FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2016
tungen von Währungen stets relativ sind. Da- her muss man sich als Fondsmanager immer die Frage stellen, wie es auf der Gegenseite, in dem Fall im Euro-Währungsgebiet, aus- sieht. Wir gehen davon aus, dass wir es in Europa in den nächsten Monaten mit zum Teil neuen, zum Teil schon lange bekannten Pro- blemen zu tun haben werden. Die Verschul- dung in Griechenland ist nach wie vor nicht vom Tisch, auch wenn sie zeitweise ein wenig aus dem Blickfeld der Märkte geraten war. Und am Horizont droht weiterhin die Gefahr eines sogenannten Brexit, ein Thema, das zu- mindest bis zur Entscheidung im Juni eine Rolle spielen wird. Zudem dürfte ein Quanti- tative Easing von 80 Milliarden Euro pro Mo- nat die gemeinsame Währung auch nicht un- bedingt stärken, und negative Zinsen werden ihr sicher auch nicht gerade helfen. Das meine ich, wenn ich sage, dass eine Dollarstärke nicht unbedingt auch eine Euroschwäche nach sich ziehen wird. Und auch die Schweizer Notenbank wird alles daransetzen, den Kurs des Euro gegenüber dem Franken nicht über das aktuelle Niveau von 1,10 Franken steigen zu lassen. Pesarini: Zudem sollte man nicht verkennen, dass der ursprünglich erhoffte Effekt negativer Zinsen, nämlich eine Schwächung der Wäh- rung, sich ins Gegenteil verkehrt hat. Anders gesagt, es entsteht die paradoxe Situation, dass je negativer die Zinsen in einem bestimmten Wirtschaftsraum sind, die entsprechende Wäh- rung umso stärker zulegt, obwohl man damit eigentlich nichts anderes tut, als Deflation mit Deflation zu bekämpfen. Das zeigt in meinen Augen, dass wir an den Märkten vor einer Art absolutem Chaos stehen. Alles, was wir in den letzten 30 Jahren über ökonomische Zusam- menhänge gelernt haben, scheint außer Kraft gesetzt zu sein. Gleichzeitig herrscht eine Art Finanzkommunismus angesichts des zuneh- menden Gleichlaufs von unterschiedlichen Assetklassen. Und alle haben im Grunde überhaupt keine Ahnung, welche Auswirkun- gen das auf die Entwicklung der Wirtschaft, aber auch der Währungen am Ende haben wird. Das Einzige, was noch sicher ist, das ist wie gesagt eine brutal hohe Volatilität. Nun zählen wir bei Ethenea nicht gerade zu jenen Investoren, die deshalb einfach nur aggressi- ver agieren würden. Wir sehen uns eher in einer Art Lernprozess und sind bereit und motiviert, die erlittenen Verluste auf eine uns angemessene Weise wieder aufzuholen. Heuser: Wobei eine hohe Volatilität aus Sicht eines Fondsmanagers grundsätzlich nichts Negatives darstellt, oder sehen Sie das anders? Valsangiacomo: Natürlich eröffnen große Schwankungen an den Märkten auch Oppor- tunitäten, die man als Fondsmanager durchaus nutzen kann. Aber das heißt ja nicht, dass man unbedingt auf jede vermeintliche Op- portunität aufspringen muss. Zugege- ben, wir haben die ersten drei Monate sicher einige schlechte Entscheidungen getroffen. Aber wir werden nun nicht gleich in eine Art Hyperaktivität ver- fallen, sondern uns die Zeit nehmen, die notwendigen Mittel einzusetzen, um in Zukunft wieder die aus unserer Sicht echten Gelegenheiten zu nutzen, sobald das Makro- szenario für uns wieder etwas klarer ist. Im Moment ist es aber eher so, dass die Einfüh- rung von Negativzinsen sowie anhaltende Quantitative-Easing-Maßnahmen die Markt- teilnehmer eher verunsichern. Im Grunde wer- den derzeit die Grenzen der Politik von No- tenbanken getestet, weil jeder weiß, dass diese über keinen Plan B verfügen. Das Resultat aber ist aktuell komplett offen, und es bleibt zunächst einmal nur die Hoffnung, dass die Maßnahmen der Zentralbanken dazu angetan sein werden, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen und etwas Inflation zu kreieren. Sollte das aber nicht gelingen, dann wird man zu dem Schluss kommen müssen, dass die Verschuldung in der Welt insgesamt einfach viel zu hoch ist und auf irgendeine Weise korrigiert werden muss. Heuser: Auch wenn das alles sehr plausibel und nachvollziehbar klingt: Die Tatsache, dass Sie mit dem Ethna-Aktiv sogar im Vergleich über drei Jahre hinter den Durchschnitt Ihrer Peer Group zurückge- fallen sind, muss Ihnen doch Sorgen berei- ten angesichts von Mittelabflüssen in Höhe von inzwischen rund zwei Milliarden Euro. Pesarini: Wie gesagt, wir können natürlich nicht zufrieden sein mit unseren Ergebnissen in der jüngeren Zeit. Aber wir können uns doch deshalb nun nicht verrückt machen las- sen, sondern müssen uns weiterhin auf unse- ren Investmentstil und unsere Strategie kon- zentrieren. Und auch wenn wir in den vergan- genen Monaten durchaus hohe Abflüsse ha- ben verzeichnen müssen, so betrifft das doch in erster Linie das sogenannte „Short Money“, also Anlegergelder, die in einer schwierigen Phase eben genauso schnell wieder aus dem Fonds herausfließen, wie sie gekommen sind. Außerdem können wir nicht auf der einen Luca Pesarini: „Wir waren zu Beginn des Jahres noch etwas zu hoch gewichtet in High-Yield-Anleihen, was im Nach- hinein betrachtet sicher nicht die beste Anlage war.“ 64 www.fondsprofessionell.de | 2/2016 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör » Wir gehen davon aus, dass wir es in Europa in den nächsten Monaten mit zum Teil neuen, zum Teil schon lange bekannten Pro- blemen zu tun haben werden. « Arnoldo Valsangiacomo, Ethenea KREUZ VERHÖR Alle Fotos: © Fanny Taboada
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