FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016
tive Zinsen haben. Man dachte zudem, die Aktienmärkte würden gestärkt, aber massiv outperformt hat lediglich der amerikanische Aktienmarkt, nicht die Börsen in Europa oder Japan. Aber war es nicht vor allem die Annah- me, man könne durch negative Zinsen den Konsum ankurbeln? Eine geradezu lächerliche Idee, und ich bin noch heute überrascht, dass man überhaupt zu einer solchen Annahme gelangen konnte. Ich verstehe natürlich die falsche Logik dahinter, die davon ausgegangen ist, dass mit negativen Zinsen kaum noch jemand sparen, sondern stattdessen das Geld ausgeben oder sogar Kre- dite aufnehmen würde. Aber genau das pas- siert eben nicht. Man hat viel zu wenig be- dacht, dass die Menschen gerade wegen einer nur geringen Verzinsung noch viel mehr spa- ren würden, allein schon weil sie Angst um ihre womöglich nicht mehr ausreichende Al- tersvorsorge haben. Gleichzeitig wurden da- mit die Banken geradezu lahmgelegt. Wenn die Zinsen negativ sind, dann verlieren Ban- ken Geld, jeden Tag. Man braucht sich nur die Kurse von Instituten wie Deutsche Bank oder Crédit Suisse anzuschauen, die nahezu ihren gesamten Wert verloren haben. Und die Men- schen beginnen langsam zu begreifen, dass der Bankensektor ruiniert würde, wenn Zinsen ewig niedrig blieben ... ... was zudem nicht gerade zur Stabilisie- rung der Wirtschaft beitragen würde. Ganz genau! Wenn sich aber nun die Erkennt- nis durchsetzt, dass weder negative oder zu niedrige noch positive oder zu hohe Zinsen eine Lösung in unserer derzeitigen wirtschaft- lichen und sozialen Situation darstellen, dann hat man ein echtes Problem, das geradezu schreit nach einer grundlegenden Veränderung in der aktuellen Wirtschaftspolitik. Die dann wie aussehen würde? Wenn Sie mir die Allegorie zum hier in den USA sehr beliebten Sport Baseball erlauben, dann würde ich sagen, dass wir uns bereits im neunten von insgesamt neun „Innings“ befin- den, was das Experiment von Quantitative Easing und extrem gedrückten Zinsen sowie die mehr oder weniger unmittelbar bevorste- hende Einführung von massiven steuerlichen Anreizen angeht. Nicht umsonst setzen beide Präsidentschaftskandidaten auf entsprechende steuerliche Maßnahmen. Und auch wenn ich sicher kein Spezialist für soziologische Fragen bin, aber als Alternative zur aktuellen Situa- tion wäre das den Menschen hier in den USA durchaus leicht zu verkaufen nach dem Motto: Wenn die Zinsen so niedrig sind wie derzeit, dann werden wir als Staat eben mas- siv Geld aufnehmen, um Flughäfen, Brücken und Straßen zu bauen oder zu reparieren, um damit nicht nur unsere Infrastruktur in Schuss zu bringen beziehungsweise zu verbessern, sondern gleichzeitig auch neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Wirtschaft anzukurbeln. Wenn Sie von „verkaufen“ sprechen, scheinen Sie nicht wirklich überzeugt von einem daraus erhofften positiven Ef- fekt auf die Wirtschaft? Jeffrey Gundlach: „Man hat viel zu wenig bedacht, dass die Menschen gerade wegen einer nur geringen Verzinsung noch viel mehr sparen würden, allein schon weil sie Angst um ihre nicht mehr ausreichende Altersvorsorge haben.“ markt & strategie I jeffrey gundlach | doubleline capital 122 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 » Man muss immer dann beson- ders wachsam werden, wenn mehr und mehr Marktteilnehmer von einem ›Nie wieder‹ sprechen. Das ist häufig ein Signal dafür, dass genau das eintreten wird. « Jeffrey Gundlach, Doubleline Capital Foto: © Axel Köster Jeffrey Gundlach: Vom Pleite-Drummer zum Bond-Milliardär Wäre alles nach seinen ursprünglichen Plänen gelaufen, dann wäre Jeffrey Gundlach nicht Fondsmanager, sondern Schlag- zeuger geworden. Nach Summa- cum-laude-Studium in Mathema- tik brach er seine Doktorarbeit nach zwei Jahren ab, um Drum- mer in einer Rockband namens Radical Flats zu werden. Mit mehr als mäßigem Erfolg, nur ein Jahr später und inzwischen pleite machte sich Gundlach auf die Su- che nach einem möglichst gut bezahlten Job und heuerte bei der US-Fondsgesellschaft TCW, Trust Company of the West, an. Fast 25 Jahre blieb er, legte eine steile Karriere hin, um am Ende fast 70 Prozent von insgesamt verwalteten 110 Milliarden US-Dollar zu ma- nagen. Nach einem heftigen Streit mit den TCW-Partnern gründete Gundlach sein eigenes Unterneh- men und sorgte erneut für Super- lative: Doubleline Capital ist mit einem verwalteten Vermögen von heute 105 Milliarden US-Dollar nach nur sieben Jahren das am schnellsten wachsende Unterneh- men in der Geschichte der Fonds- industrie. Jeffrey Gundlach, Gründer und CEO von Doubleline Capital in Los Angeles
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