FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016
sicherung, die allgemein an den Märk- ten und auch bei anderen Marktteilneh- mern zu beobachten ist. Deshalb agie- ren wir derzeit extrem vorsichtig und eher zurückhaltend, was neue Engage- ments angeht, zumal uns aufgrund der jüngsten Entwicklungen die entspre- chende Risikobereitschaft fehlt, um stär- ker ins Risiko zu gehen. Otto Christian Kober (Lipper): Noch einmal konkret gefragt: War es die zu hohe Aktienquote, die Sie inzwischen zurückgefahren haben, oder die rela- tiv starke Quote an langlaufenden Renten, die zum Problem wurde? Pesarini: Auf der Bondseite läuft im Prinzip „alles rund“, soweit man das so sagen kann. Wir waren zu Beginn des Jahres noch etwas zu hoch gewichtet in High-Yield-Anleihen, was im Nachhin- ein betrachtet sicher nicht die beste An- lage war angesichts der Tatsache, dass auch in diesem Bereich die Volatilität stark zugenommen hat. Die Gewich- tung in High Yields haben wir inzwischen aber deutlich heruntergefahren, sie liegt der- zeit nur noch bei etwa sechs Prozent (25.4.2016). Es kam allerdings noch ein ent- scheidender Unterschied zu früheren Markt- phasen hinzu: Wenn Fondsmanager in der Vergangenheit einen Fehler gemacht haben, konnten sie darauf setzen, dass die Kupon- zahlungen aus dem Rentenbereich das über die folgenden Monate quasi wieder ausglei- chen. Man konnte sozusagen warten, bis das eigene Risikobudget wieder aufgefüllt war aus den Kupons der Rentenwerte im Fonds. In der Zeit der Financial Depression, in der wir heute leben, funktioniert das für niemanden mehr. Wenn es keinen Zins mehr gibt, dann kann man eben nicht mehr darauf warten, dass sich das eigene Risikobudget gewissermaßen von selbst wieder auffüllt aus der Rentenseite, um damit neue Chancen an den Märkten zu nut- zen. Heuser: Wollen Sie sagen, dass man sich als Fondsmanager heutzutage sehr viel genauer überlegen muss, wie sich auf der Zinsseite überhaupt noch Geld verdienen lässt? Pesarini: Im Grunde ist das genau das Dilem- ma, vor dem heute Fondsmanager auf der Rentenseite stehen. Und wir gehören nun ein- mal nicht ins Lager der Zocker, die allein aus einem enorm gestiegenen Misstrauen gegenüber der Politik der EZB heraus eine Bundesanleihe mit einer aktuellen Verzinsung von 0,2 Prozent kaufen in der Hoffnung, dass ein solches Papier bei einem Scheitern des Euro in DM-Bonds mit damit entsprechend verbundenen Kursgewinnen getauscht wird. Auf der Rentenseite bleiben wir deshalb in erster Linie in den USA investiert, wo mit An- leihen immerhin noch zwei oder drei Prozent zu verdienen sind. Wobei man sagen muss, dass das damit immer verbundene Währungs- risiko enorm angestiegen ist. Im vergangenen Jahr konnte man seine Dollar-Anlagen noch relativ günstig absichern. Inzwischen sind sol- che Absicherungen relativ teuer geworden, der Hedge frisst unter Umständen die ohnehin schon geringen Mehrerträge im Zins teils wie- der auf. Das ist natürlich insbesondere für den Manager eines Bondportfolios eine äußerst unbefriedigende Situation, die so manchen Fondsmanager veranlasst, sich auf der Anlei- henseite in bestimmten Spezialsegmenten wie Kommunaldarlehen zu engagieren. Wir kon- zentrieren uns lieber weiterhin auf Staats- anleihen und Qualitäts-Bonds der gro- ßen Blue-Chip-Namen. Heuser: Wenn Sie von einer Über- bewertung des US-Dollars ausge- hen, wie drückt sich das in Zahlen aus? Arnoldo Valsangiacomo (Ethenea): Je nachdem, welches Segment man betrachtet, ist der US-Dol- lar sicher um zehn Prozent überbewertet, was eigentlich auch nicht verwundern kann. Ende vergan- genen Jahres hatte die Federal Reserve noch ganz klar signalisiert, dass die Zinsen sukzessive weiter steigen wür- den und dass es bei dem Zinsschritt vom Dezember nicht bleiben und mit mindestens drei oder vier weiteren Zinsschritten noch in diesem Jahr zu rechnen sein würde. Heute sind wir in einer vollkommen anderen Situation. Bereits kurz nach dem Jahreswechsel befanden wir uns plötzlich in einer Si- tuation, in der die Signale seitens der Fed eher nahelegten, dass es deutlich weniger Zinsschritte oder eventuell eben gar keine Maßnahmen mehr in diesem Jahr geben wird. Das hilft dem Dollar natürlich nicht, im Ge- genteil, die US-Währung wird dadurch eher geschwächt, eben weil die dortigen Zinsen wohl fürs Erste nicht mehr steigen werden. Das heißt aber nicht, dass der US-Dollar ge- genüber dem Euro automatisch verlieren wird. Kober: Dennoch stellt sich die Frage, ob das hohe Dollar-Exposure sowohl im Ethna-Aktiv wie auch im Ethna-Defensiv nicht früher oder später zu einer Gefahr wird angesichts der Tatsache, dass der Euro gegenüber dem US-Dollar bereits stark hat abgeben müssen, sowie einer durchaus zu beobachtenden Tendenz bei europäischen Investoren, Geld sozusagen wieder nach Hause zu holen. Offenbar an- tizipieren die Investoren, dass der US-Dol- lar gegenüber dem Euro oder auch dem Schweizer Franken weiter an Terrain ver- lieren wird. Valsangiacomo: In der Regel ist ein Großteil des Währungsexposures im Fonds abgesi- chert, also gegen Devisenschwankungen neu- tralisiert. Derzeit halten wir bewusst eine ak- tive Position von zehn Prozent US-Dollar. Ge- rade im Management von Devisen darf man nie aus den Augen verlieren, dass die Bewer- Luca Pesarini: „Wir waren zu hoch in Aktien investiert und haben uns prompt eine blutige Nase geholt.“ 62 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör KREUZ VERHÖR » Wir sind sicher nicht zufrieden mit dem Performance- ergebnis, das wir bisher abgeliefert haben. « Luca Pesarini, Ethenea Alle Fotos: © Fanny Taboada
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