental – weg von der Transaktions- und hin zu einer Beratungsfiliale. Der Filialverkehr geht jedes Jahr um rund drei bis fünf Prozent zurück. Dies betrifft aber vor allem Trans- aktionen und Servicetätigkeiten, die heute noch über zwei Drittel der Filialkapazitäten binden. Der Bedarf an persönlicher Beratung bleibt jedoch bestehen oder wächst sogar, echte Beratung macht aber heute nur rund ein Viertel der Filialkapazität aus. Wie hoch schätzen Sie den Anteil der Kunden ein, die ohne eine Filiale vor Ort nicht auskommen können? Der Anteil von Kunden, die ganz ohne Filiale auskommen, liegt heute bei rund 15 Prozent und wird auch in Zukunft nur auf maximal 25 bis 30 Prozent der Kunden steigen. Der überwiegende Teil ist bereits heute hybrid, das heißt, er nutzt mehrere Kanäle parallel. Dabei differenzieren die Kunden zunehmend: Für komplexere Beratung nehmen sie die Beratung in der Filiale wahr, einfache Trans- aktionen und Servicetätigkeiten erledigen sie aber komfortabler selbst über die digitalen Kanäle. Welche Auswirkungen haben mögliche Filialschließungen auf die Art, den Um- fang und die Qualität der Wertpapier- beratung? Filialschließungen werden überhaupt keine Auswirkungen auf den Umfang und die Qua- lität der Wertpapierberatung haben, da bereits heute nur rund ein Drittel der Filialen über- haupt eine qualifizierte Wertpapierberatung anbieten. Diese Beratungsfilialen wird es auch in Zukunft geben. Durch die Schließung von Filialen erfolgt nicht eine einzige Anla- geberatung weniger. Dass viele Anleger nicht mehr so viel für eine einfache Beratung zahlen möchten, hängt nicht mit der Schlie- ßung von Filialen, sondern mit der sinkenden Zahlungsbereitschaft der Kunden an sich zusammen. Welche Vorteile bietet die persönliche Vor-Ort-Beratung in einer Filiale, insbe- sondere bei der Vermögensanlage, die eine Onlineberatung nicht leisten kann? Die heute angebotene Onlineberatung ist im- mer noch sehr simplifiziert – was übrigens für einen großen Teil der Anleger vollkom- men ausreicht. Für komplexere Frage ist der- zeit meist noch eine persönliche Beratung er- forderlich. Aber auch hier werden wir durch die rasante Entwicklung auf dem Feld der künstlichen Intelligenz erhebliche Fortschritte sehen. Anlageberatung ist nichts anderes als eine Optimierungsaufgabe unter Nebenbedin- gungen, grundsätzlich ist eine Maschine dafür sogar besser geeignet. Aber zu einer guten Beratung gehört auch Vertrauen, das vor al- lem durch die persönliche Beziehung zwi- schen Menschen entsteht. Die Kombination von Mensch und Maschine wird daher die Zukunft der Anlageberatung sein. MARCUS HIPPLER | FP Til Klein, BCG: „Die Kombination von Mensch und Ma- schine wird die Zukunft der Anlageberatung sein.“

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