FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016
risikoreiche Anlagen wie griechische Staats- anleihen oder eben um nur gering verzinste deutsche Staatsanleihen handelt – dann hat man schon manchmal das Gefühl, dass man sich als Versicherungsgesellschaft in einer Art Würgegriff befindet. Reiss: Wobei sich auch in dieser Frage mei- ner Ansicht nach künftig in gewisser Weise die Spreu vom Weizen trennen wird. Denn nur jene Versicherer werden weiter bestehen können, die über eine gute Kapitalanlage ver- fügen und damit innovativ unterwegs sind. Das werden aber in erster Linie die größeren Branchenteilnehmer sein. Ein kleiner Versi- cherer wird mit seinen Möglichkeiten in der Kapitalanlage nicht sehr weit kommen. Denn er wird es sich unter Umständen kaum leisten können, in größere Projekte wie die eben angesprochenen Windparks zu investieren, allein schon wegen des dazu notwendigen Mindestvolumens. Bürse-Hanning: Aber selbst wenn ein Versi- cherer über das notwendige Volumen verfügt, um in solche Projekte zu investieren, dann muss er zudem auch noch das Glück auf seiner Seite haben, um überhaupt an entspre- chende Investments heranzukom- men. Denn es ist keineswegs immer gesagt, dass solche Anlagen wie ein Windkraftpark zum einen auch im- mer gleich verfügbar sind, wenn man sie braucht, und zum anderen, wenn sie verfügbar sind, dann in einer pas- senden Größenordnung zur Verfü- gung stehen, die man als Unterneh- men auch aufbringen und verkraften kann. Bläsing: Wobei man in diesem Zu- sammenhang eines nicht vergessen sollte, was Herr Neumann eben schon angesprochen hat. Seit Januar dieses Jahres befinden wir uns in der Versicherungswirtschaft in einer völ- lig neuen Dimension. Mit der Umset- zung von Solvency II gelten vollkom- men neue Spielregeln, was die Mög- lichkeiten der Kapitalanlage eines Versicherers angeht, entsprechende alternative Investments einzugehen. Ein Aspekt, der vorher gar keine Rol- le gespielt hat … Bürse-Hanning: … und vor dessen Hintergrund unser Verkehrsminister regelrecht Prügel dafür kassiert, wenn er sei- ne Infrastruktur anbietet, um den Versiche- rern eventuell eine etwas attraktivere Verzin- sung zur Verfügung zu stellen, als sie festver- zinsliche Wertpapiere oder Staatsanleihen bieten, deren Renditen politisch regelrecht heruntergeschleust worden sind. Aber ich würde gern noch einmal auf das Thema der Notwendigkeit einer größeren Produkttrans- parenz zurückkommen. In diesem Zusam- menhang teile ich nämlich die von Herrn Jaffke geäußerte Ansicht nicht, dass sich der Vermittler den neuen Möglichkeiten einfach nur mehr öffnen muss. Das Institut für Fi- nanz- und Aktuarwissenschaften in Ulm spricht nämlich in Bezug auf die größere Vielfalt von Produkten inzwischen von einer Art Produkt-Zoo, in dem wir uns in Bezug auf die Absicherungs- und Renditemodelle der Assekuranz befinden. In seinen Untersu- chungen kommt das Institut mittlerweile auf elf vollkommen unterschiedliche Modelle, die von der „Neuen Klassik“ über Hybridmo- delle bis hin zu CPPI-Konzepten reichen. Darunter sind zum großen Teil aber Modelle, die kaum ein Vermittler seinem Kunden er- klären wird können. Andererseits sollen wir als Makler eine fundierte Entscheidung tref- fen, bevor wir gegenüber dem Kunden eine Empfehlung für eine bestimmte Lösung aus- sprechen. Natürlich können wir auf Angebote wie Vergleichssoftware und -rechner zurück- greifen. Nur: Wenn Sie mit den entsprechen- den Ausdrucken zum Kunden gehen, dann muss der am besten schon über eine gehörige finanzmathematische Vorbildung verfügen. Ansonsten wird er auf jeden Fall überfordert sein. In einer solchen Situation, in der die Versicherer ein derartiges Chaos produzie- ren, können wir als Makler doch nicht ernst- haft und vor allem haftungssicher ein ent- sprechendes Produkt wirklich empfehlen. Hans Heuser, FONDS professionell: „Müssten deutsche Versicherer nicht auch ein Stück weit mutiger werden, was ihre Kapitalanlage angeht?“ Carlos Reiss, Hoesch & Partner: „Bei einer Kostenquote von über einem Prozent kann das Garantieversprechen früher oder später nicht mehr funktionieren.“ 278 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 lebenspolicen-spezial I roundtable Fotos: © Cornelis Gollhardt » Auch der Berater wird sich einer Art Wandel unterziehen müssen, indem er seine Kunden künftig sehr viel stärker über die gesamte Laufzeit eines Vertrags begleitet. « Christian Jaffke, Jung, DMS & Cie.
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