FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

147 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 wird, wenn man Geld zur Bank bringt. Daher ist das Preisniveau bei den Immobilien zwangsläu- fig reell, und es wird erst einmal so weiterlaufen. Die Frage ist, wann der Turnaround kommt. Man kann aber selektiv mit Immobilien durch- aus noch Geld verdienen. Eugen Otto, Otto Immobilien: Die relative Attraktivität von Immobilienveranlagungen ist mangels vergleichbarer Alternativen extrem hoch. Die Stabilität und Attraktivität, die eine solide Immobilie hat, hat keine Gegner und kei- ne Konkurrenz. Der Sexappeal österreichischer Immobilien liegt darin, dass sie extrem stabil sind, weil sich ihr Wert nur ganz langsam ver- ändert, ebenso wie der Mietzins. Es gibt, glaube ich, kein anders Land und keinen anderen Im- mobilienstandort mit so wenigen Schwankungen wie Wien. Das betrifft vor allem den gewerbli- chen Bereich. Wir sahen in den letzten 20 Jah- ren, dass der Standort Österreich gerade für Investoren aus Deutschland und für institutio- nelles Kapital zur Beimischung in ein Portfolio extrem attraktiv ist. Hans Heuser, FONDS professionell: Ist es nicht fast schon ein Armutszeugnis, dass sich die Immobilienanlage darüber definiert, dass die anderen derzeit nichts bringen? Wie lange dauert es, bis die anderen sich erholt haben und die Immobilie aus dem Ring werfen? Obrowsky: Es wird noch einige Zeit dauern. Null Zinsen und eine moderate Inflation von zwei bis drei Prozent sind besser als jede Ver- mögenssteuer: leichter durchsetzbar, effektiver und für die öffentlichen Haushalte die einzige Möglichkeit, sich zu entschulden. Deshalb er- warte ich in den nächsten drei bis vier Jahren stabile Parameter. Immobilien werden in einem hohen Ausmaß alternativlos bleiben. Beyerle: Die Branche hat es geschafft, nicht zu überzeichnen. Es wird kein Schwachsinn ge- kauft, und es wird nicht auf Teufel komm raus finanziert. Wir befinden uns in einer völlig neuen Situation, weil uns der Blick zurück überhaupt nicht mehr hilft. Das gab es früher noch nie, und deshalb fahren alle auf Sicht. Es gibt keine Risikostrukturen, aus denen man nicht mehr herauskommt. Ich gebe zu, dass eine Rendite von sechs Prozent viel schöner ist als 2,5 Pro- zent. Aber das ist der Preis der Risikoaversität. Wachter : Bisher war es ja so, dass Blasen nur geplatzt sind, wenn die kurzfristigen Zinsen gestiegen sind, die Finanzierung schlecht und die Schulden hoch waren. Jetzt ist der Ver- schuldungsgrad nicht mehr hoch. Das ist vernünftig. Und wenn die Zinsen steigen, hat man den Vorteil, dass die Mieten noch steigen. Ich glaube aber, wenige Investoren preisen große Mietsteigerungen ein. Warum sollen die Zinsen steigen, ohne dass die Wirtschaft wächst? Das wird nicht kom- men. Wir werden bei den Mieten keinen Rückschlag sehen, deshalb glaube ich, dass das Rückfallpotenzial für unsere Märkte relativ gesund ist. Kritisch bin ich immer noch bei neuen Immobilien, die zu höchs- ten Mieten erstvermietet werden und später um 20 bis 30 Prozent fallen, wenn wieder neue Häuser auf den Markt kommen. Das ist die einzige Gefahr, die ich sehe. Endlweber: Alle Marktberichte zeigen, dass die Renditen nur nach unten gehen. Ein Verkäufer findet fast immer jeman- den, der mehr als die anderen zu zahlen bereit ist. Zahlen die Investoren jeden Preis, und ist es wirklich so, dass es kein Preisrisiko gibt, nur weil heute weniger Fremdkapital eingesetzt wird als früher? Knorr: Man sieht oftmals in den Bieterver- fahren, dass große institutionelle Käufer trotz der ohnehin schon hohen Preise immer wieder noch einmal etwas drauflegen. Das sehen wir schon als Risiko. Diese Preise sind aber trotz der günstigen Finanzierungslage nicht mehr sub- stanziell unterlegt, weil die Mieten nicht so schnell steigen wie die Preise. Das Risiko, dass sich die Wirtschaft doch wieder einmal in die andere Richtung bewegt, ist da. Deshalb kann es sein, dass die Preise wieder zurückkommen. Auch der Neubau hat einen Einfluss, jüngere verdrängen ältere Immobilien. Insofern bewegt man sich in einem schwierigen Umfeld – gerade in Europa. Lemli: Wir sehen, dass die Investoren vorsichti- ger werden und mit weiter fallenden Renditen rechnen. Der Fokus verschiebt sich ganz deutlich in Richtung Mieteinnahmen und Mietwachstum und damit auf die Fundamentaldaten der Immo- bilie. Die laufende Rendite und das Mietwachs- tum bekommen einen größeren Anteil am Total Return. Der Leerstand ist im Wesentlichen ab- gebaut, und obwohl wir nur ein langsames Wirt- schaftswachstum haben, ist die Nachfrage sehr stabil. Deshalb sehen wir gute Aussichten für weitere Mietsteigerungen, auch weil die Pipeline der Projektentwickler relativ überschaubar ist. Es nimmt das Interesse an Nischen zu, die hö- here Renditen und sichere Cashflows bieten. Das gilt beispielsweise für studentisches Wohnen, Gesundheitsimmobilien und Logistik. Beyerle: Die Investoren halten sich inzwischen zwölf Wochen in der Due Diligence auf, weil gerade bei den Bestandsobjekten tief gebohrt wird, um Mietsteigerungspotenziale und den Sa- nierungsstau zu identifizieren. Bei den Lebens- zyklen einer Immobilien lügen wir uns in die Ta- sche. Denn praktisch müssen viele Immobilien früher abgerissen werden, als man kaufmännisch oder technisch kalkuliert. Das ist, wenn wir über die Risiken reden, ein Damoklesschwert. Endlweber: Wie verhalten sich denn die Investoren in Österreich, zumal es dort kaum Sonja Knorr, Scope Analysis: „Die Preise sind trotz der gün- stigen Finanzierungslage nicht mehr substanziell unterlegt, weil die Mieten nicht so schnell steigen wie die Preise.“ » Ich persönlich hätte am liebsten einen globalen Mischfonds über alle Nutzungsarten und für jedes Land und für jede Nutzungsart einen Spezialisten dazu. « Holger Wachter, DW Real Estate

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