FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2016

Mietsteigerungen, dafür aber historisch eine sehr lange Mietstabilität gibt? Was bringen österreichische Immobilien dem Investor? Otto: Was sich in den letzten zehn Jahren, ins- besondere seit 2007/08, verstärkt hat, ist genau darauf zu achten, was die Immobilie und ihre Mieter können und womit man rechnen muss. Das Geld, das heute aufgewendet wird, ist ganz sicher sehr gut investiert. Aus internationaler Sicht runden österreichische Immobilien ein Portfolio ab. Grundsätzlich ist unser Markt im internationalen Geschäft nach dem olympischen Prinzip nur Teilnehmer bei den großen Veran- staltungen. Wir bestimmen keine Richtungen, sind aber verlässlicher Partner. Endlweber: Wie erklären Sie sich, dass viele geschlossene Fonds aus Deutschland in Öster- reich eine schlechte Performance haben? Otto: Nach der Investition muss eine Immobilie im weiteren Leben begleitet werden. Sie muss ordentlich betreut werden, und eine enge Bezie- hung zu den Mietern ist sehr wichtig. Die offe- nen deutschen Fonds haben das verstanden. Bei einigen geschlossenen Fonds und deren Kalku- lationen im Vorfeld fehlen aber laufende Kosten, die notwendig sind, um das Asset und die Mieter zu betreuen. Heuser: Wie gehen die offenen Fonds mit der aktuellen Marktsituation um? Zahlen Sie jeden Preis, wenn Ihnen eine Immo- bilie gefällt, oder gibt es eine rote Linie, die Sie nicht überschreiten? Lutz: Es gibt Grenzen, bis zu denen es Sinn hat, mitzuspielen. Wir hatten öfters den Fall, dass Investoren aus Asien für ein Investment geboten haben, bei dem wir nicht mehr mit- spielen. Dann lassen wir das Kapital lieber notfalls für eine schwarze Null verzinst auf dem Konto liegen. Die offenen Fonds haben verstanden, dass die Mieterbindung und selektiv eine Immobilie mit einer Story besser ist, als von einem Projektentwickler einen zehnjährigen Mietvertrag zu kaufen. Die Fonds rechnen nichts mehr schön und ich sage ganz offen: Man kann jedes Objekt schön oder tot rechnen. Wichtig ist, dass man hinter seinen getroffenen Annahmen steht. Natürlich gibt es exogene Faktoren, die keiner prognostizieren kann. Aber sobald alles halbwegs den geplanten Weg geht, sollte auch das erwartete Ergebnis heraus- kommen. Obrowsky: Ja, es gibt eine rote Linie, die man einhalten muss. Es ist gesetzlich ganz klar unser Auftrag, dass wir maximal zum Schätzwert kau- fen und mindestens zum Schätzwert verkaufen müssen. So hat sich das der Gesetzgeber idea- lerweise vorgestellt. Dass das in der Praxis rela- tiv schwierig ist, ist klar. Tatsache ist, dass auch wir als relativ kleine Fondsgesellschaft mit durchaus beachtlichen Mittelzuflüssen gesegnet sind. Wir schaffen es auch mehr oder weniger gut, den Investitionsgrad nachzuziehen. Aber es wird schwerer, das ist ganz klar. Man muss sich mehr Objekte ansehen, und die Alternative sind neue Assetklassen. Wir haben voriges Jahr für institutionelle Mandate zwei Spezialfonds auf- gelegt. Einer von ihnen investiert in Sozialim- mobilien. Aufgrund der demografischen Ent- wicklung sind Seniorenresidenzen, Geriatriezen- tren und Pflegeheime interessant. Hier hat man langfristige Verträge und langfristige Auslastun- gen gegeben. Wir wissen aber, dass die Drittver- wendungsfähigkeit eingeschränkt ist. Für Anle- ger, die ihr Hauptaugenmerk auf die laufenden Erträge aus der Bewirtschaftung legen, können solche Immobilien geeignet sein. Heuser: Herr Weinrich, sieht es wirklich so positiv aus, wie wir das gerade seitens der offenen Fonds gehört haben? Weinrich: Wir beobachten den Trend, dass die Anleger, insbesondere die institutionellen, die Risikoleiter weiter hoch klettern. In den Spezial- fonds sieht man das ganz deutlich, aber auch in den Publikumsfonds ist das so. In den letzten ein bis zwei Jahren sind die Investitionen in Hotels deutlich gestiegen. Wir sehen, dass Dinge, die von Publikumsfonds früher nicht so gern ge- macht worden sind, jetzt versucht werden, weil der Renditedruck da ist. Bei Immobilien ist es wie bei Anleihen: Immer dann, wenn die Ren- dite runtergeht, weicht man auf das aus, wo es mehr Rendite gibt. Am Schluss werden wir sehen, ob das der richtige Weg ist. Heuser: Herr Archner, wie erleben Sie die Veränderungen im Immobiliengeschäft, und wie hat sich Ihre Arbeit verändert? Gernot Archner, BIIS: Wir haben uns mit der Branche verändert. Es hat eine starke Professio- nalisierung stattgefunden. Die klassischen Ein- zelkämpfer gibt es nicht mehr, es sind große, schlagkräftige Sachverständigenbüros entstan- den. Natürlich ist der Markt das große Thema. Mietwachstum und Wachstumspotenziale sind im Immobilienbestand positiv, helfen aber beim Ankauf nicht, weil die Verkäufer das in der Re- gel vollständig einpreisen. Ein Käufer erzielt im Moment seine Marge im Zweifel nur aus dem weiteren Wertsteigerungspotenzial des Objekts. Heuser: Wie sehen Sie die Entwicklung bei den Immobilienfonds? Archner: Die Spezialfonds werden mit Geld überschüttet, während die Publikumsfonds zurückhaltend sind. Bei den Immobilien ist die Situation die, dass die ehrlichen Bestandsrendi- ten unter Berücksichtigung der Bewirtschaf- tungs- und Fondsverwaltungskosten nicht nur Timo Lutz, Commerz Real: „Wir hatten öfters den Fall, dass Investoren aus Asien für ein Investment geboten haben, bei dem wir nicht mehr mitspielen.“ 148 www.fondsprofessionell.de | 3/2016 roundtable I immobilien Fotos: © Christoph Hemmerich » Die Schlager der letzten Jahre – Stichwort Mischfonds – können aufgrund der unsicheren Entwicklung bei Aktien und Renten nicht mehr so gut sein wie Immobilienfonds. « Oliver Weinrich, Drescher & Cie.

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