FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016
Prozent klassischem Geschäft. Das heißt, wir spüren schon gewisse Nuancen der Verände- rung, wobei sogar fondsgebundene Tarife ganz ohne Garantien inzwischen schon wie- der einen bemerkenswerten Prozentsatz er- reichen. Insofern stimme ich in der Tendenz zu, aber in den Auswirkungen, im echten Neugeschäft, ist das doch noch alles sehr überschaubar. Bredenbals: Soll das bedeuten, dass man als Berater nun dazu übergehen muss, den Kunden zu erklären, dass sie die Garan- tien künftig nicht mehr so ernst nehmen sollen? Bürse-Hanning: Das würde ich nicht sagen, denn eine Versicherung hat doch deutlich mehr zu bieten als nur die reinen Zinsgaran- tien, wie wir sie von früher kennen. Aspekte wie eine lebenslange Rentenzahlung oder auch die biometrischen Garantien im Hin- blick auf eine Berufsunfähigkeit, das sind doch die eigentlichen Kernpunkte, die immer noch allein die Versicherer besetzen können. Deshalb finde ich es gelinde gesagt geradezu mutig, wenn ein Versicherer wie Standard Life sich entscheidet, ein Geschäft wie die betriebliche Altersvorsorge sozusagen außen vor zu lassen und auf die frühere Sicherhei- tenthematik mit Smoothing und Glättungs- verfahren zu verzichten. Zumal solche Tarife, wie sie Canada Life auch heute noch anbie- tet, in der Beratung durchaus gut angekom- men und aufgenommen worden sind. Und die deutschen Versicherer stehen in Vertrieb und Beratung nach wie vor für das Thema Si- cherheit, das sollte man nicht unterschätzen, denn das ist durchaus noch in den Köpfen der Kunden. Wenn man nun aber als Versicherer signalisiert, dass man eben nicht mehr für ge- nau diese Themen steht, sondern in erster Linie für die eben angesprochene dritte Stell- schraube Kapitalanlage, dann steht man als Versicherer vor der Herausforderung, zwei Dinge nachweisen zu müssen: Zum einen muss man erst einmal zeigen, dass man tat- sächlich der gute Kapitalanleger beziehungs- weise der gute Investor ist. Diesen Schritt hat eine Standard Life sicher schon geschafft. Und als Zweites wird man zeigen müssen, in- wiefern man mehr zu bieten hat als die dann wohlgemerkt ungleich größere Konkurrenz derer, die sich schon immer auf das Thema Kapitalanlage konzentriert haben, sprich die Investmentgesellschaften. Zumal aus meiner Sicht ein Investmentfonds und das Ansparen in einem Investmentfonds in vielerlei Hinsicht dem Kunden sehr viel klarer und einfacher zu vermitteln sind als eine fondsgebundene Police. Stephan: Man sollte dabei auch eines nicht verkennen: Den klassischen Lebens- versicherungstarif haben die wenigsten Kunden wirklich hinterfragt, geschweige denn, dass sie ihn durchblickt und verstan- den hätten, wie ein solcher Tarif tatsäch- lich funktioniert. Man war zufrieden mit einer einigermaßen kalkulierbaren Rendi- te, solange diese über eine Laufzeit von zum Beispiel 20 Jahren irgendwo zwi- schen vier und fünf Prozent gelegen hat. Vor diesem Hintergrund hat der Kunde den Versicherungstarif durchaus als eine solide Basis für seine Altersversorgung akzeptiert. Wir schreiben heute aber das Jahr 2016. Das heißt, vor zwölf Jahren waren die letzten steuerfreien Abschlüsse möglich, und die ersten Beitragsdepots, bestehend aus reinen Fondspolicen mit Fondspicking, laufen nun aus. Deren durchschnittliche Rendite liegt bei durch- aus unterschiedlichen Produktgebern im Schnitt bei vielleicht drei Prozent. Das ist auch nicht gerade ein Ergebnis, das die Menschen erwartet oder erhofft hatten. Als Reaktion darauf sehen wir nun eine Entwick- lung amMarkt hin zu Modellen, mit denen der Kunde ein Vehikel an die Hand bekommt, bei dem er über definierte Zielrenditen und Vola- tilitäten im Vorhinein einigermaßen austarie- ren kann, welchen Ertrag in welcher Höhe er damit am Ende in etwa erzielen kann. Damit sind wir dann an dem Punkt, den Herr Nuschele angesprochen hat, nämlich bei der Auseinandersetzung mit dem hinter einem Produkt befindlichen Kapitalanlagemotor, über den man eigentlich früher bei einem Versicherungstarif nie gesprochen hat. Jaffke: Und auf die Inhalte dieser Gespräche bezogen müssen auch die Berater entspre- chend geschult werden. Denn auch die sind daran aus der eigenen Historie heraus nicht gewöhnt. Auch Vermittler haben den Kunden bisher ihre mit vier oder fünf Prozent kalkulierten Prognoserechnungen vorgelegt, ohne wirklich erklären zu können, wie diese überhaupt zustande gekommen sind. Deshalb muss auch ein Berater entsprechend ausge- bildet werden, um seinen Kunden nachvoll- ziehbar erklären zu können, was Investment- fonds tatsächlich zu leisten imstande sind, aber auch welche Risiken auf diesem Weg auftauchen können. An dieser Stelle müssen wir ansetzen, damit zunächst einmal auch ein Umdenken beim Berater stattfindet. Nuschele: Um noch einmal auf den Einwand von Herrn Bürse-Hanning zurückzukommen: Ich glaube nicht, dass es einen sehr großen Unterschied macht, ob ein Investmentfonds im Versicherungsmantel oder als eigenständi- ges Produkt vertrieben wird. Denn das Versi- cherungsprodukt wird erst dann extrem kom- plex, wenn Absicherungsmechanismen und Garantien hinzukommen. Solange das nicht der Fall ist, stellt die Fondspolice lediglich Christian Jaffke, Jung, DMS & Cie.: „Die niedrigen Zinsen machen den Vertrieb eines Versicherungsprodukts sicher nicht einfacher, im Gegenteil.“ 275 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 » Viele Marktteilnehmer haben noch eine Verzinsung von sieben Prozent im Hinterkopf, wie es sie vielleicht vor der Jahrtausend- wende einmal gegeben hat. « Ulrich Neumann, Gothaer Versicherung
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