FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016

252 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 sprachen an, geht weiter über die digitalen Schnittstellen und endet bei den gleichen Tech-Witzen, über die sowohl unsere Ent- wickler als auch die Programmierer unserer Partner lachen.“ Aus der Retorte Insgesamt arbeitet ein 30-köpfiges Team für Solaris. Für das technische Know-how sorgt Peter Grosskopf, der zuletzt als Chefentwick- ler beim Fintech-Erfinder Hitfox agierte. Auch Bankenexpertise ist vorhanden: Wenthin war für die Deutsche Bank tätig und baute die Deutsche Handelsbank mit auf, sein Vor- standskollege Andreas Bittner arbeitete bei der Fondsdepotbank. Die Bank selbst ist ein Kind aus der Retorte: Sie entstand in einem Inku- bator namens Finleap, einer Ideenschmiede, die sich zum Ziel gesetzt hat, technikaffine Unternehmen zu gründen und zu fördern. Der Zinsmarktplatz Savedo und der digitale Versicherungsmakler Clark stammen aus der gleichen Brutstätte. Neben den Fintechs konzentrieren sich die Solaris-Macher auch auf digitale Unterneh- men, die sich bisher noch nicht direkt mit dem Thema Finanzen beschäftigt haben. So kön- nen Internetmarktplätze, die etwa hochwertige Elektronikartikel anbieten, ihren Umsatz an- kurbeln, indem sie den Käufern gleichzeitig den passenden Anschaffungskredit mitverkau- fen. Dies ist zwar keine neue Erfindung, doch der entscheidende Unterschied liegt darin, dass gegenwärtig der Verkäufer in den meis- ten Fällen nur den Kredit vermittelt, während er zukünftig – durch die Solaris-Technik und die Bafin-Lizenz – selbst zu einer kleinen Bank mutiert. „Durch eine Partnerschaft mit uns werden Digitalunternehmen zu ‚Second View Fintechs‘“, so Vorstand Wenthin. Bei prognostizierten jährlichen Wachstums- raten von rund zwölf Prozent innerhalb der deutschen Internetwirtschaft versprechen sich die Solaris-Macher ein gutes Geschäft: „Bald wird die Hälfte aller großen Internetunterneh- men auf digitale Banking-Lösungen angewie- sen sein, um ihre Produktpalette zu erweitern und sie regulatorisch einwandfrei anzubieten“, so Wenthin (siehe Grafik vorige Seite). Kein Unikat Dass die Marketingprofis der neuen Bank die Einzigartigkeit des eigenen Geschäfts- modells betonen, liegt nahe, stößt bei Bran- cheninsidern jedoch auf Kritik. „Eine Techie- Bank für Fintechs ist definitiv nicht neu – nur hier plakativer kommuniziert. Das machen andere Banken wie beispielsweise die BIW Bank mit Fintechs wie Auxmoney und Zins- pilot schon seit längerer Zeit“, sagt Jan Wendenburg, Vorstand der Beratungsgesell- schaft X-Competence. Auch Matthias Kröner, Chef der Fidor- Bank aus München, bezweifelt, dass ein Al- leinstellungsmerkmal vorliegt. „Dass Banken in puncto Technologie mit Digitalunterneh- men zusammenarbeiten, ist nicht neu. Dafür muss man sich nur Abwicklungsbanken wie Wirecard anschauen. Auch die Idee, Finanz- dienstleistungen mittels API in E-Commerce- Prozesse zu integrieren, wird bereits umge- setzt – siehe beispielsweise Paypal. Beides bietet auch unsere Bank seit einigen Jahren an.“ So übernimmt Fidor für das Online- kreditportal Smava die aufsichtsrechtliche Abwicklung der beantragten Kredite. Über die API-Schnittstelle der Bank werden die Konto- daten der Smava-Kunden übermittelt, Über- weisungen angestoßen oder Lastschriften eingezogen. Neben Smava setzt auch die Crowdlending-Plattform Kapilendo, die im April in nur neun Minuten eine Million Euro für den Fußballverein Hertha BSC Berlin ein- sammelte, auf die Technik von Fidor. Erst der Anfang Ob die neue Bank trotz der bestehenden Konkurrenz mit ihrem „Tech only“-Ansatz Erfolg hat, muss sich also noch zeigen. Der- zeit gibt das Institut keine Kundennamen bekannt, jedoch sollen Fintechs, die aus dem Finleap-Umfeld stammen, die Plattform bereits nutzen. „Für die Solaris-Bank dürfte entscheidend sein, welche ergänzenden bank- nahen Services das Unternehmen bieten kann, neben dem postulierten Ansatz ‚Technik zu- erst‘“, so Kröner. Für den Fidor-Chef sind die Angebote von Solaris, Wirecard oder der BIWBank erst der Anfang, er denkt bereits einen Schritt weiter: „Die Fintech-Stammtische oder der Bundes- verband deutscher Banken diskutieren noch über ‚Filiale oder App?‘, während es aus un- serer Sicht zukunftsweisender ist, die Frage zu beantworten, wie man Bankdienstleistun- gen in die alltäglichen Geschäftsprozesse un- serer Kunden integrieren kann.“ Das Thema Digitalisierung wird jedenfalls nicht so schnell wieder verschwinden, wie sich das manch einer erhoffen mag, der vor 20 Jahren Bank- kaufmann gelernt hat. MARCUS HIPPLER | FP bank & fonds I solaris-bank Foto: © Fidor Bank; Max Threlfall | Solaris-Bank Marko Wenthin, Solaris: „Die Digitalwirtschaft wird von traditionellen Banken nicht ausreichend unterstützt.“ Matthias Kröner, Fidor Bank: „Dass Banken mit Digital- unternehmen zusammenarbeiten, ist nicht neu.“ Deutsche Bank eröffnet „Digitalfabrik“ in Frankfurt Die Deutsche Bank macht Ernst in Sachen Digitalisierung: Ab Mitte dieses Jahres werden mehr als 400 Software- Entwickler, IT-Spezialisten sowie Bankexperten aus dem Unternehmensbereich Private, Wealth & Com- mercial Clients (PW&CC) von Frankfurt aus an digitalen Angeboten arbeiten. Hinzu kommen 50 Arbeitsplätze für Kooperationspartner aus der Fintech-Szene. Bis 2020 will die Bank allein im Geschäftsbereich PW&CC rund 750 Millionen Euro in die Digitalisierung investieren. Innovationen soll nicht nur die „Digitalfabrik“ liefern, son- dern auch Ideenschmieden im Ausland: Im April eröffnete die Bank ein Innovationszentrum im kalifornischen Palo Alto . Solche Teams, die an neuen Produkten und Prozessen forschen, gibt es auch in Berlin und London.

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