FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016
267 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 Die Experten von Assekurata zeigen sich etwas skeptischer. „Die Zinszusatzreserve ist ein relativ teures Instrument, zumal da seit 2011 die Zinsen noch einmal gesunken sind“, sagt Will. „Sollten die Zinsen relativ schnell wieder steigen, werden die Probleme der Branche relativ rasch offenkundig. Verharren die Zinsen aber noch lange auf niedrigem Niveau, wird das Problem verschleppt, bleibt aber latent vorhanden.“ Weiterhin stelle sich die Frage, wie gut sich Lebenspolicen mit ge- ringeren oder ganz ohne Garantieversprechen verkaufen, wenngleich dies in Anbetracht der Lage ökonomisch folgerichtig sei. Ein weiterer Punkt irritiert die Assekurata- Analysten: Seit dem Lebensversicherungs- reformgesetz dürfen Versicherer Risikoüber- schüsse aus Berufsunfähigkeitspolicen mit dem Kapitalanlageergebnis querverrechnen. „Im Extremfall könnten Berufsunfähigkeits- kunden den Altersvorsorgebereich subventio- nieren, falls die Kapitalerträge im Einzelfall nicht mehr ausreichen sollten“, erläutert Will. Eigentlich war diese Austauschmöglichkeit dazu gedacht, die Kunden besser an Über- schüssen zu beteiligen. Doch nun stellt sich ein unerwünschter Nebeneffekt heraus: Für Kunden mit Berufsunfähigkeitsversicherun- gen kann dies zu geringeren Überschussbetei- ligungen oder gar höheren Beiträgen führen. Lebenslänglich gebunden In dieser unübersichtlichen Lage müssen Kunden und Vermittler genau prüfen, an wen sie sich praktisch lebenslänglich binden. „Die Betrachtung der Ausfallwahrscheinlichkeit ist ein wesentlicher Aspekt bei der Auswahl einer Lebensversicherung geworden“, berichtet Will. Eine Orientierungshilfe bieten hier die Bonitätsnoten der Ratingagenturen. Doch die- se sind nicht ganz einfach zu durchschauen. Zum einen unterscheiden sich die Bewer- tungsskalen der Agenturen zum Teil erheblich. Zum anderen bewerten manche Prüfungshäu- ser unterschiedliche Kriterien. So beobachten die großen angelsächsischen Agenturen Stan- dard & Poor’s, Moody’s und Fitch allein die Finanzstärke eines Unternehmens. Kleinere Anbieter wie DFSI, Morgen & Morgen oder Map-Report beleuchten auch die Produkt- und Servicequalität. Mitunter geben sie auch noch gesonderte Noten allein für die Finanzstärke heraus. So setzt sich etwa bei DFSI das Ge- samtrating aus Unternoten zusammen, das Substanz-Rating fließt in die Gesamtnote mit ein. Ähnlich hält es auch Assekurata. Hier folgt das Bonitätsrating sogar noch einer gesonderten Systematik, die der Aufsicht der Bafin unterliegt. Auch die Angelsachsen bewerten die Ver- sicherer unter Umständen mit zwei Noten. So unterscheidet etwa Fitch zwischen dem „Issuer Default Rating“, dem langfristigen Ausfallrating, sowie der „Insurer Financial Strength“, dem Finanzstärkerating. „Das erste richtet sich vor allem an Fremdkapitalgeber, also Anleihengläubiger“, erläutert Kalb. „Für Vermittler und Versicherungskunden ist hin- gegen das Finanzstärkerating relevant.“ Dieses zeigt die langfristige Einschätzung, ob eine Versicherung die Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden einhalten kann. Vorsicht bei fremden Töchtern Obendrein veröffentlichen die Bonitäts- wächter noch gesonderte Noten für den Kon- zern und einzelne Sparten oder Tochtergesell- schaften. „Wenn ein Rating für eine einzelne Sparte vorhanden ist und nicht nur ein Kon- zernrating, dann sollte man auch auf das Rating der Sparte achten“, rät Fitch-Experte Kalb. Oft sind die Spartennoten identisch mit der Bewertung des Konzerns, aber eben nicht immer. Berater und Kunden sollten aufpassen, wenn etwa eine ausländische Lebensversiche- rungstochter kein Rating aufweist. „Entweder ist es einfach nur nicht beauftragt worden, was nicht unmittelbar auf die Finanzkraft rück- schließen lässt“, erläutert Lars Heermann von Assekurata. „Vielleicht ist das Rating aber auch so ausgefallen, dass der Konzern einer Veröffentlichung widersprochen hat.“ Die Tochter könnte eventuell für Abschreibungen genutzt werden oder nicht genug mit Kapital unterfüttert sein. „Berater sollten hier ganz vorsichtig sein.“ Stephan Kalb, Fitch Ratings: „Das Instrument der Zins- zusatzreserve leistet das, was es soll.“ Aus dem Zinstief … Durchschnittliche Rendite der Kapitalanlagen ausgewählter europäischer Versicherer in Prozent Die gesamte Versicherungsbranche leidet unter den mageren Kapitalmarktzinsen. Die Häuser müssen relativ konservativ anlegen. Quelle: SNL Financial 2,50 3,00 3,50 4,00 2015 2014 2013 2012 2011 Munich Re ERGO Versicherungsgr. AG Allianz Group Talanx AG Zurich Insurance Group Ltd. 3,98 % 4,08 % 3,39 % 2,84 % 3,5 % 3,23 % 3,1 % 2,79 % 2,29 % 2,8 % … retten die Risikoüberschüsse Erträge aus Kapitalanlagen und benötigte Erträge zur Deckung der abgegebenen Garantieversprechen in Prozent Voraussichtlich helfen die Überschüsse aus der vorsichtigen Versicherungsberech- nung den Unternehmen, die Garantien an Kunden einzuhalten. Quelle: Fitch Ratings 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 2033 2031 2029 2027 2025 2023 2021 2019 2017 2015 Erwarteter Kapitalertrag Benötigter Kapitalertrag nur aus Kapitalanlagen Benötigter Kapitalertrag aus Kapitalanlagen unter Berück- sichtigung von Versicherungs- Überschüssen und Kosten- einsparungen
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