FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

zu und hat inzwischen bereits eine Schwelle erreicht, an der tatsächlich schon der Wende- punkt überschritten ist. Dann beeindruckt es Sie nicht, dass Janet Yellen in Jackson Hole erklärt hat, dass sich die Argumente für eine Leitzinserhöhung verstärkt haben? Das ist doch alles nur Gerede, was Zentral- banker so von sich geben. Die Verantwortli- chen in der Federal Reserve inklusive Janet Yellen sagen doch nichts wirklich Konkretes in ihren Statements. Und die Medien interpre- tieren doch nur, wie laut oder mit welcher Be- tonung die Fed-Chefin ein bestimmtes Wort ausgesprochen hat, mehr doch nicht. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass es ange- sichts der aktuell nur schwachen Konjunktur- signale und vor allem vor den Präsident- schaftswahlen im November keine Erhöhung der Leitzinsen geben wird. Da stellt sich am Ende die Frage, was das alles für die von Ihnen gemanagten Fonds bedeutet. Ihrem Flaggschiff Doubleline Total Return Bond, dem mit einem Volumen von über 60 Milliarden US-Dollar größten Fonds, scheint die Entwicklung jedenfalls nicht gut zu be- kommen. Der Fonds liegt im laufenden Jahr hinter Benchmark und Peergroup. Ich glaube, man muss wirklich zwischen der Berichterstattung und der Wirklichkeit unter- scheiden. Bis auf einen rangiert keiner unserer Fonds in der unteren Hälfte seiner jeweiligen Peergroup. Drei Fonds – das sind die beiden Rentenfonds Doubleline Total Return Bond und Doubleline Core Fixed Income sowie der Aktienfonds Doubleline Shiller Enhanced CAPE – gehören seit ihrer Auflage zu den ab- soluten Top-Produkten ihrer jeweiligen Peer- group. Und auch die Anleger in meinem Hedgefonds konnten im laufenden Jahr außer- ordentlich gute Gewinne einstreichen. Dennoch: Die Performance des Total Return Bond Fonds hinkt so weit hinter der Benchmark her, dass einige Beob- achter Ihnen schon den Titel des „King of Bonds“ abspenstig machen wollten. Einmal abgesehen davon, dass ich grundsätz- lich keinen besonderen Wert lege auf solche Titel, gehört der Total Return Bond nach wie vor zum Topquartil seiner Bloomberg-Peer- group, was zeigt, dass der Fonds langfristig keine schlechte, sondern vielmehr eine extrem gute Performance aufweist. Was die Entwick- lung im bisherigen Jahresverlauf angeht, ist es durchaus richtig, dass wir Benchmark und Peergroup hinterherhinken. Aber dafür gibt es natürlich Gründe, über die in den meisten Me- dienberichten überhaupt nicht gesprochen wird. Zum einen investiert der Fonds zu ei- nem Großteil in Mortgage Backed Securities, kurz MBS, das Marktsegment, das mit Ab- stand am schlechtesten performt hat im lau- fenden Jahr. Zum zweiten weist der Fonds zu jeder Zeit eine kürzere Duration auf als sein Vergleichsindex, der Barclays U.S. Aggregate Bond Index, es ist immer nur die Frage, um wie viel kürzer. Wir haben zudem in diesem Fonds grundsätzlich kein Exposure zu Corpo- rate Bonds, die in diesem Jahr außerordentlich gut performt haben, eine Entwicklung, die vielleicht einmal in einer Dekade vorkommt. Den Vergleich mit anderen MBS-Fonds, die ja alle hinten liegen im laufenden Jahr, brau- chen wir jedenfalls nicht zu scheuen. Wir ha- ben über 85 Prozent dieser Fonds outper- formt. Und wir werden am Ende ein starkes Jahr sowohl im Vergleich zu anderen MBS- Fonds haben als auch zum Durchschnitt der Corporate Bond Funds. Wir haben ein groß- artiges Jahr. Wo finden Sie denn überhaupt noch Va- lue? Oder stehen Sie nach wie vor zu Ih- rer Aussage von Ende Juli, als Sie gera- ten haben: „Alles verkaufen“? Diese Aussage bezog sich auf einen kleinen Macro-Hedgefonds, in dem ich mein privates Geld verwalte. Dieser Fonds war das gesamte Jahr über zu 100 Prozent netto short positio- niert, es gab sogar Zeiten, da lag diese Marke bei 110 Prozent. Damit hat der Fonds insge- samt ein sensationell gutes Ergebnis erzielt. Das mag in gewisser Weise seltsam erschei- nen, weil der Aktienmarkt insgesamt positiv performt hat, aber es gibt viele Einzelwerte, die nach wie vor im Minus liegen. Und die Aktienmärkte sind inzwischen nun wirklich nicht mehr preiswert, wenn man sich die Shil- ler-Ratio oder nur das Kurs-Gewinn-Verhält- nis vor dem Hintergrund einer Zinslandschaft anschaut, in der die Renditen an den Bond- märkten längst kein Argument mehr für die Aktienanlage sind. Wirkliche Performance- chancen amAktienmarkt liegen weiterhin vor allem auf der Shortseite, was nicht heißen soll, dass man nicht auch mit bestimmten Long- positionen eine gute Rendite erzielen könnte, so zum Beispiel zeitweise mit Goldminen- werten. Es war in erster Linie diese Gesamt- konstellation an den Märkten, die mich bereits Ende Juli zu der Empfehlung an Anleger ver- anlasst hat, erhöhte Vorsicht bei ihren Anla- geentscheidungen walten zu lassen. In vielen Medien wurde das auf meine einfache Formel „Verkaufen Sie alles!“ verkürzt. Aber dazu stehe ich nach wie vor. Deshalb lautet mein Rat an Anleger, die ihr Vermögen langfristig erhalten wollen, auch derzeit noch: In Deckung gehen! Vielen Dank für das Gespräch. HANS HEUSER | FP Jeffrey Gundlach: „Wirkliche Performancechancen am Aktienmarkt liegen weiterhin vor allem auf der Shortseite.“ markt & strategie I jeffrey gundlach | doubleline capital Foto: © Axel Köster 126 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 » In vier Jahren ist es so weit, dass wirklich etwas Proaktives in Richtung einer grundlegenden Veränderung der gesellschaftli- chen und wirtschaftlichen Syste- me entschieden werden muss. « Jeffrey Gundlach, Doubleline Capital

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