FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016
309 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 Treuhand. Im Gesellschaftsvertrag der Fonds gibt es zwar einen Passus, der nach Meinung des Managements die Rückforderung erlaubt: „Ausschüttungen von Liquiditätsüberschüssen werden den Kommanditisten als unverzinsli- che Darlehen gewährt, sofern die Ausschüt- tungen nicht durch Guthaben auf den Gesell- schafterkonten gedeckt sind.“ Der BGH ver- tritt aber die Ansicht, dass aus dem Gesell- schaftsvertrag „aus Sicht eines verständigen“ Anlegers nicht klar und unmissverständlich hervorgehe, dass die Liquiditätsüberschüsse den Investoren als Darlehen ausgezahlt wer- den. Schließlich heißt es im Urteil: „Lässt sich durch Auslegung der gesellschaftsver- traglichen Bestimmungen schon nicht mit der gebotenen Klarheit feststellen, dass den Kom- manditisten Ausschüttungen aus Liquiditäts- überschüssen (nur) als Darlehen gewährt werden, so fehlt es außerdem an einer Rege- lung der Voraussetzungen, unter denen ein ge- gebenenfalls nur als Darlehen ausgezahlter Ausschüttungsbetrag vom Kommanditisten zurückgezahlt werden muss.“ Der Bundesgerichtshof stellt sich eindeutig auf die Seite der Anleger: Ihre Rechte und Pflichten, die nicht ohnehin gesetzlich geregelt sind, müssen klar im Gesellschaftsvertrag des Fonds geregelt sein. Außerdem sollten die Investoren zu Retournierung der Auszahlung einen Gesellschafterbeschluss fassen dürfen, weil sie auch über die Auszahlungen in der Gesellschafterversammlung entscheiden. Finanzberater, die von ihren Kunden auf Rückforderungen angesprochen werden, soll- ten wissen, dass der BGH im Februar erneut festgestellt hat, dass Anleger eines geschlos- senen Fonds nicht automatisch zur Rück- zahlung von Ausschüttungen verpflichtet sind, sobald dies von der Fondsgeschäftsführung verlangt wird. Die Fondsinitiatoren begründen ihre Forderungen regelmäßig mit der Haftung der Anleger laut Paragraf 172 Handelsgesetz- buch (siehe Kasten). Der BGH erklärte dies- bezüglich, dass dieser Paragraf nur für die Haftung der Investoren gegenüber externen Gläubigern (etwa Banken) gilt. Im Innenver- hältnis zwischen Anleger und Fondsgesell- schaft gilt das nicht. „Ein Rückgewährungs- anspruch der Gesellschaft entsteht (...) nicht automatisch, sondern kann sich nur aus an- deren Rechtsgründen ergeben, insbesondere aus einer entsprechenden vertraglichen Ab- rede“ , heißt es im aktuellen BGH-Urteil. III. Kontrolleur haftet Beachtenswert ist auch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz, wonach ein Mittelverwendungskontrolleur haftet, wenn er Anleger nicht auf „erhebliche regelwidrige Auffälligkeiten und prospektwidrige Umstän- de“ hingewiesen hat. An der Aufklärungs- pflicht ändere auch der Umstand nichts, dass der Kontrolleur den Dienstleistungsvertrag nicht direkt mit den Anlegern, sondern mit der Fondsgesellschaft schließe. Eine Vereinba- rung, dass der Kontrolleur nur gegenüber der Fondsgesellschaft hafte, hält das Gericht für „unredlich“ . Der Mittelverwendungskontrol- leur sei „gerade gegenüber den Anlegern ver- antwortlich“ , denn: „Der Mittelverwendungs- kontrollvertrag war ein wesentlicher Bestand- teil des Gesamtkonzepts der Anlage, sollte nach seinem Sinn und Zweck den Anlageinte- ressenten eine zusätzliche Sicherheit für ihr Kapital bieten“ , steht im Urteil. Das sei auch werbewirksam hervorgehoben worden. In dem Verfahren ging es um mehrere Kla- gen von Anlegern des Initiators Trend Capital. Dessen Fonds investierten unter anderem in Dubai und Katar. Der Anbieter warb in den Prospekten mit einer „doppelten Mittelver- wendungskontrolle“: „Alle finanziellen Trans- aktionen der Fondsgesellschaft … werden durchgängig in Deutschland und den Verei- nigten Arabischen Emiraten von dem Mittel- verwendungskontrolleur vorgenommen.“ Mit dieser Aufgabe war die Wirtschaftsprüfungs- gesellschaft WestAudit AG beauftragt. Sie hat nach Ansicht des Gerichts ihre Prüfungs-, Kontroll- und Hinweispflichten verletzt und wurde zur Schadensersatzzahlung verurteilt. Das OLG Koblenz stellte fest: „Der Mittel- verwendungskontrolleur hätte die Anleger vor der Zeichnung darüber aufklären müssen, dass ihm die mit den Fondsgesellschaften ver- einbarte Mittelverwendungskontrolle von vornherein keine ausreichende Handhabe bie- ten konnte, eine Veruntreuung der Einlagen zu verhindern. Es bestanden erhebliche regel- widrige Auffälligkeiten und prospektwidrige Umstände.“ Das Gericht beanstandete unter anderem Widersprüche zwischen Mittelver- wendungskontrollvertrag und Emissionspro- spekt, begrenzte Kontovollmachten und die fehlende Einflussmöglichkeit des Mittelver- wendungskontrolleurs auf die Fondsgelder in Dubai. Es handelt sich hier nicht um theore- tische Überlegungen, denn der frühere Chef des Emissionshauses Trend Capital wurde im Jahr 2013 wegen Untreue und Urkundenfäl- schung zu einer Haftstrafe von 6,5 Jahren ver- urteilt. Im Übrigen wies das Gericht den Ein- wand, dass der Anleger inhaltsgleiche bezie- hungsweise gleichwertige Schadensersatzan- sprüche gegen Anlageberater oder Vermittler haben könnte, klar zurück: „Es bestehen er- hebliche Bedenken, ob der Anlageberater/ -vermittler die sich aus der Gestaltung des Mittelverwendungskontrollvertrags und den rechtlichen Vorgaben in Dubai ergebende Gefahr für die Anlegergelder hätte erkennen können und müssen.“ ALEXANDER ENDLWEBER | FP Anlegerhaftung und Ausschüttungen Zu Ausschüttungen von Liquiditätsüberschüssen kommt es häufig, wenn Fonds in den ersten Jahren durch Fonds- anlaufkosten und Abschreibungen Bilanzverluste erzielen. Diese Verluste verringern die Einlage der Anleger („ne- gatives Kapitalkonto“). Gleichzeitig werden die schon in der Anfangsphase erwirtschafteten Einnahmenüberschüsse in den meisten Fonds an die Gesellschafter ausgeschüttet. Diese Ausschüttungen gelten nach dem Handelsgesetz- buch als Kapitalrückzahlungen und nicht als Gewinnent- nahmen, weil die Verluste das Kapital des Anlegers vorerst unter den Betrag der Haftsumme herabgemindert haben. Das bedeutet: Nimmt der Anleger diese Ausschüttungen entgegen, lebt die Haftung im Außenverhältnis bis zur Höhe seiner im Handelsregister eingetragenen Haftsumme wieder auf. Grundsätzlich gibt es Anlegerpflichten im Innenverhältnis gegenüber der Fondsgesellschaft und in der Außenhaftung gegenüber Gläubigern. Im Rahmen der Außenhaftung haben Gläubiger direkten Zugriff auf das Vermögen des Anlegers. Die Höhe der möglichen Inan- spruchnahme ist aber auf die Haftsumme beschränkt. Das ist der Betrag, mit dem der Anleger im Handelsregister eingetragen ist, und er kann niedriger sein als der Zeich- nungsbetrag (Pflichteinlage). Sobald der Investor das gezeichnete Eigenkapital vollständig eingezahlt hat, erlischt seine Außenhaftung. Die Gläubiger der Gesellschaft können den Anleger nicht länger in die Haftung nehmen, sondern müssen Forderungen an die Gesellschaft stellen. Die persönliche Außenhaftung eines Anlegers lebt aller- dings wieder auf, wenn er durch Auszahlungen der Fonds- gesellschaft seine eingezahlte Haftsumme ganz oder auch nur teilweise zurückerhalten hat. Aber auch bei diesem Wiederaufleben der Haftung werden zwei Fälle unterschie- den: Sie greift entweder, wenn die Kommanditeinlage durch Rückzahlungen des Eigenkapitals unter den Betrag der Haftsumme fällt, oder wenn der Anleger Gewinnaus- zahlungen erhalten hat, obwohl sein Kapitalanteil durch Verluste des Fonds negativ, also geringer ist als die Haft- summe. Laut BGH ist das zulässig, wenn der Gesell- schaftsvertrag als Alternative zu Gewinnausschüttungen die Ausschüttung von Liquiditätsüberschüssen vorsieht oder die Ausschüttung durch das Einverständnis aller Gesellschafter gedeckt ist.
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